Ein Notaranderkonto wird auch Anderkonto genannt. Es stellt ein Konto dar, das meist im Namen eines Notars treuhänderisch verwaltet wird. Siehe auch Anderkonto.
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Was ist ein Notaranderkonto?
Ein Notaranderkonto stellt ein Konto dar, das auf einen Notar ausgeschrieben ist. Auch andere Berufsgruppen, die mit der Verwaltung fremder Gelder treuhänderisch beauftragt werden, können ein solches Konto eröffnen. Wichtig ist, dass für die Fremdgeld Verwaltung ein gesondertes Konto besteht, damit diese Gelder vom eigenen Vermögen des Notars getrennt werden können. Die vorzeitige Auszahlung eines Darlehens ist auf ein Notaranderkonto möglich, sollte die Grundschuld noch nicht eingetragen sein. Der Notar verwaltet das Geld treuhänderisch und gibt der Bank die Gewährleistung, dass das Geld bestimmungsgemäß verwendet wird. Dafür erhält der Notar den Treuhandauftrag. Notwendig wird eine vorzeitige Auszahlung zur Zahlung des Kaufpreises, da vorher auch keine Grundschuld im Grundbuch eingetragen werden kann.
Ein Notaranderkonto ist ein Treuhandkonto, über das der Notar die Gelder seiner Mandanten getrennt von dem Kanzleivermögen aufbewahrt. Am häufigsten wird das Notaranderkonto bei der Veräußerung von Immobilien eingesetzt.
Beim Kauf einer Immobilie hinterlegt der Käufer die im notariellen Kaufvertrag vereinbarte Kaufsumme auf dem Notaranderkonto. Viele Immobilienkäufer, die sich mit dieser Materie nicht auskennen, sind der Meinung, dass dieser Umweg über das Konto des Notars mit zu hohen Kosten und einem zu großen Zeitverlust hinsichtlich der Abwicklung des Kaufvertrages verbunden ist. Richtig ist, dass für die Hinterlegung des Kaufpreises auf das Notaranderkonto Gebühren fällig werden, die sich nach der Höhe des Kaufpreises richten. Bei einem Kaufpreis in Höhe von 250.000 Euro werden zum Beispiel Hinterlegungsgebühren in Höhe von 790 Euro zuzüglich Mehrwertsteuer fällig. Dieser Betrag ist nicht gerade gering, wenn man bedenkt, dass bei der direkten Überweisung des Kaufpreises auf das Konto des Verkäufers keine Gebühren anfallen.
Das Notaranderkonto erfüllt jedoch eine Sicherungsfunktion, denn bei der Abwicklung des Kaufvertrages können sich Probleme ergeben. Bis die einzelnen vertraglichen Obliegenheiten erledigt sind und die Eigentumsübertragung im Grundbuch vollzogen ist, können durchaus mehrere Wochen vergehen. Obwohl dieser Fall wohl eher selten vorkommt, kann es auch passieren, dass der Käufer den vereinbarten Kaufpreis an den Verkäufer zahlt, dieser sich jedoch anschließend weigert, das Eigentum an der Immobilie zu übertragen. Mit der Hinterlegung des Kaufpreises auf das Notaranderkonto schützt sich der Käufer vor unangenehmen Überraschungen.
Umgekehrt kann es auch passieren, dass der Käufer sich trotz Eigentumsübertragung weigert, den Kaufpreis zu zahlen. Ein Notaranderkonto schützt die Parteien vor der Erbringung von ungesicherten Vorfälligkeitsleistungen. Die Auszahlung des Kaufpreises an den Verkäufer, den die Fachsprache als Auskehrung bezeichnet, erfolgt erst in dem Moment, wo bestimmte Baufortschritte (beim Neubau) erreicht sind, Vorbelastungen gelöscht und eine Vormerkung für den Käufer im Grundbuch eingetragen ist.
Sicherungsinteresse
Seit der Gesetzesnovellierung im Jahr 1998 kommt das Notaranderkonto jedoch nur noch dann zum Einsatz, wenn ein besonderes Sicherungsinteresse (§ 52 BeurkG) der Parteien vorliegt. Allerdings hat der Gesetzgeber nicht festgelegt, wie dieses Sicherungsinteresse im Einzelfall zu definieren ist. Der Notar hat vor der Abwicklung des Kaufvertrages festzustellen, ob das vom Gesetzgeber geforderte Sicherungsinteresse vorliegt oder nicht.
Fälle, in denen ein Sicherungsinteresse vorliegt
In der Rechtspraxis haben sich jedoch typische Konstellationen herauskristallisiert, bei denen ein Sicherungsinteresse vorliegt. Normalerweise wird das Kaufobjekt erst dann an den Käufer übergeben, wenn alle vertraglichen Fälligkeitsvoraussetzungen vorliegen. Entscheiden sich die Parteien jedoch für eine vorzeitige Übergabe des Kaufobjektes an den Käufer vor der Erfüllung aller vertraglichen Verpflichtungen, liegt ein Sicherungsinteresse vor und der Kaufpreis ist auf das Notaranderkonto zu überweisen.
Häufig finanzieren Käufer den Kaufpreis über mehrere Kreditgeber, die eine Sicherungsverwahrung über das Notaranderkonto ausdrücklich im Kreditvertrag fordern. Ist das Kaufobjekt mit Grundpfandrechten zugunsten Dritter belastet ist, deren Wert den Kaufpreis übersteigt, kommt die Hinterlegung des Kaufpreises auf dem Notaranderkonto gleichfalls zum Tragen. Denn in diesem Fall sind die Verbindlichkeiten des Verkäufers gegenüber den eigenen Kreditgebern, zu deren Gunsten die Grundpfandrechte eingetragen wurden, höher als der Kaufpreis. In diesem Fall würden die Grundpfandrechte zugunsten der Kreditgeber über die restliche, noch nicht zurückgezahlte Summe im Grundbuch bestehen bleiben. Die Gläubiger senden dem Notar die entsprechenden Löschungsbewilligungen. Diese beinhalten die Treuhandauflage, die entsprechenden Löschungen erst dann vorzunehmen, wenn der Kaufpreis gezahlt wurde. Erst, wenn der Verkäufer diese Grundpfandrechte komplett abgelöst hat und diese aus dem Grundbuch gelöscht werden, stellt der Notar den Kaufpreis fällig. Gleichzeitig erfolgt eine Vormerkung im Grundbuch im Namen des Käufers.
Unsicher ist die Kaufpreiszahlung auch, wenn ausländische Personen an dem Kaufvertrag beteiligt sind, die ihren Wohnsitz nicht in Deutschland haben. Bei juristischen Personen aus dem Ausland kann es zudem passieren, dass am Anfang die Vertretungsverhältnisse noch nicht ausreichend geklärt sind. Auch in diesem Fall ist die Zahlung des Kaufpreises auf ein Notaranderkonto die einzig sichere Alternative.
Tritt ein Insolvenzverwalter oder Testamentsvollstrecker als Verkäufer der Immobilie auf, erfolgt die Zahlung des Kaufpreises generell über ein Notaranderkonto.
Direktzahlungsmodell
Im Regelfall verläuft die Abwicklung des Kaufvertrages jedoch ohne Komplikationen. Die Zahlung des Kaufpreises erfolgt auf der Grundlage des sogenannten Direktzahlungsmodells. Auch in diesem Fall müssen die Vertragsparteien jedoch nicht auf Sicherheiten verzichten. Aufgabe des Notars ist es, beide Parteien vor ungesicherten Vorfälligkeitsleistungen zu schützen. Erst wenn für den Erwerber eine Vormerkung im Grundbuch des Kaufobjektes eingetragen wird und alle privaten und behördlichen Genehmigungen vorliegen, wird der Kaufpreis fällig. Diese Vormerkung verschafft dem Käufer das Recht auf Eigentumsübertragung. Auf diese Weise wird der Verkäufer vor einer zu frühen Übertragung des Eigentums geschützt und der Käufer vor einer zu frühen Zahlung des Kaufpreises.
Der Notar stellt den Kaufpreis fällig, wenn ihm alle zur Abwicklung des Kaufvertrages notwendigen Unterlagen vorliegen. Nachdem der Notar die Vertragsparteien entsprechend informiert hat, zahlt der Käufer den Kaufpreis innerhalb einer angegebenen Frist. Der Verkäufer informiert den Notar über den Zahlungseingang. Im Fall abzulösender Grundpfandrechte informiert der Verkäufer den Notar über die Ablösung. Die Gläubiger teilen dem Notar den Eingang der Ablösesumme mit. Anschließend macht der Notar von den zuvor erteilten Löschungsbewilligungen Gebrauch. Die Grundpfandrechte im Grundbuch werden gelöscht und der neue Eigentümer eingetragen.
Fazit
Ein Wahlrecht der Parteien besteht nicht. Eine freiwillige Kaufpreiszahlung über das Notaranderkonto ist nicht möglich, da das Direktzahlungsmodell vom Gesetzgeber vorgeschrieben ist. Das Notaranderkonto kommt ausschließlich im Fall eines vorliegenden Sicherungsinteresses zum Einsatz. Daher ist das Direktzahlungsmodell die gesetzlich vorgeschriebene und sichere Zahlweise. Der Notar stellt den Kaufpreis erst fällig, wenn alle privaten und behördlichen Genehmigungen vorliegen, Grundpfandrechte gelöscht, die entsprechenden Löschungsbewilligungen vorliegen und eine Auflassungsvormerkung für den Käufer im Grundbuch eingetragen wurde. Mit dieser gesetzlich vorgeschriebenen Abwicklung des notariellen Kaufvertrages schützt der Notar die Interessen beider Parteien. Die Erbringung nicht gesicherter Vorfälligkeitsleistungen wird so verhindert.
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