Kaum ist die erste Leitzinserhöhung der EZB seit drei Jahren beschlossene Sache, sprechen viele Experten schon wieder davon, dass dieser Schritt noch viel zu zaghaft sei, um den ab Mitte des Jahres sich anbahnenden Inflationsschub zumindest etwas abzufedern. Statt der prognostizierten Leitzinserhöhung auf zwei Prozent zum Ende des Jahres (aktuell sind es 1,25 Prozent) wären eigentlich drei Prozent nötig – mit entsprechend negativen Auswirkungen auf Kredite und Finanzierungen.
Das Problem, das die Euro-Staaten zusätzlich zur Schuldenkrise in den Peripheriestaaten in den Griff bekommen müssen, ist laut Einschätzung führender Volkswirtschaftler die steigende Inflation im Euro-Raum. Diese war auch ausschlaggebend für die Entscheidung der EZB, zum ersten Mal in ihrer Geschichte noch vor der amerikanischen Federal Reserve (Fed) einen neuen Zinszyklus zu starten. Die wahrscheinlichen Folgen der aktuellen Zinswende sind eine Drei-Klassen-Gesellschaft innerhalb der Eurozone: Während Länder wie Frankreich, Belgien, Österreich und allen voran Deutschland zum Teil kräftig zulegen, werden Spanien oder Italien mit ihrem Mini-Wachstum stagnieren – und die Pleitestaaten Griechenland, Portugal und Irland weiterhin tief in der Rezession stecken.
Dabei bekommt Deutschland als Europas derzeitige Konjunktur-Lokomotive noch die geringsten Auswirkungen der EZB-Zinswende zu spüren: Bereits kommende Woche wird es aller Voraussicht nach wieder eine nachgebesserte Wachstumsprognose geben. Demnach soll die deutsche Wirtschaft dieses Jahr nun um 2,5 Prozent und 2012 um mindestens zwei Prozent zulegen.
Fraglich ist jedoch, ob auch die deutschen Verbraucher noch lange von der guten Konjunktur in der Heimat profitieren werden. Erste Anzeichen, dass die Konsumlaune und damit auch die Nachfrage nach Krediten angesichts der steigenden Inflation sinken werden, sind bereits da. Um rechtzeitig von den derzeit noch relativ günstigen Zinsen für Kredite und Baufinanzierungen zu profitieren, ist deshalb zunehmend Eile geboten.