Seit September 2014 liegt der Leitzins in Europa auf einem historischen Tief von 0,05 Prozent. Ziel der Europäischen Zentralbank war es in erster Linie, Investitionen günstiger zu gestalten, um die Wirtschaft anzukurbeln und die Konjunktur zu stützen. Auch Privatpersonen können sich seither über günstige Konditionen für Kredite und Darlehen freuen und ihre Vorhaben besonders kostengünstig umsetzen. Da die Ziele der EZB in Bezug auf höhere Inflationsraten und verbesserte Wirtschaftsleistungen nach wie vor nicht erreicht wurden, ist davon auszugehen, dass die Niedrigzinspolitik weiter anhalten wird.
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Die Senkung des Leitzinses durch die EZB
Die EZB, die Europäische Zentralbank, wird oft auch als „Währungshüter für Europa“ bezeichnet. Sie soll für eine stabile Währung sorgen, um Wohlstand für alle EU-Nationen zu sichern. 2008, in Folge der Wirtschafts- und Finanzkrise, gerieten viele südeuropäische Staaten in finanzielle Nöte. Sie brauchten günstige Kredite, um ihre Ausgaben finanzieren und die Leistungen für ihre Bürger sichern zu können. Die Zentralbank senkte in der Folge den für die Banken so wichtigen Leitzins, um ihn im September 2014 auf das historische Tief von nun 0,05 Prozent zu senken. Der Leitzins gibt dabei an, für welche Konditionen sich Banken Geld bei der Zentralbank leihen können, um dieses beispielsweise wieder als Kredite an Unternehmen oder Privatpersonen ausgeben zu können. Durch das historische Zinstief erhalten die Banken das Geld nun quasi zum Nulltarif, wodurch Kredite und Darlehen ebenfalls mit Niedrigzinsen vergeben werden können.
Weitere geldpolitische Maßnahmen der Zentralbank
Trotz der Senkung des Leitzinses ist es in Europa jedoch nicht gelungen, die Konjunktur nachhaltig zu stützen. Auch die Inflation, die seitens der EZB mit zwei Prozent angestrebt wird, sinkt stetig. Im Februar 2016 fiel sie sogar unter die Nulllinie und wurde damit negativ. Das Risiko, das sich hieraus ergibt, ist eine Spirale aus fallenden Preisen, sinkenden Investitionen und höheren Arbeitslosenzahlen, was die Wirtschaftsleistung wiederum schwächt. Um derartige deflationäre Tendenzen zu verhindern, hat die EZB bereits im Jahr 2015 geldpolitische Lockerungen und den Ankauf von Staatsanleihen beschlossen. Seither werden Monat für Monat Anleihen im Wert von 60 Milliarden Euro angekauft, die Geldmenge wird erhöht. Man spricht in diesem Zusammenhang auch vom „Quantitative Easing“, also der quantitativen Erhöhung der Geldmenge. Banken und Sparkassen soll so mehr Geld zur Verfügung stehen, um mehr Kredite an ihre Kunden zu vergeben. Um dieses Ziel auch tatsächlich umzusetzen, wurde von der Zentralbank ein negativer Einlagenzins beschlossen. Banken, die Geld bei der EZB parken, müssen nun 0,3 Prozent auf den jeweiligen Anlagebetrag bezahlen.
Die Auswirkungen der Niedrigzinspolitik auf die Darlehenszinsen
Durch die Politik der niedrigen Zinsen sind Darlehen in den vergangenen Jahren deutlich günstiger geworden. Mussten beispielsweise Bauherren im Jahr 2008 noch mehr als 5 Prozent pro Jahr für einen Baukredit berappen, können solche Kredite heute mit Zinsen von 1-1,5 Prozent abgeschlossen werden. Gleiches gilt für Ratenkredite, die etwa für den Autokauf, den Möbelkauf oder die Modernisierung von Haus und Wohnung genutzt werden. Diese Entwicklung zeigt sich natürlich auch bei Investitionsdarlehen größerer Firmen, die nun ebenfalls zu besonders günstigen Konditionen finanzieren können. Die erhoffte Wirkung, also eine maßgebliche Steigerung der Wirtschaftsleistung in Europa, konnte hiermit allerdings nicht erreicht werden. Experten gehen daher davon aus, dass die Zentralbank bereits in Kürze neue Maßnahmen beschließen und die Geldmenge nochmals ausweiten wird. Kreditsuchende können sich somit Zeit lassen, wenn neue Angebote benötigt werden, denn eine kurzfristige Zinserhöhung ist nicht in Sicht.
Die Auswirkungen der Niedrigzinspolitik auf Sparanlagen
Für Sparer ist die aktuelle Entwicklung am Geldmarkt jedoch eine eher schlechte Nachricht, denn auch die Zinsen für Anlagen wie Tagesgeld, Festgeld oder Sparbücher, sinken. Schließlich haben die Banken nicht mehr die Möglichkeit, die Gelder ihrer Kunden im Kreditsektor mit hohen Zinsen wieder zu verleihen. Zudem müssen sie Strafzinsen bezahlen, wenn sie Geld bei der EZB ablegen wollen. Vielfach ist es daher mit solchen Anlagen nicht einmal mehr möglich, eine Rendite auf Inflationsniveau zu erreichen, was de facto einer Geldentwertung gleichkommt. Lediglich Anleger, die sich über aktuelle Top-Angebote in den Bereichen Tagesgeld und Festgeld informieren, Zinsen vergleichen und ihr Tagesgeldkonto hin und wieder wechseln, können noch attraktive Konditionen erreichen. Die Alternative hierzu wären Geldanlagen im Bereich Wertpapiere, die jedoch einige Risiken bergen und auch für die eher langfristige Anlage geeignet sind.