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Was sind Rückstellungen?
Rückstellungen spielen eine zentrale Rolle im Handelsrecht. Betriebswirtschaftlich und buchhalterisch werden Rückstellungen als Verluste, Aufwendungen oder Verbindlichkeiten betrachtet. Typisch für Rückstellungen ist ein zum aktuellen Zeitpunkt noch nicht abschätzbares Ausmaß, was eine gewisse Vorläufig darstellt. Ungewisse Rückstellungen werden für Ausgaben vorgehalten, die zu einem späteren Datum fällig sind. Der Posten Rückstellungen wird in der Bilanz zum Aufwandskonto an Rückstellung gebucht.
Rückstellungen unterliegen einer permanenten betriebswirtschaftlichen Bewegung. Sie werden je nach Bedarf gebildet und wieder aufgelöst. Rückstellung gewährleisten eine flexiblen Umgang mit vorübergehend freien Geldern. Beim Umgang mit Rückstellung herrscht eine spezielle Bewertungsregelung, das sogenannte kaufmännische Vorsichtsprinzip. Verluste und Risiken sollen in der Bilanzierung einer angemessenen Kontrolle unterliegen. Auf diese Weise können Gläubiger geschützt und Geldmittel im Unternehmen erhalten werden.
Rückstellungen dürfen nicht mit Rücklagen verwechselt werden, denn Rücklagen zählen zum Eigenkapital.
Verbindlichkeiten oder Schuldrückstellungen
Das Bereithalten von Rückstellungen ist in der statistischen Bilanztheorie geregelt. Entstehen Verbindlichkeiten seitens Dritter, dann sind Rückstellungen sinnvoll. Verbindlichkeiten sind Verpflichtungen des Schuldners, offen stehende Zahlungen an einen Gläubiger zu begleichen. Verbindlichkeiten entstehen, wenn beispielsweise Rechnungen für Anschaffungen oder für Dienstleistungen geschickt werden. Gibt es dafür Rückstellungen, dann werden diese den Verbindlichkeitenrückstellungen zugeordnet.
Sie werden nach § 249 I Handelsgesetzbuch einer Passivierungspflicht unterzogen. Aufgeführt werden alle wirtschaftlich oder rechtlich verursachten Verbindlichkeiten. Das können Rückstellungen für Pensionen, Verpflichtungen für Garantieleistungen, Rückstellungen für sogenannte latente Steuern (verborgene Steuervorteile oder steuerliche Belastungen) oder für Altverpflichtungen. Vorhersehbare Verluste aus schwebenden Geschäften werden ebenfalls über die Verbindlichkeitenrückstellungen abgedeckt. Schuldrückstellungen unterliegen keiner Selbstverpflichtung.
Liegt ein Ungleichgewicht zwischen Aufwendungen und Erträgen aus einem noch nicht abgeschlossenen Geschäft vor und bleibt ein Überschuss an Zahlungsverpflichtungen an einen Gläubiger übrig, dann wird diese Rückstellung mit Drohverlustrückstellung benannt.
- Provisionsrückstellungen sind Schuldrückstellungen, die für eine Zusage einer Pension außerhalb der Pensionskasse, einen Pensionsfond, eine Direktversicherung oder eine Unterstützungskasse aufgewendet werden müssen.
- Urlaubsrückstellungen sind Schuldrückstellungen, die für Arbeitnehmer gedacht sind, deren Urlaub im laufenden Jahr nicht abgegolten wurde und ins neue Jahr übertragen wird.
- Jahresabschluss- und Prüfungsrückstellungen sind Schuldrückstellungen für den Wirtschaftsprüfer. Diese Rückstellungen werden außerdem für weitere Steuerberater, Inventurkosten, Kosten für die Dokumentation und weitere Aufwendungen genutzt.
Aufwandsrückstellungen
Etwas anders sieht es mit den sogenannten Aufwandsrückstellungen aus. Dies haben eine Bedeutung in der dynamischen Bilanztheorie. Die Aufwandsrückstellungen werden hierbei als Aufwendungen geführt, die jedoch keiner Zahlungsverpflichtung gegenüber Gläubigern unterliegen.
- Aufwandsrückstellungen werden gebildet, wenn Aufwendungen für bislang hinausgeschobene Instandhaltungen innerhalb des ersten Vierteljahres im folgenden Jahr nachgeholt werden. Ein solcher Verlust kann aus einem beidseitigen Vertrag resultieren, dessen Erfüllung in die nächste Geschäftsperiode fällt.
- Aufwandsrückstellungen werden ferner benötigt, wenn eine bislang nicht erfolgte Beseitigung von Abraum innerhalb eines Jahres vorgenommen wird.
- Aufwandsrückstellungen werden ausgegeben, wenn Kulanzgewährleistungen anfallen (Kulanzrückstellungen).
- Aufwandsrückstellungen für gerichtliche Prozesse, bei denen das Unternehmen als Beklagte oder als Kläger auftritt, werden als Prozessrückstellungen geführt.
Kredite und Rückstellungen
Diese Thematik wird auch als Rückstellungsfinanzierung bezeichnet, die zur unternehmensinternen Bildung von Kapital gehört. Genau gesagt, ist die Rückstellungsfinanzierung eine Innenfinanzierung, die im engeren Sinn eine Fremdfinanzierung ist.
Da Rückstellungen als zukünftig fällige Zahlungen anzusehen sind, werden diese als Vorsorge betrachtet, die allerdings bilanztechnisch dokumentiert wird. Unklar ist die genaue Höhe der Verbindlichkeiten und deren exakter Zeitpunkt der Fälligkeit. Das Unternehmen hat lediglich Kenntnis darüber, dass in der nächsten Zeit überhaupt Verbindlichkeiten anfallen werden. Die Rückstellungen dürfen aber die Höhe der
anzunehmenden Verbindlichkeiten nicht allzu weit übersteigen, weil sonst eine Schmälerung des Betriebsgewinns auftritt. Kommt es nicht zu einem Einsatz der Rückstellungen, dann werden diese gewinnbringend anderen Zwecken zugeführt beziehungsweise den Fremdfinanzierungen zugeteilt.
Durch die Auflösung von Rückstellungen werden sozusagen Fremdmittel frei, die dem Unternehmen als Geldmittel zur Verfügung stehen. Der Umfang an Krediten von Banken würde sich dadurch reduzieren. Das trifft gleichfalls auf den Grad der Verschuldung des Unternehmens zu.
Rückstellungen haben Effekte wie zinslose Darlehen. Durch das Vorziehen eines finanziellen Aufwandes bei fehlender Bereitstellung von Kapital wird die Zahlungsfähigkeit des Unternehmens optimiert und die Steuerausgaben geschmälert. Die eingesparten Steuern fließen wieder in das Unternehmen ein und können wie ein Darlehen ausgegeben werden. Bei langfristigen Rückstellungen steht somit über längere Zeit Geld bereit, wofür nicht einmal Zinsen berechnet werden.
Effekte der Rückstellungsfinanzierung
Die Wirkung einer Finanzierung aus Rückstellungen, sprich von liquiden Mitteln aus einer Rückstellung, lässt sich relativ einfach vollziehen. Um sich Rückstellungen leisten zu können, muss ein Wirtschaftsunternehmen Geldmittel „übrig“ haben. Das Unternehmen macht durch den Abzug von Kosten vom Umsatz einen Gewinn. Da die Rückstellungen nicht zum gegenwärtigen Zeitraum ausgegeben werden müssen, bleiben diese verfügbar. Sie sind zumindest kurzfristig als Investitionen frei. Diese Investitionen würden sonst über Kredite abgewickelt werden. Allerdings unterliegen die Rückstellungen einer permanenten Beobachtung, zumal sie sehr schnell für Pensionen oder für andere Ausgaben heran gezogen werden müssten. Dann würde sich das Unternehmen trotz Rückstellungen verschulden. Deshalb unterliegen die kurzfristigen Rückstellungen einer gewissenhaften Kontrolle.
Bei langfristigen Rückstellungen ist die Lage etwa entspannter. Kommt es zu einer Finanzierung durch Rückstellungen, dann tritt eine Gewinnschmälerung auf. Das ist indirekt wieder vorteilhaft, denn mit der Abnahme des Gewinns reduziert sich die Steuerlast.
Nachteile von Rückstellungen
Trotz großem finanziellem Spielraum für die Unternehmen stellen Rückstellungen ein Risiko dar, wenn diese nicht klug verwendet werden. Grenzen des Umgangs mit Rückstellungen werden durch die Richtlinien des Steuer- und Handelsgesetzes vorgelegt. Dennoch kann jedes Unternehmen den Umfang der Rückstellungen mit dem Ziel der Einsparung von Steuern und einer starken Innenfinanzierung selbst bemessen.
Werden die Rückstellungen zu hoch angesetzt, kann sich das negativ auf das Eigenkapital auswirken. Das beeinträchtigt die Zahlungsfähigkeit, die bei näher rückenden Verbindlichkeiten eine kritische Lage wie den Verlust der Bonität bedeuten könnte. Trotz der vielen Vorzüge von Rückstellungen für Wirtschaftsunternehmen sind diese immer als Kredite zu betrachten, die irgendwann ihrer eigentlichen Bestimmung zugeführt werden.
Errechnung von Rückstellungen
Rückstellungen werden nicht willkürlich gebildet. Sie unterliegen genauen Berechnungen. Betriebswirtschaftler setzen hierbei die Berechnung von Einzelrückstellungen und von Pauschalrückstellungen sowie die Mischmethode an.
Einzelrückstellungen werden bis zum Datum der Bilanzaufstellung erfasst. Pauschalrückstellungen auf der unterliegen unter bestimmten kaufmännischen Voraussetzungen keiner näheren Konkretisierung durch Garantien oder durch Gewährleistungen (Erfahrungen der Vergangenheit sind relevant). Die gemischte Methodik kommt in Frage, wenn Einzelrückstellungen und Pauschalrückstellungen gleichzeitig berücksichtigt werden.
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