Das Anrechnungsverfahren war von 1977 bis zum Jahr 2000 ein gültiges Körperschaftssteuersystem. Im Zuge der Steuerreform im Jahr 2000 wurde dieses Verfahren vom Halbeinkünfteverfahren abgelöst. Eine nochmalige Änderung gab es im Jahr 2008 mit der Ersetzung des Halbeinkünfteverfahrens durch die Abgeltungssteuer von 25 %. Für Betriebe trat eine Reduzierung der steuerfreien Beträge auf 40 % in Kraft.
Inhalt
Anrechnungsverfahren – Inhalte und Notwendigkeit der Reform
Das Anrechnungsverfahren ging davon aus, eine Mehrfachbesteuerung der Einkünfte von Körperschaften zu beseitigen. Festgelegt wurde die Besteuerung der Gewinnanteile von Anteilseignern über den Einkommenssteuersatz. Vormalige Steuerregelungen wurden durch das Vollanrechnungsverfahren mit einem gespaltenen Steuersatz ersetzt. Umreißen lassen sich die bedeutsamsten Inhalte des Anrechnungsverfahrens mit folgenden Auswirkungen:
Senkung des Steuersatzes auf 40 % (vormals 56 mit laufenden Reduzierungen auf 50 %, folgend auf 45 %).
Auf Gesellschaftsebene betrug die Ausschüttungsbelastung vor Körperschaftssteuer die Reduzierung auf 30 % (vormals 36 %)
Bei den Anteilseignern wurde die Ausschüttungsbelastung auf die Einkommenssteuer angerechnet. In der Praxis kam es dadurch zu einer Rückzahlung der Körperschaftssteuer einer Gesellschaft seitens der Finanzämter an die Anteilseigner, sofern eine Gewinnausschüttung vorgenommen wurde.
Auf die Bardividende der Anteilseigner wurde allerdings jeweils noch eine Kapitalertragssteuer einbehalten. Im Zuge der Veranlagung wurde diese wiederum bei den Finanzämtern angerechnet.
Nur wenn keine Gewinnausschüttung stattfand, konnten steuerliche Stundungen und Ermäßigungen greifen.
Allerdings hatte dieses Körperschaftssteuersystem einige Nachteile. Die gesamte Gesetzgebung berücksichtigte ausschließlich die Verhältnisse innerhalb von Deutschland. Ausländische Körperschaftssteuern der Anteilseigner wurden nicht auf die Einkommenssteuer angerechnet. Die Besteuerung der ausländischen Anteilseigner im jeweiligen Land fand keine Berücksichtigung. Ebensolche Probleme ergaben sich, wenn deutsche Aktionäre Anteile an einem im Ausland ansässigen Unternehmen hatten. Diese Lücken waren besonders offensichtlich hinsichtlich der Verknüpfungen innerhalb der EU. Nicht zuletzt meldete auch die Europäische Gerichtshof (EuGH) grundsätzliche Bedenken an. Mit der Reform dieser Steuergesetzgebung wurde letztlich europarechtlich entstandenen Problemen Rechnung getragen.
Damit sind ausländische Anteilseigner nicht anrechnungsberechtigt, wenn es sich nicht um Anteile an einer in Deutschland ansässigen Betriebsstätte handelt. Nicht anrechnungsfähig sind weiterhin Körperschaften des öffentlichen Rechts, die keinerlei Anteile an gewerblich tätigen Betrieben halten. Weiterhin sind Körperschaften nicht anrechnungsfähig, wenn sie aus bestimmten Gründen von der Steuer befreit sind. Als anrechnungsfähig dagegen gelten solche Aktionäre, die Anteile von deutschen Unternehmen hielten, die in Deutschland der Besteuerung unterliegen. Einige Fragen auf der europarechtlichen Ebene sind bis heute noch nicht endgültig abschließend geklärt.
Die derzeitige Besteuerung von Dividenden
Zahlungen von Dividenden an private Anteilseigner gelten als Einkünfte aus Kapitalvermögen und unterliegen der Abgeltungssteuer, sofern diese Einkünfte den Sparerpauschbetrag (derzeit 801 Euro) übersteigen. Der Sparerpauschbetrag wird angerechnet, wenn vom privaten Anteilseigner beim Finanzamt ein entsprechender Freistellungsauftrag beantragt wird. Auf der Unternehmensseite findet bereits eine Versteuerung statt: Werden von einer AG Dividenden ausgeschüttet, werden diese mit 30 % voll versteuert.
Besteuerung von Aktiengesellschaften
Eine Aktiengesellschaft unterliegt der Umsatzsteuer, Körperschaftssteuer, Kapitalertragssteuer, der Gewerbesteuer und dem Solidaritätszuschlag. Bei der Körperschaftssteuer der AG gilt das Trennungsprinzip. Danach wird zwischen der Besteuerung der Unternehmensgewinne und der Steuererhebung für die Dividenden der Aktionäre eine Unterscheidung vorgenommen. Dividendengewinne der Aktionäre unterliegen nach § 7 Abs. 3 KStG der Einkommenssteuer, sofern es sich um natürliche Personen im rechtlichen Sinne handelt. Die Körperschaftssteuer wird erhoben, wenn der Anteilseigner eine Kapitalgesellschaft ist.
Aufteilung der Besteuerung je Kalenderjahr: 15 % Körperschaftssteuersatz, 5,5 % Solidaritätszuschlag. Gesetzliche Bemessungsgrundlage für das steuerpflichtige Einkommen ist § 7 Abs. 1 KStG, § 8 Abs.1 KStG, die Steuerbilanz.
Grundsätzlich gilt eine AG als Gewerbeunternehmen. Laut § 2 Abs. 1 GewStG wird daher für die Gewinne einer AG die Gewerbesteuer erhoben. Berechnet wird der Gewerbeertrag einer AG auf den Grundlagen vom EStG bezw. KStG. Hinzurechnungen sind vorzunehmen nach § 8 GewStG. Für Minderungen gelten die Grundlagen von § 9 GewStG und § 7 Abs. 1 GewStG. Die Umsatzsteuer wird für eine AG voll gültig.
Die nächste große Steuereinheit für die AG ist die Kapitalertragssteuer. Von den auszuschüttenden Dividenden muss die AG bereits eine Kapitalertragssteuer von 25 % plus 5,5, % Solidaritätszuschlag einbehalten. Es besteht allerdings auch die Möglichkeit, dass private Anteilseigner auf Antrag ihre vollständige Dividende in die Veranlagung der Einkommenssteuer einbeziehen. Handelt es sich bei dem Anteilseigner um eine weitere Kapitalgesellschaft, gelten die Veräußerungsgewinne und Ausschüttungen der Anteile an Kapitalgesellschaften als steuerfrei auf der Grundlage von § 8b KStG.
Dividenden und ausländische Broker
Für Aktionäre in Deutschland gilt es, über die Besteuerung von Wertpapieren Bescheid zu wissen, die sie im europäischen Ausland halten. Es ist wesentlich, ob es zu einer Nachversteuerung kommen kann oder ob auf der Grundlage des Doppelbesteuerungsabkommens eine Gutschrift von Steuern erfolgen kann. In den verschiedenen europäischen Ländern gelten unterschiedliche Steuergesetze, sowohl innerhalb der EU wie bei europäischen Ländern, die nicht der EU angehören. Mit hohen Rückerstattungen von Steuern auf Dividenden können Anleger rechnen, die in der Schweiz ihr Depot halten. Dort gilt eine Quellensteuer von insgesamt 35 %. Das bedeutet eine erhebliche Differenz zur deutschen Besteuerung. Zu hohen Nachzahlungen kommt es auf Erträge auf Dividenden, wenn sich das Depot in Malta oder in Griechenland befindet. Da in diesen Ländern keine Quellensteuer erhoben wird, gilt es in Deutschland den vollen Steuersatz der Abgeltungssteurer zu entrichten.
In den meisten Ländern wird allerdings grundsätzlich in einer bestimmten Höhe eine Quellensteuer erhoben. Das heißt, die Dividende wird erst einmal direkt an der Quelle, also in dem jeweiligen Land nach dortiger Steuergesetzgebung versteuert. Bei Quellensteuer im Ausland auf Dividende in einer Höhe von bis zu 15 % werden die Steuern bereits automatisch angerechnet. In Deutschland wird also automatisch eine Steuer für die Differenz zum hiesigen Steuersatz von 25 % berechnet, zuzüglich Solidaritätszuschlag und eventuell der Erhebung für die Kirchensteuer. Schwieriger gestaltet es sich, wenn die Quellensteuer in einem Land die 15 % überschreitet. Für die jeweiligen Länder gelten hier verschiedene Fahrer für die Anrechnungen und die Rückholung. Dabei kann sich die Rückholung als sehr zeitaufwendig erweisen und auch einen hohen bürokratischen Aufwand mit sich bringen. Keinerlei Probleme bereiten Einkünfte aus Dividenden für Aktien, wenn diese die Höhe vom Sparerpauschbetrag nicht überschreiten. In dem Fall gilt für den Kleinaktionär die Steuerfreiheit.
Mit Ablösung der vormaligen Formen der Anrechnungsverfahren wurde die Steuergesetzgebung in Deutschland durch die Einführung der Abgeltungssteuer in vieler Hinsicht vereinfacht und übersichtlicher gemacht.
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