Mit einem Freistellungsauftrag (FSA) weist ein Steuerpflichtiger sein Kreditinstitut an, anfallende Kapitalerträge (z.B. Zinsen) bis zur Höhe des Sparer-Pauschbetrags ohne Steuerabzug gutzuschreiben bzw. auszuzahlen. Stellt der Steuerpflichtige keinen FSA, erfolgt durch das Kreditinstitut ein automatischer Abzug der sogenannten Abgeltungssteuer.
Kapitalerträge sind in Deutschland steuerpflichtig. Sie unterliegen der sogenannten Abgeltungssteuer (früher Kapitalertragssteuer). Davon betroffen sind alle Kapitaleinkünfte von Privatanlegern, wie z.B. Zinsen aus Sparguthaben oder festverzinslichen Anlagen, Erträge aus Aktien (realisierte Kursgewinne und Dividenden) und tatsächliche Ausschüttungen aus Fondsanteilen. Eine Ausnahme sind daher thesaurierende Fonds. Diese Fonds reinvestieren Gewinne unmittelbar wieder in den Erwerb neuer Fondsanteile. Es erfolgt keine Barausschüttung der Erträge und daher fällt auch keine Abgeltungssteuer an. Kapitalerträge die im Ausland erwirtschaftet werden unterliegen ebenfalls der Abgeltungssteuer.
Im Jahr 2009 wurde die Kapitalertragssteuer durch die Einführung der Abgeltungssteuer abgelöst. Die Besteuerung von Kapitalerträgen wurde damit erheblich und wesentlich vereinfacht. Alle in- und ausländischen Kapitalerträge eines Steuerpflichtigen werden seither pauschal mit 25 % zuzüglich Solidaritätszuschlag und der Kirchensteuer versteuert. Die Abgeltungssteuer wird von den Kreditinstituten automatisch einbehalten und an das Finanzamt des Steuerpflichtigen abgeführt. Steuerpflichtige können ihre Kapitalerträge bis zu einem bestimmten Betrag aber von der Besteuerung freistellen. Dafür steht ein Sparerfreibetrag (Sparerpauschbetrag) von 801 EURO für Ledige zur Verfügung. Dieser Steuerfreibetrag welcher aus dem eigentlichen Sparerpauschbetrag in Höhe von 750 Euro und einer Werbungskostenpauschale in Höhe von 51 EURO besteht, verdoppelt sich bei gemeinsamer Veranlagung (z.B. bei Ehegatten) auf 1.602 Euro. Kapitalerträge die den Sparerpauschbetrag übersteigen werden weiterhin mit 25 % besteuert.
Der Sparerfreibetrag kann mit einem vom Gläubiger der Kapitalerträge persönlich unterschriebenen Freistellungsauftrag (FSA) beim seinem Kreditinstitut geltend gemacht werden. Der FSA muss aber vom Kapitalanleger selbst gestellt werden, andernfalls erfolgt automatisch ein Steuerabzug auf die Kapitalerträge.
Der Freistellungsauftrag ist ein amtlich vorgeschriebenes Formular und daher zwingend zu verwenden. Freistellungsaufträge können auch elektronisch via Online-Banking erteilt werden. Die persönliche Unterschrift des Steuerpflichtigen wird dann durch ein spezielles Authentifizierungsverfahren, dem PIN/TAN-Verfahren, ersetzt. Der Steuerpflichtige kann damit seinem Kreditinstitut mit einer persönlichen Identifikationsnummer (PIN) und einer gesonderten einmaligen Transaktionsnummer (TAN) im Online-Banking einen Freistellungsauftrag erteilen. Da Identifikationsnummern aber immer individuell sind, muss bei gemeinsamer Veranlagung der FSA von beiden Steuerpflichtigen getrennt gestellt werden. Für Konten von Minderjährigen kann ein von beiden gesetzlichen Vertretern unterschriebener Freistellungsauftrag pro Kind bis zur gesetzlichen Höchstgrenze von 801 Euro gestellt werden.
Der FSA wird in der Regel unbefristet erteilt und gilt bis zum Widerruf. Er kann aber auch befristet erteilt werden. Er gilt dann ab dem 1. Januar für das gesamte Kalenderjahr in dem er eingereicht wird, kann aber bis zum 31. Dezember auch wieder gekündigt werden. Bei einer unterjährigen Kontoauflösung ist zu beachten, dass ein bestehender Freistellungsauftrag separat gelöscht werden muss, ansonsten bleibt er bestehen und der betreffende Freibetrag verfällt ungenutzt.
In der Regel müssen Freistellungsaufträge bis spätestens am letzten Bankarbeitstag des jeweiligen Jahres (bei einigen Kreditinstituten auch früher) gestellt werden. Wird diese Frist versäumt, führt das Kreditinstitut die anfallende Abgeltungssteuer an das Finanzamt ab. Der Steuerpflichtige kann dann aber noch in seiner Einkommensteuererklärung die gezahlte Abgeltungssteuer geltend machen und sich diese wieder zurückholen. Die unterjährige Erteilung oder Änderung eines FSA, ist hingegen ohne Probleme möglich. Wurde z.B. kein Freistellungsauftrag eingerichtet und die Bank hat für bisher angefallene Zins- oder Dividendenzahlungen Abgeltungssteuer abgeführt, so kann auch danach noch, allerdings nur im gleichen Jahr, ein Freistellungsauftrag erteilt werden. Die Bank erstattet dann die bereits abgezogene Steuer. Das gilt aber nicht für bereits abgelaufene Jahre.
Ein FSA ist nur gültig, wenn die steuerliche Identifikationsnummer des Steuerpflichtigen (bei gemeinsam Veranlagten auch die des Ehegatten oder Lebenspartners) angegeben ist. Diese Bedingung gilt seit dem Jahr 2011 und betraf auch bereits bestehende Freistellungsaufträge. Bei älteren Freistellungsaufträgen ohne Steuer-Identifikationsnummer musste diese bis zum 31.12. 2015 nachträglich ergänzt werden, ansonsten waren die Freistellungsaufträge ungültig.
Freistellungsaufträge können anteilmäßig auch auf mehrere Kreditinstituten verteilt werden, gelten dann aber für alle beim einzelnen Kreditinstitut bestehenden Konten (einschließlich Depots) und diesbezüglich anfallende Kapitalerträge. Die Kapitalerträge dürfen jedoch in der Summe zusammengerechnet den Sparerpauschbetrag nicht übersteigen. Kreditinstitute sind verpflichtet dem Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) in jedem Einzelfall die Höhe der beantragten Freibeträge einschließlich der betroffenen Steuer-Identifikationsnummer mitzuteilen. Das ermöglicht der Finanzverwaltung eine einfache Kontrolle der Freibeträge durch Abgleich der Nummern. Bei der Verteilung eines FSA auf mehrere Kreditinstitute ist daher Sorgfalt geboten, denn überhöhte Freistellungsaufträge werden von der Finanzverwaltung als Verletzung des Steuerrechts gewertet und entsprechend geahndet. Neben der Ungültigkeit aller FSA, drohen im Wiederholungsfall auch empfindliche Ordnungsgelder.
Ein Freistellungsauftrag kann nur vom Gläubiger der Kapitalerträge, also von demjenigen dem die Erträge rechtlich zustehen, gestellt werden. Freistellungsaufträge können daher nicht für Wohnungseigentümergemeinschaftskonten erteilt werden, da bei diesen Konten verschiedenen Gläubigern jeweils nur anteilige Zinserträge zustehen. Diese müssen erst aufgeteilt und können dann von den einzelnen Gläubigern in ihrer Steuererklärung geltend gemacht werden.
Für Kapitalerträge aus betrieblichen Kapitalanlagen und Erträge aus Verpachtung oder Vermietung, kann kein Freistellungsauftrag gestellt werden. Bei Treuhandkonten, z.B. Mietkautionskonten, ist je nach Anlageform des Kontos zu unterscheiden. Wenn das Kautionskonto auf den Namen des Mieters angelegt wurden, ist es kein Treuhandkonto und der Mieter kann einen eigenen Freistellungsauftrag erteilen. Wird das Kautionskonto hingegen unter dem Namen des Vermieters geführt, ist es ein Treuhandkonto (Kontoinhaber und Steuerschuldner sind nicht identisch) und ein Freistellungsauftrag kann daher nicht erteilt werden. Der Mieter muss die ihm zustehenden Zinserträge in seiner Steuererklärung geltend machen.
Bei geschlossenen Fonds in der Form von Unternehmensbeteiligungen (z.B. Schiffs-, Flugzeug- oder Immobilienbeteiligungen) gelten Besonderheiten. Der Anleger wird durch den Kauf von Anteilen geschlossener Fonds in der Regel zum Kommanditisten des Unternehmens und erhält somit selber den Status eines Unternehmers, womit alle Ausschüttungen automatisch Unternehmensgewinne sind. Nach aktueller Gesetzeslage werden die erwirtschafteten Gewinne und Erträge solcher Unternehmensbeteiligungen nicht als Kapitalerträge gesehen, sondern den privaten Einkünften des Anlegers zugerechnet. Daher können sie auch nicht im Rahmen eines Freistellungsauftrages berücksichtigt werden.
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