Die neueste Forschung von PwC Deutschland verdeutlicht, dass die stufenweise Verbesserung im Kreditgeschäft bereits weitgehend ausgeschöpft ist. Der Fokus liegt nun auf der strukturellen Industrialisierung und Digitalisierung, um erhebliche Kosteneinsparungen zu erzielen. Langfristig strebt man eine umfassende Industrialisierung an. Tomas Rederer, Partner und Leiter Financial Services Management Consulting bei PwC Deutschland, hebt hervor: „Um die Geschwindigkeit zu steigern, Kosten zu senken und kundenfreundliche Prozesse erheblich zu verbessern, sollten Kreditinstitute nun verstärkt auf strukturelle Automatisierung, Arbeitsteilung und Outsourcing setzen.“ Die Studie umfasste leitende Bereichsleiter und Vorstandsmitglieder von 34 der größten 150 Banken im DACH-Raum und fand zwischen Januar und Mai 2023 statt.
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Kluft zwischen beiden Parteien ist größer
Es zeigt sich eine erhebliche Kluft zwischen Vorreitern und Nachzüglern in Bezug auf die Industrialisierung und Digitalisierung des Kreditgeschäfts. Während führende Banken bis zu 88 von 100 Punkten im Industrialisierungsindex erreichen, bleiben weniger fortschrittliche Kreditinstitute bei nur bis zu 15 Punkten zurück. Das Privatkundengeschäft (Durchschnittswert im Index: 50 von 100) schneidet erwartungsgemäß besser ab als das Firmenkundengeschäft (Durchschnittswert im Index: 41 von 100). Das bedeutet, dass führende Banken in beiden Sektoren durch ihre Industrialisierung einen bedeutenden Wettbewerbsvorteil erzielen, indem sie kosteneffizientere, schnellere und kundenfreundlichere Prozesse implementieren.
Ungenutzte Potenziale im Bereich der Automatisierung
In den letzten zwei Jahren lag der Schwerpunkt auf Organisationsstruktur und Standardisierung. In den kommenden zwei Jahren planen die Befragten, ihre Bemühungen verstärkt auf die Automatisierung zu konzentrieren (97 % im Privatkundengeschäft gegenüber 74 % im Firmenkundengeschäft). Es bestehen jedoch noch erhebliche ungenutzte Potenziale: Obwohl Grundlagen wie Workflow und elektronische Akten bereits weit verbreitet sind, haben nicht alle Banken elektronische Unterschriften oder differenzierte Prozesse implementiert. Darüber hinaus bieten kontinuierlich aufkommende Technologien wie künstliche Intelligenz ständig neue Möglichkeiten, von denen führende Banken bereits Gebrauch machen. Ernst André Hettermann, Senior Manager bei PwC Deutschland, erklärt: „In sich wandelnden Märkten sind differenzierte, modulare, flexible und automatisierte Prozesse und Organisationen der Schlüssel für erfolgreiches Wachstum bei gleichzeitig günstigen Kostenstrukturen.“
Chancen bei der Regulierung des Kreditgeschäfts
Die Regulierung des Kreditgeschäfts stellt sowohl Herausforderungen als auch Chancen dar. Die steigenden Anforderungen der European Banking Authority Guidelines on Loan Origination and Monitoring (EBA GL LOM) bereiten laut der Umfrage mehr als der Hälfte der befragten Unternehmen (59 %) erhebliche Schwierigkeiten. Fast genauso viele Banken (62 %) nutzen die Projekte zur Umsetzung der EBA GL LOM auch zur Effizienzsteigerung ihrer Kreditprozesse. Aktuell berücksichtigen nur 35 % der befragten Institute offizielle Nachhaltigkeitsstandards, aber insgesamt nutzen 59 % selbst definierte Kriterien bei der Kreditvergabe. Dr. Michael Rönnberg, Partner für Kreditregulatorik bei PwC, betont: „Banken sollten ESG-Kriterien nicht nur als regulatorische Pflicht verstehen, sondern auch als Chance für die Kundenzentrierung nutzen, da Kunden vermehrt die Einhaltung solcher Kriterien fordern.“
Die Umfrage unterstreicht die Bedeutung eines ganzheitlichen Optimierungsansatzes bei der Industrialisierung des Kreditgeschäfts. Es ist entscheidend, die richtigen Hebel, die Wertschöpfungstiefe und ein ganzheitliches Zielbild zu berücksichtigen, ebenso wie ESG-Kriterien, IT-Komponenten und verfügbare Fintech-Lösungen. PwC hat festgestellt, dass eine integrierte fachlich-technische Planung und Umsetzung im Einklang mit einem ganzheitlichen Zielbild die größte Erfolgsaussicht bietet. Tomas Rederer unterstreicht: „Die eigentliche Herausforderung liegt nicht in der Technologie oder den Kosten – sie besteht in der Bereitschaft zur strukturellen Veränderung.“