Als spezielles Segment der Deutschen Börse besticht der Neue Markt seit 1997 mit einer größeren Transparenz. Die Anleger und Wirtschaftsexperten erhalten dank des Aktienindex einen viel besseren und detaillierten Einblick in die modernen Technologien. Speziell in den Bereichen Telekommunikation und fortschrittliche Produktionstechnik fand dieses Börsensegment schnell Vertraute, weshalb die Firmen Bertrandt Ag sowie Mobilcom die ersten Unternehmen an diesem Neuen Markt waren. Dabei spielte das amerikanische Äquivalent des NASDAQ als Technologiebörse die Rolle als Inspirationsquelle.
Inhalt
Ziel des Neuen Marktes
Bei der Einführung des neuen Börsensegments spielte vor alle ein Gedanke eine wichtige Rolle – die Eigenkapitalfinanzierung auch kleinerer Unternehmen mit Hilfe eines Börsengangs. Es ist somit zu bemerken, dass diese Etablierung eine förderliche Wirkung auf die hiesige Wirtschaft haben sollte. Der Euphorie um die New Economy wurde nunmehr würdigend Rechenschaft geboten – mittlerweile auch am Aktienmarkt. Dabei wurde das Marktsegment der Neuen Technologien in Form dieses Aktienindex widergespiegelt – der Neue Markt ist somit als Performanceindex anzusehen. Integriert in diesen branchenspezifischen Handel waren Firmen vorwiegend folgender Sektoren:
- Telekommunikation
- Multimedia
- Informationstechnik
- Biotechnik
Des Weiteren fanden mit der Zeit ebenso Erzeuger Anklang, deren Herstellung von Produkten durch eine intensive Forschung gekennzeichnet ist. Mittels Börsengang konnte folgend die Finanzierung interner Projekte und neuer Warenserien mittels Eigenkapital angegangen werden. Dadurch wurden die Firmen bekannter, wurden bewusster wahrgenommen und sie konnten sich vor allem zu großen Teilen viel einfacher selbst fördern. Die Vermarktung über den Börsenmarkt und somit die unkomplizierte Findung von Sponsoren beziehungsweise Investoren ermöglichte noch mehr Flexibilität und Freiheit für die Firmen.
Hinweis: Das Branchenkriterium wurde in einigen Fällen durchaus weit ausgelegt, wenn man den Seniorenheimbetreiber Refugium AG als Marktteilnehmer aufgelistet sieht. In diesem Modell war die Verbindung zu verschiedenen technischen Lösungen im hiesigen Alltag unter diesem Dach aber nicht ganz abwegig.
Der Nemax
Der Aktienindex auf dem Neuen Markt trägt die Bezeichnung Nemax und wurde 1997 eingeführt. Bereits zwei Jahre später – am 01. Juli 19999 – fügte die Deutsche Börse den Nemax 50 hinzu. Dieser enthielt die 50 stärksten Firmen des deutschen Aktienmarktes. In Bezug auf die Börsenumsätze sowie die Marktkapitalisierung wurden somit die entsprechenden Unternehmen der technologischen Sektoren gelistet und zusätzlich ausgezeichnet. Dieser ursprüngliche Nemax wurde im gleichen Atemzug umbenannt in Nemax All Share oder auch Nemax AS, welcher weiterhin alle Werte sämtlicher enthaltenen Firmen benennt.
Entwicklung
In den ersten Jahren nach Gründung des Neuen Marktes überraschte dieser Aktienindex mit einem so starken Wachstum, der alle Erwartungen überbot. Es kristallisierte sich schnell heraus, dass in Kürze der Zeit etwa 300 Unternehmen darin gelistet waren, deren Aktien sich im regen Handel befanden. Als Folge der Vernachlässigung des ersten öffentlichen Angebots von Börsenneulingen durch die deutschen Banken – dieser Vorgang wird als Initial Public Offering IPO benannt – entstand mit dem Partnerschaft der Gontard Metallbank und der Gold-Zack AG ein führendes Emissionshaus für sämtliche Aktien am Neuen Markt. Vor allem der Anstieg der Internetrelevanz und der anwachsenden Bedeutung der Abhängigkeit gegenüber dem World Wide Web im Alltag bescherten dem Nemax den Höchststand seiner Laufzeit von 9666 Punkten.
Hinweis: Das scheinbar unaufhörliche Wachstum des Sektors Internet Ende der 1990er bis Anfang der 2000er Jahre ist auch als Dotcom-Blase bekannt.
Praxis: Die Wertsteigerung am Neuen Markt ist mit dem Paradebeispiel Biodata eng verbunden. Die zwei potenziellen Rubriken des neuen Jahrtausends – die Datenverarbeitung und die Biotechnologie – zogen einen solchen Hype mit sich, dass eine als 45 Euro platzierte Aktie bereits einen Tag später schon 240 Euro kostete. Dies macht eine Entwicklung von 433 Prozent aus. Das eigentlich auf 8,2 Millionen Euro geschätzte Unternehmen war auf einmal vier Milliarden Euro wert. Dieser Run verfälschte die Börsenkurse und Notierungen ungemein, es standen einige Firmen mit ähnlichen Erfolgen zu Buche. Der Glaube, ohne Arbeit und spezielles Wisse reich zu werden, war gesät. Die Blase sollte in kürzester Zeit platzen und das Gleichgewicht zurückbringen.
Ab März 2000 fielen parallel zu allen internationalen Börsen die Kurse und Notierungen ebenso am Neuen Markt. Die Folge war eine Reihe von potenziellen Bankrotten im Nemax involvierter Unternehmen. Die Medien schlachtete diese Ära dementsprechend aus und veröffentlichte Listen in der hiesigen Presse. Wenige Zeit später meldete mit Gigabell die erste Firma des Neuen Marktes Insolvenz an. Es folgten viele ähnliche Firmenschicksale – insbesondere der Fall der Infomatec Ag wird vielen im Gedächtnis bleiben, hat sie durch zahlreiche falsche und teilweise betrügerische Ad-hoc-Meldungen versucht, den Kopf aus der Schlinge des Tiefstands zu ziehen. Doch auch als 2001 die offizielle Seite neuermarkt.com eingestellt worden war, lag der Tiefpunkt noch weit entfernt. Der Abstieg des neuen Marktes wurde durch diverse Betrugsfälle gefördert – die Geschäftstätigkeiten von ComROAD beispielsweise bestanden nahezu nur aus Scheinumsätzen mit sich selbst.
Hinweis: Im Zuge der Betrugsfälle am Neuen Markt beschäftigte der Fall EM.TV die Zivil- und Strafgerichte für sehr viele Jahre. Das Verhalten der Brüder Florian und Thomas Haffa sollte als Haffa-Skandal in die Historie dieses Börsensegments eingehen.
Insiderhandel und Kursbetrug standen zu dieser Zeit an der Tagesordnung. Innerhalb von mehr als nur zweieinhalb Jahren verlor der Nemax 96 Prozent seines Wertes – dies entsprach einer Geldsumme von etwa 200 Milliarden Euro. Zu dieser Zeit bekam man Aktien der Marktteilnehmer als so genannte Penny-Stocks, welche vor weniger Zeit davor noch um die 100 Euro gehandelt worden waren. Die negative Entwicklung wurde durch folgende Aspekte forciert:
- Kommentare in Anlegerfachzeitschriften
- Falsche Empfehlungen von Börsengurus
- Kaufmotivationen mit persönlichem Eigennutz
- Kursübertreibungen zur Irreführung
- Veröffentlichung manipulierter Messgrößen durch Unternehmen (Verbergen von Verlusten)
Dies alles befeuerte die so genannte Spekulationsblase. Auffällig hohe Börsenwerte von den am Nemax beteiligten Unternehmen ließen aufhorchen – mitunter waren die Werte besser als die großer Industriekonzerne. Die Folge aus diesem Verhalten präsentierte sich in einem rapiden Kursverfall. Eine Neuorientierung der Deutschen Börse sorgte folglich für eine überarbeitete Strukturierung der Segmente am Aktienmarkt. Am 05. Juni 203 fiel der Neue Markt dieser revolutionierenden Umstrukturierung zum Opfer und wurde geschlossen. Sein Nachfolger wurde der TecDAX.
Der TecDAX
Der TecDAX ist der Nachfolger des Nemax 50. Er ist durch die Listung von den nur 30 stärksten Unternehmen der technologischen Branche gekennzeichnet. Seit März 2003 wird das Marktsegment an der Börse nun mittels mehr Transparenz und einigen Sicherheitszertifikaten vor ähnlichen Entwicklungen geschützt. Dabei verblieb der Nemax 50 bis zum Ende des Jahres 2004 bestehen. Diese Parallelität ist mit der Kontinuität im Abwicklungsprozess von Derivaten angesiedelt gewesen. Doch ab 2005 war durch die alleinige Präsenz des TecDAX der Neue Markt abgeschlossen. Die Anzahl der gelisteten Firmen zur Zeit des Höchststandes des Nemax hat sich mittlerweile im TecDAX halbiert.
Hinweis: Der Nachfolger des Nemax Al Share ist der Technology All Share.
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