Das Börsensegment des sogenannten regulierten Marktes wurde zum 1.11.2007 an der Deutschen Börse
eingeführt. In diesem organisierten Marktsegment vereinigten sich die Werte der beiden vormaligen
Börsensegmente Amtlicher Markt und Geregelter Markt, die mit dieser Wertübertragung eingestellt wurden.
Der regulierte Markt unterliegt präzisen und strengen gesetzlichen Zulassungsvoraussetzungen und
Folgepflichten. Ausländische Emittenten dürfen zwar auch in Englisch kommunizieren, aber die offizielle
Publikumssprache ist deutsch. Der regulierte Markt ist quasi das Gegenstück zum unorganisierten und
nicht reglementierten Freiverkehr, für den lediglich die AGB der Deutschen Börse gelten.
Inhalt
Im regulierten Markt gelten strenge Anforderungen
Die im regulierten Markt gehandelten Werte müssen sehr hohen Anforderungen genügen. Um in den Regulierten
Markt eintreten zu können muss das Unternehmen
- seit mindestens drei Jahren bestehen
- mindestens 10.000 Aktien emittieren
- sämtliche kursrelevanten Fakten sofort veröffentlichen („Ad-Hoc“-Publizitätspflicht)
- mindestens ein Viertel der Aktien muss sich im Streubesitz befinden
- Das Unternehmen muss einen Zulassungsprospekt mit den Bilanzen und der Kapitalflussrechnung
der letzten drei Jahre vorlegen - Aktiengesellschaften müssen zusätzlich zum Jahresabschluss mindestens einen Zwischenbericht
für das erste halbe Geschäftsjahr veröffentlichen
Diese Anforderungen wurden unter anderem im Börsengesetz, der Börsenzulassungs-Verordnung und
dem Wertpapierprospektgesetz festgeschrieben Laut Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) § 2 Abs.11
handelt es sich bei dem Börsensegment des regulierten Marktes folglich um einen organisierten und EU-
regulierten Markt. Diese ungewöhnlich hohen Anforderungen können praktisch nur von sehr
kapitalkräftigen Unternehmen erfüllt werden. Große bis sehr große Unternehmen und Konzerne bilden
daher die absolute Majorität im Regulierten Marktsektor. Global ausgerichtete Unternehmen profitieren
zudem stark davon, dass im regulierten Markt sowohl national als auch international gehandelt wird.
Die Marktsegmente des regulierten Marktes
Bis 2017 unterteilten sich die im Regulierten Markt gehandelten Werte in die drei mit jeweils
unterschiedlichen Transparenzanforderungen ausgestatteten Segmente
- Entry Standard
- General Standard
- Prime Standard
Vom Entry Standard zum Scale
Der Entry Standard besaß nur minimal höhere Anforderungen als der börsenregulierte Markt (Open
Market). Die geringeren Anforderungen sollten kleinen und mittelgroßen Unternehmen den Zugang zum
Kapitalmarkt erleichtern. Da sich der Entry Standard nicht bewährte und auch zu einigen
Skandalfällen führte, wurde er 2017 eingestellt und durch das zum Open Market gehörige Segment Scale
abgelöst. Scale-notierte Unternehmen müssen
- über ein positives Eigenkapital verfügen
- belegbar rentabel sein
- einen Jahresumsatz von mindestens zehn Millionen Euro erwirtschaften
- einen Unternehmenswert von mindestens 30 Millionen Euro besitzen
Diese gegenüber dem Entry-Standard verschärften Regelungen steigern die Seriosität der dort getätigten
Markttransaktionen erheblich und verringern die Gefahr neuer Skandalfälle. Zuvor hatten ebenso
unterfinanzierte wie überbewertete Unternehmen heftige Verwerfungen am Neuen Markt und auch im Entry
Standard verursacht. Momentan sind rund mittlere 50 Unternehmen im Scale vertreten. Diese entstammen
vorwiegend den Bereichen IT, Kommunikation und Finanzen.
General Standard
Im General Standard versammeln sich die Standardwerte des regulierten Marktes. Hier sind die
Transparenzbedingungen nicht ganz so hoch wie im Prime Standard. Zur Aufnahme in den General
Standard muss ein Unternehmen folgende Bedingungen erfüllen:
- Vorlage eines gültigen und gebilligten Wertpapierprospekts
- Eine Unternehmensberichtshistorie, die mindestens drei Jahre umfasst
- Ein kalkulierter Mindest-Kurswert von 1,25 Millionen Euro
- Ausgabe von mindestens 10.000 Aktien
- Ein Streubesitzanteil von mindestens 25 Prozent
- Die Wertpapiere müssen über Clearstream lieferbar sein
- Veröffentlichung der Unternehmensberichte nach festgelegten Fristen, wie etwa die des
Jahresfinanzberichts innerhalb von 4 Monaten nach Ende des Berichtszeitraums - Ad-hoc-Mitteilungspflicht, d.h. Jedes kursrelevante Unternehmensereignis muss von diesem sofort
bekannt gegeben werden.
Der Konzernabschluss muss zudem dem International Financial Reporting Standard (IFRS) oder einer von
der EU als gleichwertig eingestuften Rechnungslegung entsprechen. Einzelabschlüsse unterliegen
ebenfalls dem IFRS oder der entsprechenden, nationalen Rechnungslegung. Die Aufnahme und auch das
Verbleiben im General kostet
- 12.000 Euro Zulassungsgebühr
- 5 – 80 Euro Zusatzgebühr pro angefangener Million Marktkapitalisierung (bis max. 89.000 €)
- 2.000 Euro Einführungsgebühr
- 14.480 Euro jährliche Grundgebühr
- Jährlich 0,10 Euro pro angefangener Million Marktkapitalisierung
Bereits die Zugehörigkeit zum General Standard bringt für ein Unternehmen einen erheblichen
Imagegewinn. Mit der Aufnahme in den General Standard wird das Unternehmen zudem automatisch in
verschiedene Indizes aufgenommen. Zu den wichtigsten zählen
- DAXsector All
- DAXsubsector All
- General Standard Index
- DAX International
- DAX International Mid 100
Unter den rund 150 Firmen, deren Werte derzeit im General Standard gehandelt werden befindet sich auch
so manch namhaftes Unternehmen wie etwa Porsche, MAN, MyHammer, Schloß Wachenheim oder
Medion.
Prime Standard
Der Prime Standard ist quasi das Champion-Segment des Regulierten Marktes – vielleicht sogar der
gesamten Deutschen Börse. Es wendet sich vor allem an mittlere bis große Unternehmen mit bestem
Leumund. Prime ist europaweit das Börsensegment mit den höchsten Anforderungen. Entsprechend hoch
ist der Imagegewinn der derzeit rund 320 im Prime Standard vertretenen Unternehmen. Sie müssen ihre
Berichte in deutscher und in englischer Sprache veröffentlichen. Damit eignet sich der Prime Standard
insbesondere für Unternehmen, die nach nationalen und auch nach internationalen Investoren suchen. Die
Liste Prime Standard-notierter Werte liest sich denn auch wie ein Who ist Who deutscher
Spitzenunternehmen. Zu ihnen gehören etwa
- Adidas
- Airbus
- BASF
- Borussia Dortmund
- Deutsche Post
- Fresenius
- Henkel
- Infineon
- Jenoptik
- Lufthansa
- Zalando
…um nur einige wenige zu nennen.
Sämtliche Emittenten des Prime Standards müssen die oben genannten Bedingungen des General
Standards erfüllen. Darüber hinaus müssen sie
- Quartalsmitteilungen innerhalb von zwei Monaten nach Ende des Mitteilungsraums übermitteln
- Ad-hoc-Mitteilungen zeitgleich auf Deutsch und Englisch veröffentlichen
- Einen fortlaufend aktualisierten Unternehmenskalender führen und übermitteln
- Jedes Jahr mindestens eine Analysten- und Investorenveranstaltung durchführen
Ein Unternehmen, das im Prime Standard gehandelt wird, besitzt automatisch die Berechtigung zur
Aufnahme in die Auswahlindizes
- DAX
- MDAX
- TecDAX
- SDAX
Die Gebühren entsprechen in vielen Punkten denen des General Standards. Die Zulassungs-
und Einführungsgebühren sowie die variablen Gebühren sind beispielsweise gleich hoch. Nur bei der jährlich zu
entrichtenden Gebühr gibt es Unterschiede. Diese sind beim Prime Standard mit 15.470 Euro knapp 1.000
Euro teurer als beim General Standard.
Die Aufnahme in Scale, General Standard und Prime Standard
Über die Aufnahme in Scale entscheidet die Frankfurter Börse, über die Aufnahme in den General
Standard wie auch in den Prime Standard entscheidet dagegen die Geschäftsführung der Frankfurter
Wertpapierbörse. Dies natürlich jeweils nach der Antragstellung eines Unternehmens. Viele Unternehmen
stellen gleichzeitig einen Antrag auf Aufnahme in den General Standard und in den Prime Standard.
Schlägt der Prime-Antrag fehl, besteht immer noch die Chance auf Aufnahme in den General Standard.