Das Wort Bilanz stammt aus dem Italienischen und bedeutet Waage. In ihr werden Kapital und seine Verwendung eines Unternehmens in Form einer kurzgefaßten Gegenüberstellung erläutert.
Eine Form der außerordentlichen Bilanz stellt die Abfindungsbilanz dar, die zur Erfassung der Vermögens- und Schuldenanteile eines Unternehmens erfolgt und die Grundlage für eine Abfindung bildet. Andere Bezeichnungen hierfür sind Absicherungsbilanz oder Vermögensbilanz.
Sie ist zwingend beim Ausscheiden eines oder mehrerer Gesellschafter aus einer Unternhemung vorgeschrieben, wobei als Stichtag der Tag des Ausscheidens festgelegt ist. Die Abfindungsbilanz ist von allen Gesellschaftern zu erstellen, der Ausscheidende hat ein Mitwirkungsrecht, von dem er aber nicht notwendigerweise Gebrauch machen muß. Auf ihrer Grundlage wird festgelegt, welche einmalige Leistung zur Abgeltung des Rechtsanspruchs (hier Aufgabe des Gesellschafteranteils) gezahlt wird.
Inhalt
Abfindungsbilanz in der GbR
Für Existenzgründer bietet es sich oft an, eine GbR (Gesellschaft des bürgerlichen Rechts) zu gründen, da diese Form der Gesellschaft vergleichsweise einfach zu gründen ist. Es sind weit weniger Hürden zu überwinden als beispielsweise bei der GmbH. Die GbR muss auch nicht ins Handelsregister eingetragen werden. Diese Gesellschaftsform wird gern von Gesellschaften von Freiberuflern gewählt, z.B. von Ärzten in der Gemeinschaftspraxis, Anwälten in der Gemeinschaftskanzlei usw. Die Führung des Unternehmens kann flexibel gestaltet werden und eine GbR genießt meist gute Kreditwürdigkeit, dass jeder der Gesellschafter mit seinem gesamten Privatvermögen hier voll in Haftung tritt. Für die Gründung der GbR wird keine Mindesteinlage gefordert und sie unterliegt nicht der Bilanzierungspflicht. Dennoch ist beim Ausscheiden eines Gesellschafters aus der GbR eine Abfindungsbilanz zu stellen. Diese besondere Form der Bilanz berührt nicht die allgemeine Erlassung der üblichen Bilanzierung dieser Gesellschaft. Hier geht es um die genaue Ermittlung und Darstellung der Anteile des ausscheidenden Gesellschafters und ihrer Entwicklung während der Geschäftstätigkeit.
Nicht zuletzt hinsichtlich der Möglichkeit, dass im Laufe der Zeit Gesellschafter die GbR verlassen möchten, sollte die Gründung, einschließlich aller wichtigen Bedingungen, schriftlich festgelegt werden. Bestandteile dieses Vertrags sollten u.a. auch der Wechsel von Gesellschaftern, bzw. ihr Ausscheiden, und die Gewinnanteile der Gesellschafter sein. Je klarer von vornherein solche wichtigen Punkte formuliert werden, desto einfacher wird sich die Gestaltung der Abfindung im Falle des Ausscheidens von Gesellschaftern abwickeln lassen.
Jeder Gesellschafter beteiligt sich in bestimmter Form an der GbR. Die Gesellschafter bringen bestimmte Anteile zur Gründung mit und gehen Verpflichtungen ein. Im Laufe der Tätigkeit der Gesellschaft ist jeder der Gesellschafter am geschäftlichen Erfolg oder Misserfolg beteiligt. Eingebrachtes Kapital wird häufig schon im Zuge der Gründung vielfach in Sachwerte investiert, in dem beispielsweise die passende Immobilie gekauft oder gemietet, eine Gemeinschaftspraxis eingerichtet wird, technische Ausstattungen installiert werden usw. Gewöhnlich werden solche Investitionen noch zusätzlich mit Fremdgeldern, sprich Krediten, finanziert. Scheidet ein Gesellschafter aus, wird es nicht möglich sein, ihm den kompletten Gegenwert seiner Geld- und Sachwerteinlagen zurückzuerstatten. Eine gängige Praxis ist, dass die dem Gesellschafter zustehende Abfindung sich an den Realwerten zum Zeitpunkt seines Ausscheidens orientiert. Das Recht auf eine entsprechende Abfindung regelt & 738 Abs.1 S. 2 BGB. Für Partnergesellschaften gelten die §§ 738bs. 1 S. 2 BGB und 1 Abs. 4 PartGG (Gesetz über Partnerschaftsgesellschaften Angehöriger Freier Berufe). Gesetzlich festgelegt ist, dass ein ausscheidender Gesellschafter bzw. Partner in Höhe des Verkehrswertes seiner Anteile abzufinden. Dabei müssen auch die stillen Reserven mit angerechnet werden. Die Abfindungsbilanz muss somit diese Berechnungen verdeutlichen.
Abfindungsklauseln im Gesellschaftsvertrag
Insbesondere bei Gesellschaften von Freiberuflern, wie beispielsweise Ärzten, kann das Ausscheiden von Gesellschaftern sich schwierig gestalten. Eine gute Wahl der Abfindungsklauseln gibt Sicherheit für den Gesellschaftsbestand. Grundlage der Ermittlung von realen Anteilswerten eines einzelnen Gesellschafters ist gewöhnlich das Ertragsverfahren. Die Basis hierfür liefert eine Festlegung vom Institut für Wirtschaftsprüfer, der IDW Standard S 1. Darüber hinaus gibt es auch noch Festlegungen seitens der Berufsgenossenschaften für Ermittlung eines jeweiligen Anteils. Bei diesen Festlegungen handelt es sich um allgemeine Grundlagen. Konkretisieren sollte die einzelne Gesellschaft mit den beschlossenen Abfindungsklauseln im individuellen Gesellschaftsvertrag.
- Wichtig ist, dass das Ausscheiden eines einzelnen Gesellschafters nicht den Bestand der ganzen Gesellschaft gefährdet oder deren wirtschaftliche Entwicklung sehr langfristig hemmt, weil durch die Abfindung ein zu großer materieller Schaden eintritt.
- Die Klauseln sollen weiterhin verhindern, dass es durch die Ermittlung der Anteil des ausscheidenden Gesellschafters zu Rechtsstreitigkeiten und Rechtsuntersicherheiten kommt, die sich über Jahre hinziehen können.
- Das Ausscheiden des Gesellschafters kann an einen bestimmten Rahmen gebunden werden, sodass er beispielsweise keine umfangreichen Klientelstämme der Gesellschaft entziehen kann.
Eine sehr häufig in solchen Verträgen zu findende Klausel ist die Buchwertklausel. Sie legt fest, dass ein Gesellschafter bei seinem Ausscheiden lediglich mit dem Buchwert seiner Anteile abzufinden ist. Anteile am gesamten Wert der Einrichtung der Gesellschaft (Praxis, Kanzlei …) und Anteile an den stillen Reserven werden nicht berücksichtigt. Die Buchwertklausel wirkt damit Streitigkeiten um die Art der Ermittlung der Anteile und der Abfindung entgegen. Die Gesellschaft wird nicht in ihrer Substanz durch die Abfindung gefährdet.
Diese Klausel kann bei bestimmten Gesellschaften auch Nachteile haben. Oft ist ein sehr hohes Anlagevermögen vorhanden, beispielsweise bei hochwertigen technisch-diagnostischen Einrichtungen einer Facharztpraxis. Der Ausschluss der stillen Reserven erlaubt dem ausscheidenden Gesellschafter jedoch nicht, dass Anteile des Anlagevermögens in die in der Abfindungsbilanz dargestellten Anteile eingehen.
Als Alternative kann die Substanzklausel für die Ermittlung der Abfindung gewählt werden. Bei dieser Klausel ergibt sich das Guthaben für die Abfindung aus der Summe der Konten, die für den betreffenden Gesellschafter geführt werden, aus dem jeweiligen Anteil an freien Rücklagen sowie der dem Vermögen laut Abfindungsbilanz und Reinvermögen. Bemessen wird immer nach dem Tag des Ausscheidens des Gesellschafters.
Es gibt noch eine dritte gängige Art von Abfindungsklausel: Die Ertragswertklausel. Eine Klausel dieser Form kommt sehr häufig zur Anwendung, wenn Gesellschaftspartner aus Altersgründen ausscheiden, um in den Ruhestand zu gehen. Diese Klausel bezieht den Praxiswert ein. Berechnet werden zukünftige Erträge der drei Folgejahre. Geltend gemacht wird dafür der durchschnittliche Gewinn der vergangenen drei Geschäftsjahre abzüglich der Steuer-Sonderabschreibungen.
Da gerade bei Gemeinschaften von Freiberuflern häufig das Problem der Mitnahme von Klienten durch den Ausscheidenden problematisch zu handhaben ist, empfiehlt sich ergänzend die Einfügung einer Anrechnungsklausel. Diese Klausel besagt, dass bei der Abfindung die Mitnahme von Klienten angerechnet werden. Damit werden überdimensionale Abfindungen verhindert, die materielle Anteile sowie die mitgenommenen Klienten enthalten, was eine meist zu hohe Belastung für die Gesellschaft wäre.
« Zurück zum Wiki Index