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Etymologie des Begriffs
Der Begriff Crowdfunding leitet sich aus dem Englischen her von crowd für Menschenhaufen. Vermutlich wurde dieser bewusst statt des alternativen Begriffs heap gewählt, weil er Anspielungen auf den amerikanischen Spitznamen der Deutschen während der Kriegstage ermöglicht. Funding leitet sich von den Worten für fördernbzw. finanzieren ab und bedeutet Mittelbeschaffung. Der zusammengesetzte Wortkomplex wird als Ganzes auch als Gruppenfinanzierung oder Schwarmfinanzierung übersetzt. Ähnliche Begriffe sind Fundraising oder Crowdsourcing.
Alle für einen, einer für alle
Es handelt sich um eine planvolle Art der Beschaffung von Geldmitteln für Gründungswillige ohne ausreichendes Eigenkapital. Sie dient dazu, Ideen zu verwirklichen, Projekte zu stemmen und Produkte zu fertigen. Gewissermaßen bildet Crowdfunding eine Synergie aus den Ideen des Kommunismus und den Realitäten des Kapitalismus mit den Mitteln der Demokratie. Die Crowdfunding-Plattform Indiegogo etwa entstand, weil die Wall-Street-Analystin Dana Ringelmann die Finanzierung von Kulturprojekten auf mehreren Schultern verteilen wollte. Sie hob bei ihrer Bank JPMorgan Geld ab, als ein Filmemacher sie bat, sein Filmvorhaben zu fördern. Sie hatte sich bereits als Koproduzentin einer Lesung engagiert.
Bei einem Crowdfunding treten viele Einzelpersonen gemeinsam mit ihrem Beitrag an die Stelle eines einzelnen Gönners. Weil sich das Kapital nicht in der Hand eines Geldgebers bündelt, sondern jeder Geldgeber nur einen Teil beisteuert, wird diese Methode der Finanzierung auch Mezzanine genannt, falls es sich um eine Mischung aus Eigen- und Fremdkapital handelt. Der Begriff stammt aus dem Italienischen und bedeutet halb. Durch Einlagen in das Vermögen eines anderen Gewerbetreibenden werden die Teilhaber zu stillen Gesellschaftern. Als Gegenleistung für das partiarische Darlehen erhalten sie kleine Aufmerksamkeiten wie Geschenke, Namensnennungen oder persönliche Einladungen und bevorzugte Behandlung. Bei dem crowd-finanzierten Independent-Film Hatschi Madame – Sorry Monsieur konnte beispielsweise durch den Erwerbs eines Eintrittstickets eine ehrenvolle persönliche Erwähnung im Abspann erworben werden. Wenn das Entgelt aus einem Anteil am Gewinn eines Handelsgewerbes besteht, spricht man evtl. nicht mehr von Crowdfunding, sondern eher von Crowdinvesting, wobei die begrifflichen Grenzen verschwimmen, falls nicht klar differenziert wird.
Weil eine crowd-geförderte Handlung von vielen Menschen wahrgenommen und als wichtig empfunden wird, tritt sie in Berichten auch unter der Bezeichnung Aktion auf. Um eine große Anzahl von Menschen anzusprechen, kommen die Startup-Gründer meist nicht umhin, sich der Strukturen des World Wide Webs zu bedienen. Daher finden sich unter den Geldgebern zumeist Internetnutzer und die Generierung des Kapitals findet oft online statt. Hier tummeln sich private Personen, die vor allem eines mitbringen: Kapazitäten, die sich umgehend in Interesse wandeln können. Woraus sich die Bereitschaft ergibt, Geld zu investieren. Auf Plattformen werben angehende Gründer für ihr Projekt und konkurrieren mit anderen um die Sympathie des Publikums.
Plattformen Kickstarter und Startnext
Neben Indiegogo gilt Kickstarter als Pionier auf dem Gebiet der Schwarmfinanzierung. Das Start-up wurde 2009 in Brooklyn gegründet, um Erfindern und Künstlern in den Vereinigten Staaten, dem Vereinigten Königreich, Kanada und Deutschland für Filme, Musikauskopplungen, journalistische Dokumentationen und diverse andere kreative Projekte z.b. auch mit Bezug zu Nahrungsmitteln, Technik oder Spielen den Draht zu Fans und Unterstützern zu vereinfachen. Zwei der drei erfolgreichsten Finanzierungen hatten eine Smartwatch zum Inhalt. Die über Kickstarter finanzierte Pebble eroberte als erste kommerzielle Smartwatch den Markt. Durch die Kampagne auf der Crowdfunding-Plattform erfuhren sehr viele Menschen von dem Projekt. 85.000 gaben im Rausch des medialen Spektakels eine Vorbestellung auf. Das Finanzierungsziel von 100.000 Dollar wurde bei der zweiten Kampagne 2012 binnen zwei Stunden erreicht. 2 Millionen US-Dollar brauchten die Regisseure des Films Veronica Mars für die Umsetzung ihres Vorhabens, nachdem das Filmstudio Warner Bros. eine Finanzierung abgelehnt hatte. Innerhalb eines Tages gaben genug Fans ihr Geld in den Topf und es wurde immer mehr. Letztendlich stieg Warner Bros. aufgrund der überwältigenden Unterstützung doch noch ein und der Film brach einige Rekorde.
Auch der Markt für Crowdfunding in Deutschland boomt. Die 2010 in Dresden ins Leben gerufene Plattform Startnext funktioniert mit festen Finanzierungszielen und auswählbaren Gegenleistungen in Form von kleinen Dankeschöns. Der gesammelte Geldbetrag wird einbehalten, sofern die Ziellinie nicht erreicht wird. Stand November 2017 zählte die von der Politikern Andrea Nahles unterstützte Plattform 5387 erfolgreiche Projekte vor allem in den Bereichen Bildung, Wissenschaft, Musik und Film.
Fundraising in Pre-Internet-Zeiten
Bevor es möglich war, vom persönlichen Computer aus einen Aufruf zu starten, der von Milliarden Internetnutzern angesehen werden kann und mit etwas Geschick tatsächlich von Millionen gesehen wird, hielt sich die Reichweite der vergleichbaren Medien Rundfunk, Telefon und Fernsehen in Grenzen. Spendengalas und Charity-Events funktionieren ähnlich, beschränken sich aber meist auf Mitleid als Motivation. Das Prinzip der Gewinnbeteiligung wird im karitativen Bereich vielleicht noch am ehesten bei einer langjährigen Patenschaft an einem Heranwachsenden erfüllt.
Erfindung des Begriffs
So jung wie das World Wide Web ist, so neu ist auch das Crowdfunding in seiner jetzigen online-basierten Form. Durch die Möglichkeiten von Kreditkartenzahlung, Lastschriftverfahren und Micropayment öffneten sich durch die digitale Revolution neben den Werbekanälen auch die Zahlungswege. Gruppenfinanzierungen gab es historisch gesehen schon immer. Der Sockel, welcher die Basis für die Freiheitsstatue bildet, wurde von 160.000 einzelnen Spenden finanziert, um nur ein Beispiel zu nennen. Der US-amerikanische Journalist Jeff Howe prägte den Vorgängerbegriff Crowdsourcing in einem Artikel für die Zeitschrift Wire. Das Jahr 2006 gilt allgemein als Geburtsstunde mit weitreichenden Folgewirkungen. 2009 fasste der Autor seine gesammelten Erkenntnisse im Werk Why the Power of the Crowd Is Driving the Future of Business zusammen. Vier Jahre später beleuchtete der Linguistiker Anatol Stefanowitsch die Eindeutschung des Begriffs. Eine Jury um den Berliner Sprachwissenschaftler kürte das Wort sogar zum Anglizismus des Jahres 2012. Die Frage stand im Raum, ob die alternative Finanzierungsmethode nicht auch mit einem deutschen Wort eingefangen werden könne. Die Experten kamen zu dem Ergebnis, dass sich die Verortung im internationalen Digitalraum in einem Wort wie Gruppenfinanzierungnicht widerspiegeln würde.
Als Varianten werden folgende vier Arten unterschieden:
- Donation
- Reward
- Lending
- Equity