Leverage Funds bezeichnet man oft auch als Leveraged ETF („Exchange-Traded Fund“). Dies sind international gehandelte, hochspekulative und aktive Investmentfonds, ähnlich den Hedge-, Future- oder Derivate-Funds. Von den Gefahren lassen sich allerdings risikofreudige Anleger nicht abschrecken, denn es locken im Erfolgsfall exorbitante Spekulationsgewinne. Da der Handel mit Leverage Funds hochriskant ist, ist er in Deutschland nur sehr eingeschränkt möglich und dabei strengen Regeln unterworfen.
Inhalt
Definition ETF und Leveraged ETF
ETF (Exchange Traded Funds) ist eigentlich nur der Oberbegriff für an der Börse gehandelte Investmentfonds. Der ETF-Handel erfreut sich bei privaten und institutionellen Anlegern weltweit sehr großer Beliebtheit – und er wächst täglich. Bereits 2018 wurden ETF in Höhe von knapp 10 Billionen Dollar gehandelt. Dies entspricht mehr als dem Doppelten des deutschen BIP. Kritiker wie der renommierte Fondsmanager Michael Burry befürchten, dass sich hier eine mit der Finanzkrise von 2008 vergleichbare Blase entwickelt, die irgendwann platzt. ETF sind eigentlich passive Fonds mit einem hochdiversifizierten Wertpapier-Portfolio. Inzwischen werden allerdings auch aktiv verwaltete Investmentfonds gehandelt, und zu eben diesen zählen die Leveraged ETF. Daher werden „normale“ ETF auch deutlich länger gehalten als die kurzatmigen Leveraged ETF. Studien zufolge halten Privatanleger Leveraged ETFS durchschnittlich für etwa 62 Tage, „normale“ ETF dagegen mehr als doppelt so lange, nämlich 138 Tage.
Wie funktionieren Leveraged ETF?
Bei Leverage Funds geht nicht um solide und langfristige Kapitalanlagen, sondern darum, durch wiederholtes Kaufen und Verkaufen von Wertpapieren in einem möglichst kurzen Zeitraum eine möglichst hohe Rendite zu erzielen. Daher werden Leverage Funds auch täglich an der Börse glattgestellt – d.h. Gewinne und Verluste werden täglich realisiert. Das Geschäftsprinzip von Leverage Funds besteht folglich einzig in der Erzielung von Spekulationsgewinnen. Dafür wird nicht nur Eigenkapital eingesetzt, sondern es werden auch Kredite aufgenommen und ebenfalls in Leverage Funds investiert. Dies kann aus Anlegersicht nur dann funktionieren, wenn seine erzielte Rendite stets höher ist als die Kreditzinsen, mit denen er die Wertpapierkäufe finanziert. Das Wort „Leverage“ (= Hebel) bezieht sich daher auf die durch den Krediteinsatz ermöglichte, potenzierende Hebelwirkung dieser Handelsform. Leveraged ETF bilden ihren Index daher auch mit einem Hebel ab. Liegt dieser Hebel z.B. bei 2, dann verdoppelt der Leveraged ETF den „normalen“ Index. Steigt also der Index um 4, dann liegt der Leveraged ETF in diesem Fall bei 8 (4 x 2). Sinkt aber der Index um 4, dann sinkt der Leverage ETF um 8. Das heißt mit einem Leveragd Index werden sowohl Gewinne als auch Verluste gemessen am Normal-Index um den jeweiligen Leveraged ETF-Hebelfaktor multipliziert.
Kalkulationsbeispiel eines typischen Leverage ETF-Handels
Der Clou beim Leverage ETF-Handel für Privatanleger ist, dass er mittels Kreditaufnahme mit einem relativ geringen Anteil an Eigenkapital Wertpapiere handeln kann, deren Börsenwert um ein Vielfaches über dem seines investierten Eigenkapitals liegt. Das klingt etwas kompliziert, ist aber im Grunde ein ganz einfaches Prinzip. Dies soll das nachfolgende Beispiel veranschaulichen, bei dem ein Investor mit 100.000 € Einsatz eine Rendite von 8 Prozent erwirtschaftet. In diesem Fall gestaltet sich seine Gewinnkalkulation wie folgt:
Kapitaleinsatz | 100.000 €
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8 Prozent Rendite | 8.000 €
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Gesamtkapital | 108.000 € (= 8 % Rendite)
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So weit, so einfach. Hätte besagter Investor aber zuvor einen mit 6 Prozent verzinsten Kredit in Höhe von 50.000 Euro aufgenommen und zusätzlich in das gleiche Geschäft investiert ergäbe sich für ihn folgender Gesamtgewinn:
1. Eigenkapitalhandel
| Summe |
Kapitaleinsatz | 100.000 € |
8 Prozent Rendite | 8.000 €
|
Gesamtkapital aus Eigenkapitalhandel | 108.000 € (= 8 % Rendite)
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2.Kredithandel
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Krediteinsatz | 50.000 € |
8 Prozent Rendite | 4.000 € |
Gesamtkapital aus Kredithandel | 54.000 €
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Ertragsrechnung | |
Gesamteinnahmen (Kredit + Eigenkapital) | 162.000 € |
Abzüglich Kredit | – 50.000 € |
Abzüglich Kreditzinsen (6 Prozent) | – 3.000 € |
Gesamtkapital nach Abzug der Kreditkosten | 109.000 € (=9 % Rendite) |
Diese 109.000 € entsprechen somit einer neunprozentigen Verzinsung, nimmt man die 100.000 € eingesetztes Eigenkapital als Maßstab. Während also der Investor ohne Kreditaufnahme nur eine achtprozentige Verzinsung für sein eingesetztes Kapital erhielt, konnte er mit Hilfe von Fremdkapital eine Verzinsung von neun Prozent erzielen.
Gefahren von Leverage Funds
Das entscheidende Kriterium dafür, dass der Anleger mit einem Leverage Funds Gewinn erzielt ist, dass seine Bruttorendite, die er durch den kreditfinanzierten Handel mit Wertpapieren erzielt höher ist als die Zinsen, die er für den Kredit zahlen muss, mit dem er spekuliert. Ist dies nicht der Fall, drohen ihm exorbitante Verluste, die schlimmstenfalls nicht nur sein gesamtes Eigenkapital aufzehren sondern existenzbedrohende Ausmaße annehmen können. Gehen also die Börsen auf Talfahrt, dann reißen sie regelmäßig Tausende Leverage-Funds-Anleger in den Abgrund. Denn bereits ein minimaler Ertragseinbruch von vielleicht zwei bis drei Prozent bringt das Geschäftsmodell des mit Leverage-Funds spekulierenden Anleger zu Fall. Dies lässt sich ebenfalls aus dem oben genannten Rechenbeispiel entnehmen. Benutzt man die gleichen Kapitalinvestments, setzt aber statt der achtprozentigen Rendite nur eine fünfprozentige Rendite ein, verändert sich die Gewinn- Verlust-Rechnung drastisch:
1. Eigenkapitalhandel
| Summe |
Kapitaleinsatz | 100.000 € |
5 Prozent Rendite | 5.000 €
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Gesamtkapital aus Eigenkapitalhandel | 105.000 € (= 5 % Rendite)
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2.Kredithandel
| |
Krediteinsatz | 50.000 € |
5 Prozent Rendite | 2.500 € |
Gesamtkapital aus Kredithandel | 52.500 €
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Ertragsrechnung | |
Gesamteinnahmen (Kredit + Eigenkapital) | 157.500 € |
Abzüglich Kredit | – 50.000 € |
Abzüglich Kreditzinsen (6 Prozent) | – 3.000 € |
Gesamtkapital nach Abzug der Kreditkosten | 104.500 € (= 4,5 % Rendite) |
In diesem Beispiel wird deutlich, dass der Anleger mit der Kreditinvestition seine Rendite von 5 Prozent auf 4,5 Prozent senkte. Ein schlechtes Geschäft, das mit
- steigender Kreditsumme
- steigenden Kreditzinsen
- fallenden Renditen
exponentiell zunimmt und den Anleger finanziell ruinieren kann – ein Schicksal, das bereits unzählige private und gewerbliche Investoren ereilt hat.
Für wen eignen sich Leverage Funds?
Trotzdem viele Privatanleger mit risikoreichen Leverage Funds spekulieren, sind Letztere eigentlich weitaus eher für Day Trader und institutionelle Investoren geeignet. Denn die können auch ohne Kreditaufnahme mit Leverage Funds handeln und gehen somit zumindest kein existenzbedrohendes Risiko ein. Banken, die ihren Privatanlegern zur Kreditaufnahme wegen Leverage Funds raten, ohne explizit auf diese erheblichen Risiken hinzuweisen handeln verantwortungslos gegenüber ihren Privatkunden. Nicht vergessen werden darf dabei auch, dass die laufenden Verwaltungskosten von Leverage Funds deutlich höher als bei vergleichbaren Produkten wie etwa Futures oder Optionen und rund doppelt so hoch wie bei „normalen“ ETF sind. Leverage Funds erscheinen somit als langfristige Geldanlageform ungeeignet.
Rechtliche Beschränkungen in Deutschland
Der Handel mit Leverage Funds ist in deutschen Handelsplätzen aufgrund der beschriebenen Gefahren nur in sehr engen Grenzen erlaubt. So dürfen Kapitalverwaltungsgesellschaften (KVG) und alternative Investmentfonds (AIF), die an den Börsen mit Leverage Funds handeln, ihr Sondervermögen je nach Unternehmensform nur bis 10 Prozent (KVG) respektive 20 Prozent (AIF) mit Krediten belasten, um damit Leverage Funds zu erwerben. Zudem dürfen die Zinsen, welche das Unternehmen für diese Kredite bezahlt, das marktübliche Zinsniveau nicht überschreiten. Letztgenannter Punkt muss in den allgemeinen Vertragsbedingungen der handelnden Unternehmen ausdrücklich festgehalten werden. Darüber hinaus darf ein am Wertpapiermarkt tätiges Unternehmen wie beispielsweise ein Investmentfond sein Marktrisiko mittels Leverage Funds um höchstens 100 Prozent leveln –vorausgesetzt, dieses Limit wird in den Vertragsbedingungen genannt.
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