Die Cum-Ex-Geschäfte kommen im Aktienbereich zum Einsatz, wenn es um die Dividendenzahlung geht. In der Regel schütten die Unternehmen, die an der Börse notiert sind, einmal im Jahr die Dividenden an die vorhandenen Aktionäre aus. Dadurch werden sie am Gewinn beteiligt und erhalten sozusagen die Belohnung für ihr angelegtes Kapital. Dafür ist immer der Dividendenauszahlungstag der Stichtag. Jeder Anleger, der an diesem Stichtag eine Aktie von dem börsennotierten Unternehmen besitzt bekommt die Dividende auch ausgezahlt. Auf die Dividende muss der Anleger aber auch Kapitalertragssteuer an das Finanzamt zahlen. Zu den Dividenden bekommt jeder Anleger noch eine spezielle Bescheinigung ausgestellt, die immer von der Bank ausgestellt und ausgegeben wird. Diese Bescheinigung ist für die Beteiligten an den Cum-Ex-Geschäften besonders interessant. Die Bescheinigung macht es möglich, dass steuerliche Abzüge verrechnet werden können, die an anderer Stelle aufgetreten sind. Im Grunde werden bei den Cum-Ex-Geschäften Lücken genutzt. Die Aktien, die einen Anspruch auf Dividenden und ohne Anspruch sind werden unter den verschiedenen Beteiligten hin-und hergeschoben. Die Dividenden werden als „Cum“ und die ohne Anspruch als „Ex“ bezeichnet. Das Ziel der Cum-Ex-Geschäfte liegt darin vom Finanzamt mehrere Steuererstattungen zu bekommen. An dem Cum-Ex-Geschäft verdienen zahlreiche Personen von den Banken über Finanzberater, die Anwälte und auch die Notare.
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Das Ziel der Cum-Ex-Geschäfte
Das Ziel der Cum-Ex-Geschäfte ist ganz einfach. Es sollte eine große Verwirrung geschaffen werden, die auch als Dividendenstripping bekannt ist. Die Aktien werden kurz vor dem Stichtag der Dividendenauszahlung hin und her geschoben, so dass das Finanzamt keinen Überblick mehr hat und somit nicht weiß, welche Anleger und Aktionäre am Stichtag überhaupt noch im Besitz von Aktien sind. Durch diese Verwirrung haben die Finanzämter immer mehr Steuererstattungsbescheide ausgestellt als eigentlich notwendig. Somit ist dem Finanzamt viel Geld entgangen, denn es mussten deutlich weniger Steuern gezahlt werden. Das ist natürlich von Vorteil für die Aktionäre.
Die Leerverkäufe und die Cum-Ex-Geschäfte
Bei den Cum-Ex-Geschäften spielen die Leerverkäufe eine sehr entscheidende Rolle. Kurz vor dem Dividendenstichtag werden Wertpapiere einfach leer verkauft. Das bedeutet, die Investoren verkaufen ihre Wertpapiere, die sie eigentlich gar nicht besitzen und kaufen sie danach auf dem Markt. Sollte der Kurs für die Wertpapierverkäufe unter dem aktuellen Verkaufskurs liegen, dann erhalten die Investoren deutliche Gewinne. Das Leergeschäft wird immer vor dem Dividendenstichtag gesetzt, um zu verschleiern, wer wann welche Aktie besessen hat. Allerdings sind Verkäufer und Käufer sich immer einig über den Preis der Wertpapiere und natürlich auch über die Transaktion. Nur der Besitz der einzelnen Aktien wird verschleiert, damit das Finanzamt viele Steuererstattungen auszahlt.
Cum-Ex-Geschäfte über die Ländergrenzen
Die Cum-Ex-Geschäfte können auch über die Ländergrenzen hinweg durchgeführt werden. Die ausgeschütteten Dividenden, die am Stichtag an die ausländischen Investoren ausgezahlt werden, unterliegen auch der Kapitalertragssteuer. Allerdings haben die ausländischen Investoren kein Recht auf eine steuerliche Erstattung. Bei den Cum-Ex-Geschäft mit ausländischen Investoren gibt es einen kleinen Kniff. Die Investoren, die im Ausland ihren Heimatsitz haben und Aktien halten, verkaufen kurz vor dem Dividendenstichtag ihre Anteile an eine Bank, die ihren Sitz in Deutschland hat. Diese Bank bekommt zum Stichtag die Dividenden ausgezahlt und zugleich eine Bescheinigung für die Steuererstattung vom Finanzamt. Nachdem die Steuerbescheinigung ausgestellt ist, fallen die Aktien sofort wieder in den Besitz des ausländischen Investors und das gilt auch für die Steuererstattung. Für den Aufwand, den die Bank mit dem Prozess hat, bekommt sie eine Bearbeitungsgebühr. Allerdings unterliegt die Bank auch einem sehr hohen Risiko, denn da der ausländische Investor nicht dem deutschen Steuerrecht unterliegt, trägt die Bank das komplette Risiko einer möglichen Steuernachforderung. Das ist der Haken bei den länderübergreifenden Cum-Ex-Geschäften.
Der Schaden durch Cum-Ex-Geschäfte
Das Recherchezentrum „Correctiv“ hat ermittelt, dass bei den Cum-Ex-Geschäften ein immens großer Schaden entsteht, der in ganz Europa bei um die 55 Milliarden Euro liegt. Allein den deutschen Finanzämtern sind zwischen den Jahren 2001 und 2016 mehr als 31 Milliarden Euro an Steuergeldern entgangen. Das hat die Universität Mannheim herausgefunden. Aus dem Grund wurde 2012 der Prozess mit den Cum-Ex-Geschäften der Hahn zugedreht. Während Deutschland schon im Jahr 2012 kurzen Prozess mit den Geschäften gemacht hat, brauchten die anderen europäischen Länder deutlich länger. Sie begannen erst 2015 damit, die Cum-Ex-Geschäfte zu verbieten und ihnen den Riegel vorzuschieben. Die Dimensionen der Cum-Ex-Geschäfte war immens und das konnte der Staat nicht mehr zulassen. Heute sind die Cum-Ex-Geschäfte verboten und werden mit hohen Geldbußen bis hin zu Freiheitsstrafen geahndet.
Beispiel für ein Cum-Ex-Geschäft
Um ein genaues Bild zu bekommen, ist ein Beispiel bestens geeignet. Dabei ist der Investor A ein Anteilseigner bei einem Großkonzern. Bei dem Großkonzern besitzt der Investor A Aktien, die einen Wert von 15 Millionen Euro haben.
Kurz bevor der Dividendenstichtag anbricht kommt ein neuer Investor ins Spiel. Investor C kauft die Aktien zu einem Kaufpreis von 15 Millionen Euro. Allerdings kauft der Investor C die Aktien nicht von Investor A, sondern von Investor B, der eigentlich aber gar keine Aktien des Großkonzerns besitzt. Diese Art des Geschäfts wird als Leerverkauf bezeichnet. Jetzt kommt der Dividendentag und die Dividende für die Aktien liegt bei 500.000 Euro. Die Dividende fließt und verteilt sich. Investor A bekommt 375.000 Euro. Die restlichen 125.000 Euro behält der Großkonzern ein und führt die Kapitalertragssteuer von um die 25% an das Finanzamt ab. Der Investor A bekommt dafür eine Bescheinigung, damit er sich die Steuer zurückerstatten lassen kann. Das ist aber nur unter bestimmten Umständen möglich.
Nachdem dieser Prozess durchgeführt wurde, verkauft der Investor A seine noch vorhandenen Aktien an den Investor B. Das Geld für den Verkauf hat Investor B von Investor C durch das Leerverkaufsgeschäft. Allerdings fließen jetzt keine 15 Millionen Euro, sondern nur 14,5 Millionen Euro. Die Aktien haben nach der Dividendenausschüttung nur noch einen geringeren Wert, denn die 500.000 Euro müssen abgezogen werden.
Die Aktien werden von Investor B an Investor C weitergeleitet, die er von Investor A gekauft hat. Durch diesen Prozess sind alle Verpflichtungen für ein sogenanntes Leergeschäft erfüllt. Investor C hat 15 Millionen Euro für die Aktien überwiesen, bekommt aber nur Aktien im Wert von 14,5 Millionen Euro. Investor B überweist dafür 375.000 Euro an den Investor C und bekommt dann noch eine Steuerbescheinigung ausgestellt. Diese wird von der Depotbank ausgestellt.
Die Aktien werden von Investor C für 14,5 Millionen Euro wieder an Investor A zurückgeleitet und die Ausgangsposition ist wieder erreicht. Im Grunde hat der Großkonzern in der Zeit nur die Dividenden ausgeschüttet, aber für den Staat ist ein immenser Verlust entstanden. Der Staat hat nur 1x Steuern bekommen, obwohl zwei Investoren (A und C) eine Steuererstattung in Anspruch genommen haben. Die zusätzliche Rückerstattung wird durch alle drei Investoren geteilt.
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