Die Europäische Union plant aktuell, Immobilienkredite in Europa verbraucherfreundlicher zu machen. Hierzu wurde kürzlich im EU-Parlament die „Hypothekar-Richtlinie“ vereinbart, die Verbrauchern jedoch nicht nur Vorteile bietet. Viele Branchen-Experten rechnen nämlich mit Einführung der Richtlinie damit, dass die Banken die teils höheren Kosten durch umfangreichere Beratung und dem Recht einer vorzeitigen Rückzahlung auf die Schultern der Kunden verteilen.
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Die Grundlagen der EU-Richtlinie
Kreditnehmer, die ein Baudarlehen bei ihrer Bank beantragen, müssen sich derzeit auf die Kompetenz und die Beratungsqualität des Instituts verlassen. Voraussichtlich ab 2015 wird es dann eine einheitliche Richtlinie geben, die Verbrauchern in ganz Europa viele Vorteile bieten soll. So sind Baufinanzierungsberatungen ab diesem Zeitpunkt nur noch über Kreditvermittler mit entsprechender Fachkompetenz möglich. Zusätzlich werden die Banken verpflichtet, die Werbung für Baufinanzierungsdarlehen realistischer zu gestalten. Wird bisher oft ein besonders günstiger Zinssatz genannt, der nur für „Sonderfälle“ gilt, soll ab 2015 dann eine für viele Kunden geltende Beispielrechnung hinterlegt werden. Letztlich sollen Verbraucher die Möglichkeit erhalten, ihre Baudarlehen jederzeit zurückzahlen zu können. Dieses Recht besteht in den aktuellen Darlehensvereinbarungen üblicher Weise nicht. Eine vorzeitige Rückzahlung ist nur bei entsprechender Kulanz der Bank und mit Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung möglich.
Diese Vorteile bietet die neue EU-Richtlinie:
- Einheitliche Baufinanzierungsberatung in ganz Europa
- Beratung mit hohen Standards und Fachkompetenz
- Werbung mit realistischen Zinsen
- Vorzeitige Rückzahlung abgeschlossener Darlehen
Jederzeitiges Recht auf Rückzahlung wird kritisch gesehen
Sollten Kunden mit Einführung der Richtlinie vermehrt von ihrem Recht machen, Baufinanzierungsdarlehen vorzeitig zurückzuzahlen, könnte dies für die Banken teuer werden. Schließlich refinanzieren die Institute diese Darlehen mit gleicher Laufzeit. Wenn die Kunden jedoch vom Vertrag zurücktreten und vorzeitig tilgen, entgehen der Bank mitunter hohe Einnahmen. Zugleich müssen die Refinanzierungskosten bis zum Ende der Laufzeit in voller Höhe getragen werden. Diese höheren Kosten werden die Banken dann wohl in den Zinssatz der Baufinanzierung einpreisen und Kunden verstärkt zur Kasse bitten. Eine weitere Prüfung wird ergeben, ob langfristige Baudarlehen dann für die Banken überhaupt noch lukrativ sind. Dies jedoch könnte das Ende der Baufinanzierung nach heutigem Standard bedeuten.
Gesetzgeber kann Details noch aushandeln
Obwohl sich die Politiker im EU-Parlament bereits auf die neue Richtlinie verständigt haben, ist diese noch nicht in deutsches Recht umgesetzt. Hierzu hat der Gesetzgeber in Deutschland noch eine Frist bis zu Jahr 2015, um die Gesetze im Einzelnen zu verabschieden. In dieser Phase ist es durchaus möglich, dass bestimmte Richtlinien abgeschwächt werden, um die erfolgreiche deutsche Baufinanzierung nicht zu gefährden. So wäre es beim Recht auf vorzeitige Rückzahlung beispielsweise möglich, dass der Gesetzgeber diese nur unter bestimmten Voraussetzungen ermöglicht, etwa bei einer Scheidung oder bei Arbeitslosigkeit des Kreditnehmers. So hätten Kreditnehmer das Recht, bei Szenarien, die zum Vertragsabschluss noch nicht absehbar waren, vorzeitig zu kündigen und mit der Bank eine einheitliche Verhandlungsbasis zu schaffen. Eine Kündigung einzig aufgrund zu hoher Zinssätze jedoch würden die Bankenvertreter gern abwenden, da die Risiken für die Kreditinstitute dann überdurchschnittlich steigen. Und auch die Verbraucher müssten mit Nachteilen rechnen, wenn keine langfristigen Finanzierungen mehr möglich wären, denn gerade in Niedrigzinsphasen sind langfristige Zinsbindungen sehr beliebt.
Diese Nachteile könnten die neue EU-Richtlinie mit sich bringen:
- Das Risiko der Banken bei vorzeitigen Rückzahlungen steigt
- Darlehen mit langen Zinsbindungen verschwinden vom Markt
- Hohes Zinsänderungsrisiko für Kreditnehmer bei Darlehen mit kurzer Zinsfestschreibung