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Was ist der Grad der Selbstfinanzierung?
Unter dem Grad der Selbstfinanzierung versteht man den Geldbetrag, zu welchem ein Unternehmen bestimmte Projekte aus eigenen Mitteln finanzieren kann. Hierbei wird lediglich das Eigenkapital der Firma, welches durch eigenständig erwirtschafte Mittel aufgebracht werden kann, herangezogen. Der Grad der Selbstfinanzierung wird dabei in Prozent angegeben und nach einer bestimmten Formel berechnet.
Er gibt darüber Auskunft, in wie weit ein Unternehmen liquide und nicht auf fremdes kapital oder auf die Kredite durch Banken angewiesen ist. Der Grad der Selbstfinanzierung stellt somit auch ein wesentliches Kriterium für die Vergabe von Krediten dar, welche in diese Rahmen vor allem bei Großkrediten eine Rolle spielen. Daher wird dieser Terminus meist auch nur im Bereich von Firmen verwendet.
Berechnungsgrundlage
Der Grad der Selbstfinanzierung wird in der Regel durch eine einfache Formel bestimmt. Hierbei zählen die Gewinnrücklagen als Ausgangswert, welche dann durch das gesamte verfügbare Eigenkapital geteilt werden. Auf diese Weise ergibt sich ein Wert, aus welchem die Banken eine entsprechende Einschätzung ableiten können.
Ein Rechenbeispiel kann dies verdeutlichen:
Liegen die Gewinnrücklagen beispielsweise bei 200.000 Euro und beträgt der Wert des Eigenkapitals 500.000 Euro, so gilt die Formel:
200.000 EUR / 500.000 EUR = 0,4
Die 0,4 entspricht hier einem Wert zwischen 0 und 1, wobei dieser auf prozentuale Berechnung umgemünzt, etwa einen Grad der Selbstfinanzierung von 40 Prozent darstellen würde.
Je höher dabei die Differenz zwischen Rücklagen und Eigenkapital ausfällt, desto geringer fällt der Grad der Eigenfinanzierung aus, da hier nur die Rücklagen als Basisgröße berücksichtigt werden.
Umkehrwerte
Auf der anderen Seite zeigen sich Umkehrwerte aber als deutlich schlechter, den der Grad der Selbstfinanzierung kann im Grunde nur aus Rücklagen bestritten werden. Sollte also wie bei dieser Beispielrechnungen:
200.000 EUR / 100.000 EUR = 2
Herauskommen, dann bedeutet nicht einen Positiven, sondern einen negativen Wert. Hier besteht zwar eine hohe Rücklage, allerdings kann aufgrund des Eigenkapitals nur schwer angenommen werden, dass der Kredit durch sich selbst tragende Einnahmen, refinanziert werden kann. Hier könnten im Bereich der Kreditvergabe lediglich Summen über die Höhe der Rücklagen vergeben werden, da nur hier eine entsprechende Sicherheit gegeben ist.
Bewertung des Grades
Der Grad der Selbstfinanzierung wird von den Banken und anderen Geldgebern entsprechend dazu genutzt, die Kreditwürdigkeit eines Unternehmens einzuschätzen. Bei einer Selbstfinanzierung von 100 Prozent, bedeutet dies zum Beispiel, dass sich ein Unternehmen vollkommen selbst tragen kann und nicht auf fremde Geldmittel angewiesen ist. Sollte hier also doch ein Kredit erforderlich werden, so kann des Unternehmens mit einer sehr positiven Bescheidung rechnen.
Im umgekehrten Fall ist ein Grad der sich gegen 0 Prozent bewegt, ein fast absolutes Ausschlusskriterium für die Vergabe. Hier kann sich das Unternehmen fast nicht selbst tragen, was häufig bei Existenzgründern der Fall ist. Daher können in diesen Rahmen nur spezielle Förderkredite genutzt werden oder die Kreditvergabe wird vollständig verwehrt. Die Bewertung des Grades hängt aber auch noch von anderen Faktoren ab.
Tatsächlich liquide Mittel
Auch die tatsächlich liquiden Mittel spielen hier eine bedeutende Rolle. Bei diesen handelt es sich beispielsweise um den Umsatz, der von einem Unternehmen nach dem Abzug der Steuern, zu verzeichnen ist. Fällt dieser deutlich höher aus als die Rücklagen und das Eigenkapital, kann der Grad der Selbstfinanzierung dennoch mit einem sehr gut beschieden werden.
Als liquide Mittel können dabei aber auch Anlagen und andere Mittel, die aus Kapitalerträgen erwirtschaftet werden, gesehen werden. Auch bei diesen spielt die Höhe der Summen eine Rolle, denn desto mehr Geld aus diesen eruiert werden kann, umso höher ist der Grad der Selbstfinanzierung anzusetzen und umso besser kann der Wert in der Bewertung ausfallen.
Arten der Selbstfinanzierung
Im Grunde gibt es zwei verschieden Arten der Selbstfinanzierung:
Die offene Selbstfinanzierung
Bei der offenen Selbstfinanzierung fließen alle erwirtschaften gewinne direkt in das Unternehmen zurück, ohne das die privaten Anteile an die Eigentümer ausgezahlt werden. Dies bedeutet, dass das Kapital weiter im Fluss bleibt, sodass es als liquide Mittel angesehen werden kann, was natürlich eine erheblich positive Auswirkung auf die Bonität hat.
Der Nachteil besteht hier allerdings darin, dass alle Gesellschafter mit diesem Vorgehen einverstanden sein müssen, da diese auf ihre privaten Ausschüttungen verzichten. Bedingt durch diesen Umstand und die damit verbundenen Investitionen, muss sich in der Bilanz am Ende des Jahres aber ein deutliches Plus bei den Gewinnen ergeben.
Die verdeckte Selbstfinanzierung
Bei dieser Art der Selbstfinanzierung werden die Gewinne zurückbehalten und nicht in die Bilanz übernommen, da diese dazu verwendet werden, um stille Reserven zu bilden. Dies hat den Vorteil, dass auf diese Rücklagen keine Steuern anfallen und somit im Laufe der zeit erhebliche Beträge zusammenkommen können, was dann wieder dazu führt, dass die Bonität entsprechend hoch eingestuft werden kann.
Auf der anderen Seite steht allerdings der Nachteil, dass diese positive Bewertung erst dann eintreten kann, wenn die korrekte Abschlussbilanz ausgewiesen wird. Somit können Banken während der Phase der Rücklagenbildung keine genaue Einschätzung treffen, was somit zu einer Abwertung der Bonität führen kann. Allerdings sind auch keine Zustimmungen von Miteigentümern und Gesellschaftern erforderlich, da das Geld nicht offiziell existiert.
Selbstfinanzierung im rechtlichen Sinne
Im rechtlichen Sinne stellt die Selbstfinanzierung keine Sicherheit dar für einen Kredit dar. Die Bewertung der Banken ist dabei unerheblich, denn da es sich bei den liquiden Mittel um durchlaufende Gelder handelt, die später auch noch versteuert werden müssen, sind diese im Rahmen der Sicherheitsleistungen nicht anerkannt. Allerdings überlässt der Gesetzgeber es den Banken, über die Kreditvergabe in diesem Rahmen zu entscheiden, denn diese nehmen in der Regel auch die entsprechende Risikobewertung vor.
Die Selbstfinanzierung ist im Kreditbereich auch nicht entsprechend geregelt, da es sich um imaginäre Werte handelt, die sich jederzeit durch Ausgaben und Investitionen verändern können. Daher stammt auch die Regelung, dass lediglich die tatsächlichen Rücklagen als Basiskapital gesehen werden können, sodass alle Werte von diesen abzuziehen sind und nicht umgekehrt.
Anwendung in der Praxis
In der Praxis wird der Grad der Selbstfinanzierung nur bei größeren Unternehmen herangezogen, die entsprechende Kreditvolumen benötigen. Im mittelständischen Bereich oder bei Kleinunternehmen spielt dieser Faktor so gut wie keine Rolle, da hier bankübliche Konditionen für entsprechende Mittelstandskredite gelten. Daher handelt es sich hier um einen Terminus, der vor allem im internationalen Finanzgeschäft eine bedeutende Rolle spielt.
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