Bereithaltungszinsen (Bereitstellungszinsen, Bauzeitzinsen) sind Zusatzkosten, die die Bank für noch nicht ausgezahlte Teile eines Darlehns berechnet. Banken begründen die Erhebung von Bereitstellungszinsen mit der Vorhaltung von Geldern, mit denen sie aktuell nicht arbeiten können. Erhoben werden solche Bereithaltungszinsen gewöhnlich bei Baudarlehen, die nicht vollständig nach der Bewilligung, sondern je nach Bauphase ausgezahlt werden. Üblich ist die Gewährung einer bereitstellungsfreien Zeit von 3 bis 12 Monaten.
Inhalt
Auszahlung von Baudarlehen nach Baufortschritt
Teilauszahlungen von Baukrediten je nach Baufortschritt werden bei einem Neubau und umfangreichen Sanierungsvorhaben vorgenommen. Die MaBV (Makler- und Bauträgerverordnung) schreibt für solche Bauvorhaben 7 Teilzahlungen für das genehmigte Darlehn vor. In der gleichen Verordnung sind insgesamt 13 Bauabschnitte festgelegt, nach denen die Auszahlung erfolgen kann. Die Bauabschnitte umfassen u.a.:
- Die vollständigen Erdarbeiten
- Fertigstellung vom Rohbau
- Dach
- Etappen des Innenausbaus und der Installationen
- Fassadenarbeiten
- Schlussarbeiten
Für die 7 anteiligen Auszahlungen sind verschiedene Bauabschnitte zusammenzufassen.
Wurde im Darlehnsvertrag beispielsweise eine bereitstellungsfreie Zeit von 12 Monaten vereinbart, so werden ab dem 13. Monat der Bauphase Zinsen auf die Bereithaltung der folgenden Teilzahlungen erhoben. Die Bereithaltungszinsen fallen monatlich an. Je nach Vertrag kann vereinbart sein, dass die Bereithaltungszinsen mit den laufenden Monatsraten gezahlt werden oder erst als Gesamtrechnung zum Ende der Bauzeit anfallen.
Belastung durch die Bereitstellungszinsen
Die Bereitstellungszinsen können einen erheblichen Anteil an der monatlichen Belastung durch die Baukosten ausmachen. Einige Banken machen sogar Angebote für eine bereitstellungsfreie Zeit von 15 Monaten. Solche Angebote gilt es hinsichtlich aller sonstigen Konditionen zu prüfen. Eine verlängerte bereitstellungsfreie Zeit kann sich als bedeutsames Plus auswirken. Immerhin können Bereithaltungszinsen von 0,25 % sich beispielsweise bei einem noch nicht genutzten Darlehnsbetrag von 200.000 Euro auf monatlich 500 Euro belaufen.
Da es sich um bauzeitabhängige Nebenkosten handelt, kann die Gesamtsumme der Bereitstellungszinsen durch eine möglichst kurze Bauzeit gemindert werden. Bestimmte Faktoren können die Bauzeit nachteilig beeinflussen und somit zu hohen Bereitstellungszins-Zahlungen führen. Die Bauzeit lässt sich zum Beispiel dadurch beeinflussen:
- Eine gut organisierte Bauplanung sichert das schnelle Bauen mit wenig Verzögerungen
- Bereitstellungsfreie Zeit bereits für gute Baufortschritte nutzen, sofortiger Beginn der Arbeiten mit Beginn der Bauphase
- Erdarbeiten und Rohbau vor dem Winter abgeschlossen sind. In diesem Fall können während des Winters Innenausbauten vorgenommen werden. Eine lange Winterpause wegen Schnee und Frost entfällt ganz oder sie wird stark verkürzt.
- Das Bauunternehmen kann Arbeiten von sehr vielen bis allen erforderlichen Gewerken anbieten. Verzögerungen durch Drittfirmen werden vermieden.
- Keine Veränderungen an Einzelheiten des Bauplans nach Beginn der Bauarbeiten, keine oder so wenig wie möglich zusätzliche Sonderwünsche des Bauherrn, die die Bauzeit verlängern.
Berechnet werden die Bereithaltungszinsen jeweils auf den noch nicht ausgezahlten Betrag des Darlehns. Kommt es zu verzögernden Bauunterbrechungen, kann eine Nachfinanzierung mit der Bank vereinbart werden.
Eigenleistungen vergünstigen den Bau nur bei Fachkompetenz
Viele Bauherren möchten möglichst viele Eigenleistungen erbringen, da diese von den Banken wie Eigenkapital behandelt werden. Das erhöht die Chance für insgesamt bessere Zinskonditionen für das Baudarlehn. Vorsicht ist aber geboten, wenn dem Bauherrn die nötigen Fachkenntnisse und Erfahrungen fehlen. Auch, wenn z.B. der Innenausbau teils in Eigenleistung erbracht wird, gelten die Bestimmungen der Auszahlung von Darlehnsanteilen nach Bauphase. Kommt der Bau durch inkompetente Eigenleistungen zum Stocken, kann das zusätzliche Bereitstellungszinsen nach sich ziehen. Folglich sollten auch bei Eigenleistungen immer die Kosten für ein Bauunternehmen mit fairer Preisgestaltung gegen den Kosten- und Zeitaufwand, einschließlich Bereithaltungszinsen, verglichen werden.
Günstig auf die Baukosten und das Tempo der Bauphasen wirkt sich das Fertighaus aus, sofern alle Lieferungen und Montagen pünktlich erfolgen.
Besondere Belastung – Bereitstellungszinsen plus Miete
Zu einer besonderen Belastung werden die Bereitstellungszinsen, wenn der Bauherr während der Bauzeit noch seine Mietwohnung für die aktuell bewohnte Wohnung zu zahlen hat. Während dieser Zeit stellt die Darlehnsrate immer eine Doppelbelastung dar, die durch Bereitstellungszinsen zusätzlich erhöht wird. Daher entscheiden sich viele private Bauherrn für die Verschiebung der Zahlung dieser Zinsen auf die Endphase der Tilgung des Darlehns.
Bereitstellungszinsen bei der Sanierung
Werden bei einem Haus nur kleinere, einzelne Sanierungsvorhaben umgesetzt, können diese von einem direkt auszahlbaren Darlehn komplett finanziert werden. Bei einer umfassenden Gebäudesanierung eines alten Hauses, wird in der Regel ebenso wie beim Neubau nach Baufortschritten gezahlt. Bei solchen Sanierungsvorhaben fallen somit auch Bauzeitzinsen an. Bei groß angelegten Sanierungen ist das Risiko für Verzögerungen bei den Baufortschritten teils größer. Nicht alle beim Altbau auftauchenden Probleme lassen sich bereits bei der terminlichen Planung für die Sanierung berücksichtigen. Allerdings können bei Sanierungen häufig Teilbereiche des Hauses schon eher bezogen werden. Das entlastet von der zuzüglichen Zahlung der Miete für die Erstwohnung. So kann eine Komplettsanierung so geplant werden, dass beispielsweise ein Geschoss oder Teile eines Geschosses bereits bezogen werden, während einige Inneninstallationen und Fassadenarbeiten in Arbeit sind.
Mögliche Bereitstellungszinsen auch beim Hauskauf
In der Regel sind die Bereithaltungszinsen Baunebenkosten, die beim Kauf eines fertigen Hauses nicht anfallen. Allerdings kann es von Fall zu Fall auch bei einem Hauskauf zu einer Verzögerung der Auszahlung des Darlehns kommen. Ein solcher Fall tritt beispielsweise ein, wenn die Schlüsselübergabe und damit die Übernahme des Hauses später erfolgen als der Abschluss des Kaufvertrages. Ursachen können sein, dass der Verkäufer aus bestimmten Gründen das Haus noch länger bewohnen muss oder sich der Auszug durch unvorhersehbare Umstände verzögert. Der Käufer muss mit der Wartezeit nach dem Abschluss des Kaufvertrages einverstanden sein. Es sollte vertraglich ein Endtermin vertraglich festgelegt werden, zu dem der Verkäufer garantiert die Immobilie freigeben muss. Für die Bereithaltung des Darlehns bis zum Zeitpunkt der Fälligkeit des Kaufpreises erhebt auch in solchen Fällen die Bank Bereitstellungszinsen.
Alle Konditionen im Blick
Bei der Baufinanzierung sollten künftige Bauherren alle Konditionen im Blick haben. Dazu gehören der Zins für das gesamte Darlehn, die Laufzeit, Sonderzahlungen und die Zinsbindungsfrist. Anfallende Bereithaltungszinsen und die von der Bank angebotene bereitstellungsfreie Zeit wirken ebenso auf die Kosten wie die Höhe von Eigenkapital und Eigenleistungen. Schließlich wird auch die Wahl einer guten Baufirma mit einem möglichst breiten Leistungsspektrum und guten Referenzen keinen geringen Einfluss auf die Kosten haben, denn zügiges Bauen mindert die Bereithaltungszinsen.
Hilfreich für den Überblick bei allen Konditionen für ein Angebot zur Baufinanzierung sind die verschiedenen Online Rechner für Baufinanzierungen. Nebenkosten wie die Bereitstellungszinsen lassen sich ebenfalls über die Rechner berechnen und für einen Vergleich nutzen.
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