In vielen Bereichen des Lebens wird dies durch das Deutsche Institut für Normung, kurz DIN bestimmt. Zu den bekanntesten DIN-Normen gehört zum Beispiel die Papiergröße nach DIN EN ISO 216. Darin wird festgelegt, dass ein DIN-A4-Blatt genau 210 mm breit und 297 mm lang sein soll. Sinn macht dies, weil sich danach auch Aktenordner und Hefter ausrichten. Aber auch Drucker müssen dieses Format unterstützen. Insgesamt gibt es etwa 34.000 DIN-Normen. Diese gelten nicht nur europa- sondern auch weltweit. Neben technischen Prozessen regelt die DIN-Norm aber auch gesundheitliche, touristische, soziale und sogar finanzielle Angelegenheiten. Letztere sollen hier kurz vorgestellt werden.
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Die Anlageberatung nach der DIN-Norm
Seit Januar 2019 gibt es die erste DIN-Norm für Finanzdienstleistungen. Es handelt sich um die DIN 77230. Dabei geht es um die Basis-Finanzanalyse für Privathaushalte. Dabei werden die Fragen behandelt, wie es Anlegern finanziell geht, welche Anlagebedürfnisse sie haben. Damit soll ein Berater genau die passende Geldanlage finden. Im September 2021 wurde noch die Geschäftskundennorm DIN 77235 eingeführt. Darin wird die Finanz- und Risikoanalyse für Selbstständige, aber auch kleine bis mittlere Unternehmen beschrieben.
Die Geschichte hierzu geht auf das Jahr 2007 mit der Gründung des Finanzunternehmens Formaxx zurück. Hier wurde festgestellt, dass insgesamt die Finanzberatung bei Privatkunden hinterherhinkt. Wenn zum Beispiel ein Kunde eine Altersabsicherung sucht und zu einer Bank geht, führt die Analyse dazu, dass dieser lediglich eine Sparanlage wählen sollte. Geht dieser zu einer Versicherung, wird eine Lebensversicherung gewählt. Nach einer solchen Analyse und Betrachtung der finanziellen Situation kommt es immer nur zu einem Ergebnis. Dies soll die DIN 77230 liefern.
Ausgehend der festgelegten Leitlinien wurden nicht nur die Beratung dahingehend angepasst, sondern es wurden auch genormte Softwareprodukte entwickelt, die genau diese Ergebnisse liefern. Dies gilt auch für Geschäftskunden.
Verbraucherschützer sind sich uneins
Zu den Verbraucherschützern gehören beispielsweise die Experten der Stiftung Warentest und von Finanztip.de. In der Vergangenheit haben diese die DIN 77230 überaus positiv bewertet. Jedoch gibt es seitens der Verbraucherschützer mittlerweile auch eine Menge an Kritik.
Zu den Kritikpunkten gehört, dann die DIN-Norm den Eindruck erweckt, mit wissenschaftlich fundierten Standards zu arbeiten. Dies sei aber nirgendwo belegt. Ebenso geht es bei der Norm bei der Finanzanalyse um die Untersuchung des Ist-Zustandes. Jedoch hat eine gute Beratung drei Phasen: die Exploration, die Information und das Ergebnis. Die DIN-Norm betrifft aber nur die erste Phase, sodass am Ende die Finanzberater selbst entscheiden, welche Produkte sie verkaufen. Ebenso wird bei einer solchen Analyse nicht der individuelle Bedarf ermittelt, sondern nur eine Priorisierung. Anzumerken ist, dass es keinen objektiven Bedarf, sondern eigentlich nur einen individuellen Bedarf gibt. Verbraucherschützer führen an, dass es bei der DIN-Norm nur darum geht, das in der Vergangenheit verlorene Vertrauen der Verbraucher in den Finanzsektor wieder zu erhöhen. Eine gute Beratung sei damit aber nicht gewährleistet.
Überzeugungsarbeit ist notwendig
Auch bei einer guten Analyse werden immer noch Fehler in der Beratung gemacht. Dennoch hilft die DIN-Norm, dass am Ende eine Prioritätenliste dabei herauskommt, welche dem Kunden vorgelegt werden kann. Es fällt den Verkäufern dabei schwerer, falsche Produkte zu verkaufen.
Mittlerweile wird an einer Überarbeitung bzw. Erweiterung der DIN-Norm gearbeitet. Es wird nach einer allgemeingültigen Systematik gesucht, damit Suggestionen und Manipulationen von privaten Kunden bezüglich einer Zuordnung von bestimmten Anlagetypen verhindert werden kann. Hierzu ist eine Menge an Überzeugungsarbeit erforderlich.
Nicht jedes Finanzinstitut ist bereit, nach der DIN zu arbeiten. Von etwa 200.000 Beratern haben sich erst 2.000 zertifizieren lassen. Insbesondere die großen Beratungsinstitute sind noch skeptisch und warten erst einmal ab. Grund hierfür ist, dass die großen Gesellschaften eigene Leitlinien aufgestellt haben, deren Inhalt zum Teil weit über die Vorgaben der DIN-Norm hinausgehen. Es besteht zudem ja auch keine Pflicht, nach der DIN zu arbeiten.
Ein weiterer Grund für eine Ablehnung ist, dass sich Anbieter, die nur ganz bestimmte Produkte anbieten, durch Anwendung der DIN-Norm bei einer Analyse ihre eigenen Produkte nicht mehr empfehlen können.
Es kommt auf die Expertise an
Verbraucherschützer befürchten, dass das Zertifizierungssiegel als Marketinginstrument missbraucht werden könnte. Um sich am Ende gut auf dem Markt behaupten zu können, kommt es immer noch auf eine gute Expertise an.
Unabhängig davon, haben zahlreiche Softwareentwickler Applikationen nach der DIN 77230 mittlerweile umgesetzt und bieten diese den Beratern an. Man darf also gespannt sein, wie die Entwicklung weitergehen wird und ob auch die Verbraucher weiterhin daran interessiert sind, dass eine Finanzberatung nach DIN ablaufen soll.
Zukünftig soll die DIN noch erweitert werden, wobei auch das Thema Nachhaltigkeit einfließen wird.