Im Nachgang können die Ursachen einer Finanzkrise identifiziert und auch gut begründet werden. Aber es bleibt immer noch die Frage, warum gerade die professionellen Marktteilnehmer nicht im Vorfeld den Beginn einer Krise erkennen können oder wollen und rechtzeitig dagegen steuern. Aufgrund der Subprime-Krise kommen die Theorien von Hyman Minsky auf den Tisch. Der Ökonom vertrat die Theorie, dass die Volkwirtschaft nicht immer auf einen Gleichgewichtszustand wert legt. Das Finanzsystem würde im Laufe der Jahre immer wieder instabil werden und somit kommt es zu Krisensituationen. Im Mittelpunkt von Minskys Überlegungen steht dabei die Finanzierung von Banken, Haushalten und Unternehmen. Minsky differenzierte dabei drei Arten der Finanzierungen.
- Die sichere Finanzierung
- Die spekulative Finanzierung
- Die Ponzi-Finanzierung
Inhalt
Wer war Hyman P. Minsky?
Hyman P. Minsky wurde im Jahr 1919 in Chicago geboren und verstarb 1996 in Rhinebeck, New York. Er war ein amerikanischer Wissenschaftler, der sich auf die Wirtschaft spezialisiert hat. Seine Eltern waren aktive Gewerkschaftler und stammten aus Weißrussland. Sie sind in die USA eingewandert, um ihrem Kind ein besseres Leben zu ermöglichen. Hyman P. Minsky erlebte die Weltwirtschaftskrise mit und studierte an der Harvard University. Er wurde zum Professor für Ökonomik und wurde durch John Maynards Keynes Theorien stark geprägt. Über ihn verfasste Hyman P. Minsky ein Buch. Er entwickelte ganz eigene Thesen in Bezug auf die Weltwirtschaft und den Krisen, die immer wieder auftraten. Allerdings bekamen seine Thesen keinerlei Beachtung. Erst bei der Bankenkrise im Jahr 2007 kam es endlich dazu, dass seine Theorien Bedeutung bekamen. Es kamen Begriffe wie Minsky-Paradoxon, Minsky-Kollaps oder Minsky-Moment ins Gespräch. Leider erlebte er die Anerkennung seiner Arbeit nicht mehr mit, denn zum Zeitpunkt der Finanzkrise 2007 war Minsky schon seit 11 Jahren tot.
Die Minsky-Theorie
Nach seiner Theorie betreiben Investoren zu Beginn eines Zyklus eine Finanzierung, die abgesichert ist. Das bedeutet, die Einnahmen reichen vollkommen aus, um die Kredite zurückzuzahlen. Bleibt das Wirtschaftswachstum stabil, dann handelt es sich um eine rentable Finanzierung. Die Einnahmen reichen in einem solchen Fall dann gerade dazu aus, um die Zinsen der Kredite zu bezahlen. Die aufgenommenen Kredite werden durch neue Kredite bezahlt, die aufgenommen werden. Im Grunde gehen die Investoren in eine Art Schneeballsystem über. Sogar zur Tilgung der Zinsen werden neue Kredite aufgenommen und die Kredite werden dann von neu aufgenommenen Krediten bezahlt. Die Investoren vertrauen bei dem Schneeballsystem immer darauf, dass die Einnahmen am Ende ausreichend sind, um alle laufenden Verpflichtungen zu bezahlen. Das ist allerdings ein Trugschluss, denn mit der Zeit wird die Wirtschaft durch diese Art des Handels immer labiler und es kommt zu einem großen Platzen. Die Spekulationsblase platzt und es kommt im Endeffekt zu einer Finanzkrise.
Die Thesen von Minsky stehen eigentlich im Widerspruch zur klassischen Lehre, die besagt, dass die Märkte sich nach einem Gleichgewicht orientieren. Allerdings müssen dazu gewisse Voraussetzungen vorhanden sein. Auf diesem Hintergrund kam es 2012 zu einer heißen Debatte zwischen Paul Krugman und Steve Keen, die sich über die zentrale Rolle des Bankwesens unterhielten.
Die sichere Finanzierung
Bei der sicheren Finanzierung können die Kreditnehmer nicht nur die Zinsen pünktlich zurückzahlen, sondern auch die Rückzahlungen gewährleisten. Das bedeutet, dass der Markt immer im Gleichgewicht bleibt. Es wird ein Kredit aufgenommen, um Kapital zur Verfügung zu haben. Das Kapital wird in Erneuerungen oder Erweiterungen gesteckt, die im Endeffekt auch zum Erfolg führen. Der Kredit wird mit den Einnahmen gezahlt, die vorhanden sein. Es werden keine neuen Kredite aufgenommen. Zinsen und Tilgung werden nur anhand der Einnahmen gedeckt.
Die spekulative Finanzierung
Dann gibt es, laut Hyman P. Minsky, auch noch die spekulative Finanzierung. Bei dieser Art der Finanzierung kommt es dazu, dass durch die Einnahmen nur die Zinsen der laufenden Kredite bezahlt werden können. Im Grunde reichen die Einnahmen also nicht aus, um die Zinsen und den Kredit selber zu zahlen. Gerade Banken und Finanzinstitute arbeiten mit dieser Art der Finanzierung. Sie sind auf die liquiden Finanzmärkte angewiesen, damit die Refinanzierung sichergestellt werden kann. Um weiterhin liquide zu bleiben, müssen die Banken bei einer spekulativen Finanzierung neue Kredite aufnehmen, um die Rückzahlung der vorhandenen Kredite abdecken zu können.
Die Ponzi-Finanzierung – der Minsky-Effekt
Die letzte Art der Finanzierung laut Minsky ist die Ponzi-Finanzierung. Bei dieser Finanzierungsart ist der Kreditnehmer nicht in der Lage alle Kredite zu bedienen. Es können weder Zinszahlungen noch Rückzahlungen von den Einnahmen getätigt werden. Dabei spekuliert der Kreditnehmer aber immer darauf, dass die Preise ansteigen, damit er im Endeffekt seine Schulden bald tilgen kann. Als Beispiel bietet sich die Subprime-Krise 2007 an. In Amerika sollte jeder Amerikaner sein eigenes Haus bekommen können und dafür gaben die Banken bereitwillig Kredite heraus. Aber sie haben die Rückzahlungen nicht genug beachtet und somit kam es dazu, dass immer mehr Amerikaner ihre Kredite nicht bedienen konnten. Der Effekt dazu wurde schnell deutlich, denn auch die Banken konnten ihre offenen Forderungen mit der Zeit nicht mehr bedienen und das Ergebnis war eine Finanzkrise. Bei einer Ponzi-Finanzierung werden Gewinne erwartet, die bislang noch nicht vorhanden sind. Die Vermögenspreise steigen zwar und die Marktteilnehmer nehmen diese Steigerung als Bestätigung. Die Risikobereitschaft der Marktteilnehmer wird sich mit der Zeit steigern, die Risiken werden unterschätzt. Das Endergebnis zeigt, dass eine Verschuldung beginnt, die kaum aufzuhalten ist. Die Gewinnaussichten bleiben nach den Erwartungen deutlich zurück und alle Kredite können nicht mehr bedient werden. Die Vermögenspreise verfallen und das hat erhebliche Auswirkungen nicht nur auf das eigene Land, sondern auf die ganze Welt.
Die Notenbanken sollten die Finanzsysteme überwachen und auch die Entwicklung neuer Strukturen steuern. Sie können im Krisenfall die Funktion des lender of last resorts einnehmen. Die Krisenerscheinungen können durch eine ausreichende Versorgung der Liquidität begrenzt werden. Zusatzhilfen sollten dafür sorgen, dass der Minsky-Effekt nicht eintritt. Ausweichversuche der Marktteilnehmer und die wesentliche Ursache der Krisen sollten im Vorfeld erkannt werden und laut Minsky ist das eigentlich auch möglich.
Widersprüche zum Minsky-Effekt
Es gibt auch Ökonomen, die Hyman P. Minsky Thesen nicht teilen und Widersprüche einlegen. Sie sind der Meinung, dass Regulierungen und Ausweichpläne eine der wesentlichen Ursachen für eine Finanzkrise sind. Krisenhafte Erscheinungen können mit diesen Maßnahmen nicht vermieden werden. Sie beseitigen im Grunde nur die Fehlentwicklungen auf den Finanzmärkten und sind Wegbegleiter für eine Struktur darstellen, die effizient ist.
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