Das Auftragsstimmrecht berechtigt einen Aktionär, einen Dritten zu beauftragen, auf der Hauptversammlung der AG, deren Aktien er hält, für ihn das Stimmrecht wahrzunehmen. Das eigene Stimmrecht auf einer Hauptversammlung kann auf eine Bank, einen Notar, Anwalt, den Steuerberater, an Unternehmensberater und weitere Personen übertreten werden. Gesprochen wird auch vom Depotstimmrecht, da in sehr vielen Fällen der eigenen Depotbank das Stimmrecht übertragen wird.
Inhalt
Stimmrecht auf der Hauptversammlung
Die Hauptversammlung der Aktionäre einer AG (Aktiengesellschaft) bzw. auch der KGaA (Kommanditgesellschaft auf Aktien) ist ein gesetzliches Organ. Die gesetzliche Grundlage bilden die §§118–128, 285 AktG. Grundsätzlich hat jeder Anteilseigner das Recht, an der Hauptversammlung teilzunehmen. Die Teilnehmer an der Hauptversammlung werden schriftlich erfasst. Hauptversammlungen werden regulär einmal im Jahr innerhalb der ersten 8 Monate einberufen. Weiterhin kann eine Hauptversammlung einberufen werden, wenn die wirtschaftliche Lage der AG dies erforderlich macht oder wenn die Aktionäre der Vertretung von mindestens 5 % des Grundkapitals einen begründeten Antrag auf Einberufung der Hauptversammlung stellen.
Auf der Hauptversammlung werden wichtige Entscheidungen für die AG gefällt. Dazu gehören beispielsweise die Bestellung vom Aufsichtsrat, die Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat, die Gewinnverwendung der AG, Kapitalbeschaffung oder Kapitalherabsetzung, Änderungen der Satzung und mehr. Mit ihrem Stimmrecht auf der Hauptversammlung üben die Aktionäre entscheidenden Einfluss aus.
Allerdings hat nicht jeder Aktionär Zeit und ausreichende wirtschaftliche Kenntnisse, um verantwortungsvoll an den Versammlungen teilzunehmen. Kleinaktionäre beauftragen gewöhnlich Ihre Depotbanken. Unternehmen beauftragen Juristen oder Mitarbeiter des Vertrauens mit der Wahrnehmung ihrer Stimmrechte bei der Hauptversammlung. Die meisten Aktionäre halten auch Aktien von mehreren Unternehmen, Kleinanleger sind häufig über Aktienfonds an den verschiedensten AGs beteiligt. Das Auftragsstimmrecht ermöglicht Ihnen die Wahrnehmung ihrer Interessen auf der Hauptversammlung, ohne selbst viele verschiedene Hauptversammlungen zu besuchen.
Da es in sehr vielen Fällen die Banken sind, wird deren Einfluss auf den Hauptversammlungen teilweise kritisch betrachtet. Immerhin üben sie Stimmrechte aus, ohne selbst dafür Kapital eingelegt zu haben. In der Praxis ist jedoch im Durchschnitt der Anteil von Stimmrechtsvertretungen durch bestimmte Banken weniger groß. Oft geht es um nicht mehr als ca. 10 % des Kapitals, das insgesamt auf der Hauptversammlung vertreten ist. Kaum werden aber 50 % Vertretungen für Stimmrechte von Banken erreicht.
Nicht jede Aktie verleiht auch Stimmrecht
Der eigentliche Sinn von Aktien ist, bis auf kleine Einheiten aufgeteilte Unternehmensanteile auf den Markt zu bringen und so dem Unternehmen frisches Kapital zu beschaffen. Wer solche Unternehmensanteile in Form von Aktien in der Hand hat, erhält auch ein Stimmrecht bei der Hauptversammlung der Aktiengesellschaft. Dabei richtet sich das Gewicht des Stimmrechts jeweils nach der Größe der Anteile durch Aktien. Die Hauptrechte im Unternehmen haben die Eigentümer der größten Aktienanteile inne. Das können, aber das müssen nicht die ursprünglichen Besitzer eines Unternehmens vor dem Börsengang sein. Die Eigentumsverhältnisse können sich auch Kraft der großen Aktienpakete verändern, indem durch neue Mehrheiten andere Eigentümer das Unternehmen übernehmen oder maßgeblich die Geschäfte mitbestimmen können. Ein Großteil der Aktien befindet sich allerdings national und international in den Händen von Anlegern mit geringeren Anteilen und in den Händen von schnell agierenden Spekulanten an der Börse, die an den Besitzverhältnissen und Geschäften nicht interessiert, sondern ausschließlich auf Gewinne beim Kauf und Verkauf setzen.
Kleinanleger benötigen zur Beteiligung am Aktienhandel an der Börse ein Depot und einen Broker, der für sie an der Börse fungiert. Die Depots der kleinen und mittleren Anteilseigner befinden sich zumeist bei den Banken. In der Praxis haben weder alle Anteilseigner einer AG ein Interesse an der Teilnahme an der Hauptversammlung noch der Wahrnehmung ihres Stimmrechts. Auch ist es nicht allen Aktienbesitzern möglich, mehrmals jährlich weit entfernt – vielfach in Übersee – stattfindenden Hauptversammlungen zu reisen. Sie beauftragen einfach die Bank, bei der sich ihr Depot befindet, damit, ihr Stimmrecht wahrzunehmen.
So weit, so einfach. Doch nicht immer sind Aktien auch Anteile, die zum Stimmrecht befugen. Ein Stimmrecht in der Hauptversammlung kann nur mit Stammaktien der AG erworben werden. Daneben gibt es auch die Vorzugsaktien, die den Besitzer zwar berechtigen, an der Hauptversammlung teilzunehmen, aber kein Stimmrecht beinhalten.
Stammaktien und Vorzugsaktien
Beide Arten von Aktien zusammen ergeben das Grundkapital der AG.
Stammaktien
- sind Aktien, die zur Teilnahme an Abstimmungen und Wahlen zum Vorstand der AG berechtigen
- Vornehmlich befinden sich die Stammaktien im Besitz von institutionellen Anlegern – solche Anleger sind u.a. Fondgesellschaften, Banken, andere Großunternehmen
- Große Stammaktien-Pakete können maßgeblich auf die AG Einfluss nehmen
- Die Stimmen dieser Aktionäre bestimmen über die Zusammensetzung des Vorstands
- Mit Mehrheitspaketen von Stammaktien kann die Übernahme von AGs vorbereitet werden
Vorzugsaktien
- berechtigen nicht zur Wahrnehmung eines Stimmrechts
- auf die Vorzugsaktien werden höhere Dividenden ausgezahlt – faktischer Ausgleich für das fehlende Stimmrecht
- die Herausgabe von Vorzugsaktien ist bei AGs mit Börsennotierung auf maximal 50 % beschränkt – die übrigen Anteile müssen als Stammaktien gehandelt werden
- Die Vorteile der Vorzugsaktien durch eine höhere Dividende gelten bis zu dem Zeitpunkt, an dem die Vorteilssumme vollständig ausgezahlt ist.
Je nach Marktlage und Marktsituation des Unternehmens können sich die Vorzugsaktien und Stammaktien an der Börse unterschiedlich entwickeln. Gibt es zum Beispiel Bestrebungen, ein Unternehmen durch neue Aktienmehrheiten zu übernehmen, schlägt das Börsenbarometer häufig stark zugunsten der Stammaktien aus. Die Vorzugsaktien können auch höhere Notierungen als die Stammaktien erfahren, wenn Sie beim Börsenhandel besonders aktiv und häufig gehandelt werden. In der Regel notieren allerdings die beiden Arten von Aktien nicht sonderlich gegensätzlich.
Ob es überhaupt ein Stimmrecht gibt, das der Aktienbesitzer, per Auftrag an eine Bank oder andere Bevollmächtigte abgeben kann, hängt davon ab, ob er Stammaktien oder Vorzugsaktien gekauft hat.
Auftragsstimmrecht – Einflussnahme
Über das Auftragsstimmrecht machen sich die wenigsten der kleinen und mittleren Anleger Gedanken. Für ist selbstverständlich die Rendite eine Anlage ganz vordergründig. Insofern sind sie gewiss daran interessiert, das Unternehmen, von denen sie Aktien halt, erfolgreich sind. Allerdings kann auch der schnelle Verkauf von Aktien und das Setzen auf Anteile an anderen Unternehmer sehr vorteilhaft sein. Dem von der Bank oder der Fondgesellschaft ausgeübten Auftragsstimmrecht wird daher von den Anlegern weniger Aufmerksamkeit geschenkt. Sie gehen davon aus, dass die großen Stimmrechtsvertreter im Sinne der Aktionäre handeln.
Große Banken halten allerdings sehr viele Depots von Aktionären und haben dadurch einen großen Einfluss auf die Abstimmungen auf der Hauptversammlung. Daraus können durchaus Ungleichgewichte bei der Einflussnahme auf Unternehmen und den Markt resultieren.
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