Was verbirgt sich hinter der Bezeichnung Geschäftsfähigkeit?
Unter der Geschäftsfähigkeit versteht man die Fähigkeit einer Person Rechtsgeschäfte wirksam abschließen zu können. Sie fällt unter den Begriff der Handlungsfähigkeit. Grundsätzlich sind alle Einwohner der Bundesrepublik Deutschland als geschäftsfähig anzusehen, daher regeln die Gesetze nur den Zustand der Geschäftsunfähigkeit oder einer Beschränkung der Geschäftsfähigkeit. Dies dient dem Schutz des Verbrauchers.
Welche Personengruppen sind geschäftsunfähig?
Nicht geschäftsfähig sind nach dem Gesetz Kinder unter sieben Jahren und Menschen, die sich in einem Zustand krankhafter Störung befinden, bei denen die Geistestätigkeit eingeschränkt und somit die freie Willensäußerung gestört ist, vorausgesetzt dieser Zustand hält dauerhaft an. Dies können psychisch Kranke oder auch geistig Behinderte sein.
Geschäftsfähigkeit nach Alter
In Bezug auf das Alter gibt es eine Abstufung der Geschäftsfähigkeit. Nach dem siebten Lebensjahr sind Kinder als beschränkt geschäftsfähig anzusehen, was bedeutet dass sie Geschäfte des täglichen Lebens unter Verwendung von geringen Mitteln tätigen dürfen, wenn der Geschäftspartner voll geschäftsfähig ist und das Prinzip von Leistung und Gegenleistung sofort erfüllt wird. Die volle Geschäftsfähigkeit tritt erst ab einem Alter von 18 Jahren ein.
Gesetzliche Vertreter, Vormundschaft
Kinder unter sieben Jahren und alle anderen geschäftsunfähigen Personen haben nicht die Macht vor dem Gesetz z. B. Verträge abzuschließen. Dazu benötigen sie eine gesetzliche Vertretung. Kinder, die jünger sind als sieben Jahren können aber in Bezug auf ein Rechtsgeschäft als Bote fungieren, indem sie bei Geschäften im Alltag die Willenserklärung der Eltern oder eines anderen gesetzlichen Vertreters, wie zum Beispiel eines Vormundes übermitteln. Damit diese Geschäfte wirksam werden, müssen aber Bestätigungen des Geschäfts an den gesetzlichen Vertreter ergehen.
Schwebend unwirksame Geschäfte bei Kindern unter sieben Jahren
Ab einem Alter von sieben Jahren tritt die beschränkte Geschäftsfähigkeit in Kraft. Dies bedeutet, dass die geschlossenen Rechtsgeschäfte zunächst als schwebend unwirksam gelten, so lange nicht der gesetzliche Vertreter eingewilligt hat. Die Zustimmung zum Rechtsgeschäft ist auch nachträglich möglich. Normalerweise gilt hierfür eine Frist von 14 Tagen. Eine andere Möglichkeit ist es, dem Kind eine Vollmacht auszustellen, in diesem Fall wird das Rechtsgeschäft sofort wirksam.
Vorteilhafte Rechtsgeschäfte
Manche Rechtsgeschäfte, die ausschließlich zum Vorteil eines beschränkt geschäftsfähigen Kindes oder Geschäftsunfähigen sind, können auch sofort und ohne Zustimmung der Eltern oder eines anderen rechtlichen Vormundes wirksam werden, wie zum Beispiel bei einer Schenkung. Hat der Minderjährige zum Zweck des Abschlusses eines Geschäfts die finanziellen Mittel dazu von den Eltern bekommen, ist das Geschäft ebenfalls wirksam. Diese Regelung nennt sich Taschengeldparagraph.
Einseitige Willenserklärung
Hat ein Minderjähriger eine einseitige Willenserklärung abgegeben ohne die Zustimmung der gesetzlichen Vertreter vorab, so ist diese unwirksam und kann auch nicht rückwirkend wirksam gemacht werden. Dies ist zum Beispiel der Fall bei einer Kündigung. Ausnahme ist hier wieder der Fall, wenn das Geschäft ausschließlich rechtliche Vorteile für die geschäftsunfähige Person hat.
Teilgeschäftsfähigkeit
Grundsätzlich gibt es die Teilgeschäftsfähigkeit vor dem Gesetz nicht, sie existiert aber sehr wohl in der Rechtslehre und in der Rechtssprechung. Ein Minderjähriger ist somit in bestimmten Bereichen des Lebens grundsätzlich voll geschäftsfähig.
Als teilgeschäftsfähig bezeichnet man einen beschränkt Geschäftsfähigen, dem durch einen gesetzlichen Vertreter ein Erwerb gestattet ist, mit der Einschränkung dass das Geschäft, das er tätigen will seinem Erwerb dient. Die Erlaubnis zum Erwerb durch einen gesetzlichen Vertreter kann nur durch das Familiengericht bewirkt werden und kann sowohl für selbstständige als auch angestellte Tätigkeiten eingeholt werden. Der Betreffende kann dann selbst seine Willenserklärung abgeben.
Minderjährige sind nach dem Sozialrecht ab dem 15. Lebensjahr im Bereich des öffentlichen Rechts voll handlungsfähig.
Geschäftsunfähigkeit bei psychischen Störungen
Personen, deren geistige Tätigkeit eingeschränkt ist, können geschäftsunfähig sein, wenn die Beeinträchtigung der geistigen Fähigkeiten konstant gegeben und nachgewiesen ist. Eine Willenserklärung einer nicht geschäftsfähigen Person ist nach BGB nichtig. Ein gesetzlicher Betreuer muss bestellt werden.
Als Zustand eingeschränkter geistiger Tätigkeit gelten zum Beispiel:
- Demenz und Alzheimer
- Geistige Behinderungen
- Psychische Krankheiten mit Wahnzuständen, Halluzinationen, Schizophrenie etc. …
- Suchtkrankheiten
- Affektive Störungen
Partielle Geschäftsunfähigkeit
Die partielle Geschäftsunfähigkeit, die sich nur auf ein bestimmtes Gebiet bezieht, ist dann gegeben, wenn eine Person unter einer psychischen Störung leidet, die sich nur auf bestimmte Bereiche in ihrem Leben bezieht, diese Person sich aber ansonsten normal verhält.
Relative Geschäftsfähigkeit
Eine relative Geschäftsfähigkeit würde besagen, dass bestimmte Geschäfte einen unterschiedlichen Schwierigkeitsgrad besitzen, dies wird allerdings von der Rechtssprechung nicht anerkannt.
Geschäfte im täglichen Leben
Auch geschäftsunfähige Personen können bestimmte Geschäfte des täglichen Lebens tätigen, wenn sie geringfügig sind. Dies sind die so genannten Alltagsgeschäfte. Ratenzahlungsgeschäfte gehören nicht zu den geringfügigen Alltagsgeschäften, denn eine Gefährdung des Vermögens der geschäftsunfähigen Person muss auszuschließen sein.
Sonderfälle
Eheunfähigkeit, Prozessunfähigkeit und Testierunfähigkeit sind Sonderfälle in Bezug auf eine Einschränkung der Geschäftsfähigkeit.
Inhalt
Geschäftsfähigkeit in Bezug auf Käufe und Verträge
- Zigaretten und Alkohol
Ab einem Alter von 16 Jahren können Jugendliche leichte alkoholische Getränke ohne die Zustimmung der Erziehungsberechtigten kaufen. Darunter fällt Wein oder Bier. Die schweren alkoholischen Getränke wie Gin, Wodka oder Whisky dürfen nur von volljährigen Personen erstanden werden. Das gleiche Prinzip gilt für den Kauf von Zigaretten oder Zigarren. Eine Zustimmung der Erziehungsberechtigten ändert an dem Gesetz nichts. Sollte sich ein Verkäufer nicht an die gesetzlichen Vorgaben halten, dann begeht er eine Ordnungswidrigkeit und muss ein hohes Bussgeld bezahlen. - Smartphones
Handys und Smartphone, die mit einem Vertrag abgeschlossen werden, können von Personen unter 18 Jahren nicht abgeschlossen werden. Anders sieht es bei dem Kauf eines Smartphones mit Prepaid-Karte aus. Die gesetzlichen Vorgaben dazu sind im sogenannten Taschengeldparagraphen festgehalten. Heute sind viele Smartphone allerdings so kostenintensiv, dass sie nicht mehr nur vom Taschengeld bezahlt werden können. Erziehungsberechtigte haben das Recht, das gekaufte Smartphone wieder zurückzugeben, wenn sie mit dem Kauf nicht einverstanden sind, denn das Kind ist nur beschränkt geschäftsfähig. - Ausbildungs- und Arbeitsverträge
In der Regel sind die meisten Jugendlichen unter 18 Jahre, wenn sie mit einer Ausbildung beginnen oder mit der Arbeit. In einem solchen Fall muss der Erziehungsberechtigte oder der gesetzliche Vertreter des Jugendlichen den Ausbildungs- und Arbeitsvertrag immer mit unterschreiben. Eine Kündigung des Vertrages kann aber ohne das Einverständnis oder die Unterschrift des Erziehungsberechtigten erfolgen. - Kontoeröffnung
Schon in sehr jungen Jahren bekommen Schüler ein Konto. Für die Eröffnung eines Kontos muss der gesetzliche Vertreter beziehungsweise der Erziehungsberechtigte seine Zustimmung geben. Der Jugendliche bekommt dann ein kostenfreies Jugendkonto, das als Guthabenkonto angesehen werden kann. Sie können sich Lohn oder andere Gelder auf das Konto überweisen lassen und selbstständig, mit Hilfe der EC-Karte Barbeträge abheben. Mittlerweile besteht die Möglichkeit, das Jugendliche, die einen Arbeitsvertrag haben auch ohne die Zustimmung des gesetzliches Vertreters ein Konto eröffnen kann. Ein Kredit hingegen kann nur mit einer richterlichen Genehmigung gewährt werden. Die Banken müssen immer dafür sorgen, dass das Konto für Jugendliche als Guthabenkonto eingerichtet wird. Eine Überziehung ist nicht erlaubt.
Geschäftsunfähigkeit feststellen lassen
In bestimmten Situationen kann es notwendig werden, die Geschäftsfähigkeit einer Person feststellen zu lassen. Das ist allerdings nicht so einfach und dafür muss man erst vor Gericht ziehen. Nur das Gericht kann die Geschäftsunfähigkeit feststellen und dazu muss ein Gutachten erstellt werden. Das Gutachten wird von einem Sachverständigen erstellt, der Psychiater sein muss. In dessen Gutachten muss der Psychiater überprüfen ob Voraussetzungen gegeben sind, um die Person als Geschäftsunfähig zu bewerten. Zu den bekanntesten Anhaltspunkten gehören:
- die Unfähigkeit die Willenserklärung und deren Bedeutung anzuerkennen
- fehlende Einsichtsfähigkeit
- fehlende Freiheit der Willensbestimmung
- eine vorhandene geistige Störung
- krankhafte Störungen des Geistes
Die Gesetzesgrundlagen zum Gutachten
Die § 104 und 105 des Bundesgesetzbuches dienen als gesetzliche Grundlagen für die Erstellung eines Gutachtens in Bezug auf die Geschäftsfähigkeit.
Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)
§ 104 Geschäftsunfähigkeit
Geschäftsunfähig ist:
1.
wer nicht das siebente Lebensjahr vollendet hat,
2.
wer sich in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit befindet, sofern nicht der Zustand seiner Natur nach ein vorübergehender ist.
Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)
§ 105 Nichtigkeit der Willenserklärung
(1) Die Willenserklärung eines Geschäftsunfähigen ist nichtig.
(2) Nichtig ist auch eine Willenserklärung, die im Zustand der Bewusstlosigkeit oder vorübergehender Störung der Geistestätigkeit abgegeben wird.