Als Finanzinnovationen werden Entwicklungen im Finanzwesen bezeichnet, bei denen es um neue Instrumente der Finanzierung, neu Verfahrenstechniken, neue Finanzierungsarten oder die Fortentwicklung vorhandener Finanzierungsinstrumente geht.
Im Jahr 1994 wurden im Finanzministerium der Bundesrepublik Deutschland Wertpapiere als Finanzinnovationen benannt, mittels derer steuerpflichtige Zinsen in Kursgewinne mit Steuerfreiheit zu verwandeln waren. Der Vorteil für die Anleger resultierte daraus, dass Kursgewinne nach der Spekulationsfrist nicht versteuert wurden. Die benannten Finanzinnovationen können beispielsweise noch mit variablen Zinsen bzw. einem Disagio versehen werden. Zu den als Finanzinnovationen bezeichneten Papieren zählten z. B.:
- Nullcoupon Anleihen
- Step Down Anleihen
- Gleitzinsanleihen
- Stripped Bonds
- Aktienanleihen
Die so zu erreichenden Steuervorteile wurden allerdings hinfällig, als die einheitliche Abgeltungssteuer von 25 % für Kursgewinne sowie Zinserträge eingeführt wurde. Die veränderte Besteuerung machte es nicht mehr möglich, steuerpflichtige Zinsen einfach in Kursgewinne zu verändern.
Während Finanzinnovationen auf dem weltweiten Finanzsektor ein wichtiger Wirtschaftsfaktor sind, die wirtschaftliche Entwicklung auch ankurbeln können und Finanzierungsinstrumente modernisieren, ging es bei diesen speziellen Finanzinnovationen ausschließlich um handelbare Wertpapiere.
Inhalt
Neuerungen auf dem Finanzsektor – Finanzinnovationen
Es kann sich bei den Finanzinnovationen sowohl um Veränderungen auf dem Finanzsektor handeln wie auch um das Aufkommen von neuen Märkten. Beispielhaft für den Faktor der neuen Märkte könnten die Euromärkte sein. Eine gravierende Neuerung bisheriger Finanzierungen stellte auch das Aufkommen der Kryptowährungen dar. Nach dem Zweiten Weltkrieg entwickelten sich mit neuen Finanzierungsinstrumenten auch neue Geschäftsformen. Dazu gehören zum Beispiel Swap (Austausch von Kostenvorteilen, Rechten und Pflichten) und Forfaiting (Verkauf von Forderungen an neue Gläubiger).
Finanzinnovationen sind immer auf umfassende Veränderungen auf den Finanzmärkten zurückzuführen, die neue Formen von Finanzinstrumenten und veränderte Regulierungen erforderlich machen. Im letzten Drittel des 20. Jahrhunderts und im 21. Jahrhundert vollzog sich eine weitgehende Liberalisierung auf den Finanzmärkten. Damit entfiel eine Reihe von zuvor gängigen nationalen und internationalen Regulierungen. Die beginnende Digitalisierung sorgte für tief reichende Veränderungen bei den Finanzwegen, der Abwicklung von Finanz- und Handelsgeschäften. Heute ist beispielsweise der gesamte weltweite Devisenhandel digitalisiert. Nicht ganz so umfassend, aber weitreichend und zunehmend rasant vollzogen sich Veränderungen der übrigen internationalen und nationalen Märkte. Die Finanzmärkte waren und sind stärkeren und deutlicheren Schwankungen bei Wechselkursen und Zinsen ausgesetzt.
Zu innovativen Finanzierungsinstrumenten zählen beispielsweise MMMF (Money Market Mutual Fund). Es handelt sich hier um verzinsliche Geldmarktfondsanteile an Fonds, die in sehr kurzfristige Wertpapiere investieren. Weiterhin zählen dazu die MMDA (Money Market Deposit Account) bei Geschäftsbanken. Anleihen und Kredite mit variablen Zinsen, die FRN (Floating Rete Notes) lassen sich zu den Finanzinnovationen bei Finanzierungsinstrumenten ebenfalls zählen. Null-Coupon-Anleihen sind Anleihen, bei denen keine fortgeschriebenen Zinsen gibt. Ein Beispiel dafür waren in Deutschland von 1975 bis 2012 die besonderen Bundesschatzbriefe, die „Finanzierungsschätze“. Der Zins wird auf die Anlage berechnet, beim Ausgabepreis als Abschlag berechnet und beim Rückzahlungskurs sind Zins und Zinseszins enthalten. Eine weitere Form sind verbriefte Kredite, die von Banken auf dem Finanzmarkt platziert werden in Form von nichtbörslichen und kurzfristigen Schuldtiteln.
Zahlreiche Finanzinnovationen haben u. a. die Aufgabe, neue Mechanismen von Regulierungen auf dem liberalisierten Finanzmarkt durchzusetzen, die die verstärkten Marktschwankungen auffangen können. Zu Zeiten sehr hoher allgemeiner Zinssätze tritt gewöhnlich eine gewisse Bremse bei Investitionen auf Kreditbasis ein. Variable Zinssätze für verschiedene Kredite können das mindern, sodass der Zinseffekt nicht zu stark auf die gesamte Wirtschaft durchschlägt.
Finanzinnovationen gehören zu den wichtigen Motoren der wirtschaftlichen Entwicklung. Sie gehen mit dem ständigen technischen Fortschritt und der Entwicklung der Märkte einher. Neue Handels- und Geschäftsformen bewirken nicht nur gesellschaftliche Veränderungen, sondern erfordern auch Anpassungen beim Finanzwesen.
Finanzinnovationen haben Geschichte
Seit jeher benötigt die wirtschaftliche Entwicklung Finanzinnovationen. Der Tauschhandel wurde mit der Entwicklung und Spezialisierung von Produkten, Handel und Beziehungen über Grenzen hinweg notwendig von der Einführung des Geldes abgelöst. Als Vorläufern der Banken kam den Geldwechslern große Bedeutung zu. Bereits im 13. Jahrhundert wurden nicht nur mit Waren, sondern auch direkt mit Geld Geschäfte gemacht, Währungen getauscht und mittels Währungstausch die kirchlichen Zinsverbote umgangen. Die florentinische Dynastie Medici entwickelte mit Zweigstellen an den Handelsschwerpunkten einen Wertpapierhandel mit Anleihen als eine Erstform vom bargeldlosen Zahlungsverkehr. In der Folge kam es zur Entstehung der Banken, z. B. einer der sehr alten Banken, der Bank of England, die bereits sowohl Staats- wie auch Unternehmensanleihen als Finanzierungsinstrumente nutzte.
Bereits Anfang des 17. Jahrhunderts wurde die erste Aktiengesellschaft in Holland gegründet, die „Vereinigte Ost-Indische Compagnie“. Das beflügelte den Handel zwischen Europa und Ostasien.
Die technische Innovation des Baus von Eisenbahnlinien, insbesondere in den USA im 19. Jahrhundert verlangte nach großen, langfristigen Krediten und starken Banken, über die die Geldflüsse reguliert werden konnten. Schließlich machte die fortschreitende Industrialisierung immer neue Finanzinnovationen nötig und möglich.
Technischer Fortschritt, technische Innovationen erforderten immer neue Methoden der Finanzierung und ihrer Regulierung. Finanzinnovationen können sich jedoch verselbstständigen und sowohl positiv wie negativ auf die Wirtschaft wirken.
Unterschiedliche Auswirkungen von Finanzinnovationen
Für die weltweite Finanzkrise im Jahre 2007 machen verschiedene Kritiker Finanzinnovationen verantwortlich. Vor allem verursacht wurden Finanz- und Wirtschaftskrise durch Spekulationen und den aufgeblähten Immobilienmarkt und seine Finanzierungsmethoden in den USA. Bei global verknüpften Märkten und Finanzmärkten wirkten sich die Konsequenzen schnell international aus. Banken hatten die Risiken außer Acht gelassen.
Anderseits sind Anpassungen auf dem weltweiten Finanzmarkt an neue Entwicklungen ohne Finanzinnovationen nicht vorstellbar. Wie jüngere Untersuchungen bestätigen, wird das Wirtschaftswachstum dort beschleunigt, wo es auch Spielräume für die Finanzinnovationen gibt, weil es dort einen größeren Rahmen für aufwendige Finanzierungen gibt.
Die klassische Bedeutung der Banken als alleinige Kreditgeber mit umfangreichem Service ist im Wandel begriffen. Auch das ist auf Tendenzen der Finanzinnovationen zurückzuführen. Zunehmend gehen nicht nur Großunternehmer, sondern auch mittlere Unternehmen dazu über, sich auf dem Kapitalmarkt selbst Gelder zu beschaffen und die Banken zu umgehen. Auch Verbraucher nutzen zunehmend beispielsweise Kreditmarktplätze, auf denen sowohl Banken, Unternehmen wie Privatleute Kredite anbieten.
Insgesamt sind Finanzinnovationen aus der Entwicklung des Finanzsektors nicht wegzudenken. Wo es rasante wirtschaftliche und technische Entwicklungen gibt, müssen auch neue Finanzierungsinstrumente und Finanzierungsmethoden entwickelt werden. Das Gegenteil wäre ein stagnierendes Kreditwesen und Finanzwesen, das nur in einem begrenzten Rahmen agieren könnte. Dies könnte den Anforderungen der modernen, rasant im Wandel befindlichen Märkten nicht gerecht werden. Ohne Risiko werden sich allerdings Finanzinnovationen niemals vollziehen. Nach der Finanz- und Wirtschaftskrise wurden international zahlreiche neue Rechtsverordnungen erlassen, um solche Risiken zu mindern.
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