Als Ertragswert bezeichnet man den ermittelten Gegenwartswert, der durch den Erfolg aus Einnahmen von Vermietung oder Verpachtung erzielt wird. Eine große Bedeutung hat der Ertragswert vor allem für die Ermittlung im so genannten Ertragswertverfahren, bei dem der Wert eines Grundstücks berechnet wird. Somit bildet der Ertragswert zum Beispiel bei Mehrfamilienhäusern, welche vermietet sind oder bei anderen Renditeobjekten die Grundlage zur Berechnung des so genannten Beleihungswertes, welcher den wirtschaftlichen Wert des Hauses bzw. der Immobilie darstellt. Dieser Wert wird aus den künftigen nachhaltig erzielbaren Reinerträgen berechnet, welche aufs Jahr bezogen zur Berechnung herangezogen werden, so zum Beispiel Mieteinnahmen nach Abzug der Kosten für die Bewirtschaftung.
Inhalt
Bewertung einer Anlage auf Grund ihres Ertrages innerhalb eines bestimmten Zeitraumes.
Mit dem Ertragswert erhält man eine Grundlage für die Berechnung des Beleihungswertes einer Immobilie. In der Regel bei Mietshäusern. Die Erträge aus Pacht und Miete wird hauptsächlich als Berechnungsgrundlage verwendet, um davon alle notwendigen Bewirtschaftungskosten abziehen zu könne. Ein solches Verfahren wird Ertragswertverfahren genannt, welches im § 15 WertV geregelt ist. Eine andere Bezeichnung dafür lautet sehr oft auch Zukunftserfolgswert. Allerdings wird hier gleichzeitig ein sinnvoller Kalkulationszinssatz ermittelt. Kurz gesagt dient der Ertragswert dazu, den aktuellen Wert einer Immobilie zu ermitteln.
Wann muss ein Ertragswert ermittelt werden?
Relevant ist der Ertragswert immer dann, wenn der Wert einer Immobilie eingeschätzt werden soll. In der Regel kommt die Ermittlung bei Mehrfamilienhäusern zu Stande, aber auch bei Mietwohngrundstücken, Einkaufszentren oder Logistikflächen. Die Einkaufszentren stehen auf sogenannten Geschäftsgrundstücken und die Logistikflächen zählen zu den Spezialimmobilien. Der Ertragswert muss nicht ermittelt werden, wenn es sich bei der Immobilie um ein Einfamilienhaus handelt, das zu den selbstgenutzten Objekten gehört. In einem solchen Fall findet das sogenannte Sach- und Vergleichswertverfahren seine Anwendung.
Die rechtlichen Bedingungen vom Ertragswert
Das Ertragswertverfahren wird angewendet, um den Ertragswert einer Immobilie zu ermitteln. Die Anforderungen für das Verfahren sind in den § 17 bis 20 der ImmoWertV (Immobilienwertermittlungsverordnung) zu finden.
Verordnung über die Grundsätze für die Ermittlung der Verkehrswerte von Grundstücken (Immobilienwertermittlungsverordnung – ImmoWertV)
§ 17 Ermittlung des Ertragswerts
(1) Im Ertragswertverfahren wird der Ertragswert auf der Grundlage marktüblich erzielbarer Erträge ermittelt. Soweit die Ertragsverhältnisse absehbar wesentlichen Veränderungen unterliegen oder wesentlich von den marktüblich erzielbaren Erträgen abweichen, kann der Ertragswert auch auf der Grundlage periodisch unterschiedlicher Erträge ermittelt werden.
(2) Im Ertragswertverfahren auf der Grundlage marktüblich erzielbarer Erträge wird der Ertragswert ermittelt
1.
aus dem nach § 16 ermittelten Bodenwert und dem um den Betrag der angemessenen Verzinsung des Bodenwerts verminderten und sodann kapitalisierten Reinertrag (§ 18 Absatz 1); der Ermittlung des Bodenwertverzinsungsbetrags ist der für die Kapitalisierung nach § 20 maßgebliche Liegenschaftszinssatz zugrunde zu legen; bei der Ermittlung des Bodenwertverzinsungsbetrags sind selbständig nutzbare Teilflächen nicht zu berücksichtigen (allgemeines Ertragswertverfahren), oder
2.
aus dem nach § 20 kapitalisierten Reinertrag (§ 18 Absatz 1) und dem nach § 16 ermittelten Bodenwert, der mit Ausnahme des Werts von selbständig nutzbaren Teilflächen auf den Wertermittlungsstichtag nach § 20 abzuzinsen ist (vereinfachtes Ertragswertverfahren).
Eine selbständig nutzbare Teilfläche ist der Teil eines Grundstücks, der für die angemessene Nutzung der baulichen Anlagen nicht benötigt wird und selbständig genutzt oder verwertet werden kann.
(3) Im Ertragswertverfahren auf der Grundlage periodisch unterschiedlicher Erträge wird der Ertragswert aus den durch gesicherte Daten abgeleiteten periodisch erzielbaren Reinerträgen (§ 18 Absatz 1) innerhalb eines Betrachtungszeitraums und dem Restwert des Grundstücks am Ende des Betrachtungszeitraums ermittelt. Die periodischen Reinerträge sowie der Restwert des Grundstücks sind jeweils auf den Wertermittlungsstichtag nach § 20 abzuzinsen.
Die Paragrafen 18 bis 20 beschäftigen sich ansonsten mit:
- dem Reinertrag
- dem Rohertrag
- den Bewirtschaftungskosten
- der Kapitalisierung
- der Abzinsung
Faktoren für die Berechnung des Ertragswertes
Es gibt verschiedene Faktoren, die bei einem Wertgutachten in die Berechnung einfließen:
- Jahresrohertrag
Beim Jahresrohertrag handelt es sich um die erzielbare Miete ohne Betriebskosten. - Bewirtschaftungskosten
Die Bewirtschaftungskosten werden von dem Jahresrohertrag abgezogen. Der Abzug findet in mehreren Kostenblöcken statt, die sich auf das Jahr verteilen. Zu den Bewirtschaftungskosten gehören das Mietausfallwagnis, die Verwaltungskosten und die Instandhaltungskosten. - Aufsplitten in Gebäude- und Bodenanteil
Die Gutachter müssen immer darauf achten, dass Grundstück und Immobilie separat auf ihren Wert hin geprüft werden. Der Grundstückswert wird immer aus dem Bodenrichtwert gewonnen. Die Grundstücksverzinsung muss von den Erträgen der Immobilie abgezogen werden. Dann kann der Gebäudeeintrag errechnet werden. Der Vervielfältiger wird dazu multipliziert, um dem Gebäudeertragswert zu berechnen. - Restnutzungsdauer
Ein wichtiger Faktor bei der Berechnung des Ertragswertes ist die Restnutzungsdauer. Gutachter gehen davon aus, das eine Immobilie sich immer mehr abbraucht, wenn keine Sanierung oder Renovierung stattfindet. Beispielsweise wird für ein massiv gebautes Mehrfamilienhaus mit einer Restnutzungsdauer von 70 Jahren gerechnet. - Liegenschaftszinssatz
Der Liegenschaftszinssatz wird über den Gutachterausschuss der Kommune bestimmt. Er kann von Kommune zu Kommune stark abweichen und bildet die marktübliche Rendite. Er ist nicht immer gleich und verändert sich regelmäßig. Während er in einem Jahr bei 5 % liegt kann er im im folgenden Jahr schon bei 5,5% liegen. - Vervielfältiger
Der Vervielfältiger kann mit der Restnutzungsdauer und dem Liegenschaftszinssatz abgelesen werden. Dazu gibt es eine Tabelle in der Immobilienwertverordnung kurz auch ImmoWertV genannt. Mit dem Vervielfältiger muss dann der Gebäudeanteilswert multipliziert werden. - Abzüge und Zuschüsse
Der Gutachter muss außerdem einschätzen, ob noch weitere Zu- oder Abschläge mitberechnet werden müssen. Das kann aufgrund der Lage oder des Zustandes der Fall sein. Das Endergebnis ist dann der Ertragswert, der auch als Verkehrswert bezeichnet wird.
Die Berechnung des Ertragswertes
Damit der Ertragswert berechnet werden kann muss eine separate Bewertung stattfinden. Die Bewertung bezieht nicht nur den Grundstückswert mit ein, sondern auch den Wert des Gebäudes, das auf dem Grundstück steht. Für die Berechnung des Ertragswertes findet eine Trennung beider Komponenten statt, denn bei einem Grundstück kann so der konstante Wert berechnet werden und bei der Immobilie kann die Restnutzungsdauer mit in die Berechnungen eingebunden werden. Dazu gibt es eine spezielle Formel, die immer zum Einsatz kommt, wenn der Ertragswert berechnet werden soll:
Verkehrswert = Gebäudeertragswert + Bodenwert
Der Bodenwert wird anhand der Grundstücksfläche ermittelt. Dafür wird die Grundstücksfläche mit dem Bodenrichtwert multipliziert. Um den Gebäudeertragswert zu bekommen wird mit einer weiteren Formel gearbeitet:
Bruttoertrag (Jahresmiete)
– Bewirtschaftungskosten
= Nettoertrag des Grundstücks
– Bodenwertverzinsung (Bodenwert * Liegenschaftszins)
= Nettoertrag des Gebäudes
* Vervielfältiger
= Gebäudeertragswert
Der sogenannte Vervielfältiger entsteht aus dem Liegenschaftszins und der Restnutzungsdauer. Bei Immobilien liegt die Restnutzungsdauer etwa zwischen 80 und 100 Jahren. Bei Häusern, die als Geschäftsimmobilie genutzt werden liegt sie immer zwischen 60 und 80 Jahren. Modernisierungen, Umbauten oder Sanierungen können die Restnutzungsdauer einer Immobilie allerdings immer verlängern.
Vorteile des Ertragswertverfahrens
- Das Ertragswertverfahren hat tatsächliche Zahlen als Grundlage und somit handelt es sich bei dieser Methode um eine praxisnahe Berechnung.
- Das Ertragswertverfahren hat eine starke Aussagekraft, da eine solide Faktenlage die Grundlage der Berechnung darstellt.
Nachteile des Ertragswertverfahrens
- Es ist eine starke Abhängigkeit vom Liegenschaftszins gegeben.
- Der Ertragswert kann stark abweichen, denn der Jahresrohwert wird immer in der Vergangenheit gebildet.
Der Ertragswert in der Praxis
Das Verfahren zur Berechnung des Ertragswertes ist sehr komplex. Jeder Rechenschritt kann zu einem schwerwiegenden Fehler führen und deswegen wird das Verfahren in der Regel in einem kostenpflichtigem Gutachten angewendet. Zur Wertermittlung in diesem Verfahren werden Mehrfamilienhäuser, Bürogebäude, Gewerbeimmobilien und Einzelhandelsimmobilien genommen. Kapitalanleger nutzen das Verfahren meist, um herauszufinden, wie lange es braucht, bis sich die getätigte Investition tatsächlich lohnen wird.
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