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Der Gerichtsvollzieher – Allgemeines
Der Gerichtsvollzieher ist ein selbständiges Organ der Rechtspflege. Er ist Beamter der Justiz und die Person, die Zwangsvollstreckungen durchführen darf. Der Gerichtsvollzieher darf Urteile und andere Vollstreckungstitel auch zwangsweise vollstrecken. Falls es erforderlich ist, erhält er Amtshilfe von der Polizei. Er stellt auch Schriftstücke zu, die diese besondere Zustellungsform benötigen. Diese Art der Zustellung wird als „förmliche Zustellung“ bezeichnet. Gepfändete Gegenstände versieht der Gerichtsvollzieher mit einem Pfändungssiegel, das häufig auch als „Kuckuck“ bezeichnet wird. Er kann auch vor Ort vom Schuldner eine Vermögensauskunft abnehmen. Dies kann auch ohne Pfändung erfolgen. Auftraggeber für den Gerichtsvollzieher sind immer die Gläubiger. Die Rechtsgrundlagen für die Tätigkeit des Gerichtsvollziehers sind im Gerichtsverfassungsgesetz und in der Zivilprozessordnung geregelt. Die Kosten für einen Gerichtsvollzieher lassen sich nach dem Gerichtsvollzieherkostengesetz berechnen.
Wann darf ein Gerichtsvollzieher pfänden?
Ein Gerichtsvollzieher darf immer dann pfänden, wenn ein rechtskräftiges Urteil oder ein Vollstreckungstitel vorliegen. Gläubiger beauftragen den Gerichtsvollzieher mit der Vollstreckung des Titels. Der Gerichtsvollzieher kann seine Befugnisse auch mit Zwang durchsetzen. Bei einer Zwangsräumung oder einer Verhaftung des Schuldners geschieht dies mit Amtshilfe der Polizei. Ein Urteil oder einen anderen Vollstreckungstitel können Gläubiger erhalten, wenn der Schuldner in Zahlungsverzug gerät oder sich an andere Vereinbarungen aus einem Vertrag oder eines Urteils nicht hält.
Einsatzbereiche
Unterschiedliche Bereiche, in denen ein Gerichtsvollzieher zum Einsatz kommt:
Die Zwangsvollstreckung
Die Zwangsvollstreckung ist ein staatliches Verfahren. Der Gläubiger benötigt einen Vollstreckungstitel, ein Urteil oder einen Vollstreckungsbescheid als Ergebnis eines Mahnverfahrens.
Zwangsvollstreckung bei Anspruch auf Zahlung eines Geldbetrages
Hat ein Gläubiger Anspruch auf einen bestimmten Betrag, so pfändet der Gerichtsvollzieher Bargeld, Schmuck, wertvollen und luxuriösen Hausrat. Ein gewisses Existenzminimum muss er dem Schuldner lassen. Die Höhe des nicht pfändbaren Existenzminimums hängt von der Anzahl der unterhaltspflichtigen Kinder und der Höhe des Nettoeinkommens ab. Dinge eines ganz normalen Haushalts dürfen ebenfalls nicht gepfändet werden. Ein Fernseher, der drei bis vier Jahre alt ist und achthundert Euro gekostet hat, darf nicht gepfändet werden. Ein Heimkino, das einen Neuwert von fünftausend Euro hat, stellt eine andere Situation dar. Das Heimkino darf unter Umständen gepfändet werden. Bargeld darf der Gerichtsvollzieher ebenfalls pfänden. Er darf auch eine sogenannte Taschenpfändung durchführen. Der Schuldner muss allerdings bis zu seinem nächsten Gehalt seinen Lebensunterhalt bestreiten können.
Forderungsvollstreckung
Der Gerichtsvollzieher kann auch Forderungen gegenüber einem Dritten pfänden. Hiervon betroffen sind in den meisten Fällen Lohn- und Gehaltszahlungen. Der Gerichtsvollzieher informiert den Arbeitgeber über die Vollstreckung. Dieser überweist den festgelegten Betrag und zieht den Betrag vom Lohn oder Gehalt ab. Der Schuldner hat keinen Zugriff mehr auf den pfändbaren Betrag. Selbstverständlich muss der pfändbare Betrag im Einzelfall errechnet werden.
Kontopfändung
Der Gerichtsvollzieher kann auch eine Kontopfändung veranlassen. In diesem Fall wird das Konto des Schuldners gesperrt und er hat keinen Zugriff mehr auf sein Konto oder seine Konten. Innerhalb von vierzehn Tagen kann der Schuldner nun einen Antrag auf Freigabe des nichtpfändbaren Betrags bei dem zuständigen Amtsgericht stellen. Das Amtsgericht legt dann den Betrag fest, über den der Schuldner verfügen kann. Schuldner, die ein Pfändungsschutzkonto haben, benötigen diesen Antrag nicht.
Grundstücke oder Eigentumswohnungen pfänden
Der Gerichtsvollzieher kann eine Zwangshypothek eintragen lassen, eine Zwangsversteigerung durchführen oder das Grundstück unter Zwangsverwaltung stellen. Bei einer Zwangshypothek wird eine entsprechende Hypothek in das Grundbuch eingetragen. Bei der Zwangsversteigerung setzt das Amtsgericht einen Termin und einen Mindestbetrag für die Versteigerung fest. Im Falle der Zwangsversteigerung darf der Grundstückseigentümer das Grundstück nicht mehr verkaufen, kann es jedoch weiter verwalten und benutzen. Die Nutzung und Verwaltung muss jedoch im Rahmen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft erfolgen. Das Grundstück wird dann an den Meistbietenden verkauft. Bei der Zwangsverwaltung erhalten die Gläubiger, die Miet- oder Pachteinnahmen aus dem Grundstück.
Anspruch auf bestimmte Handlungen
Gibt es ein Urteil oder einen Vollstreckungsbescheid zu einer bestimmten Handlung, wird diese vom Gerichtsvollzieher durchgesetzt, falls der Verurteilte diese nicht vornimmt. Muss zum Beispiel ein Zaun entfernt werden und der Grundstückseigentümer weigert sich trotz vorliegenden Urteils, beauftragt der Gerichtsvollzieher ein Unternehmen. Der Zaun wird dann auf Kosten des Grundstückseigentümers entfernt. Alternativ kann der Gerichtsvollzieher auch ein Zwangsgeld festsetzen.
Herausgabevollstreckung
Bei Anspruch auf Herausgabe einer Sache hat der Gerichtsvollzieher die Möglichkeit dem Schuldner bewegliche Sachen wegzunehmen. Bei nicht beweglichen Sachen, wie Wohnungen und Grundstücken hat der Gerichtsvollzieher die Möglichkeit Mieter oder den Eigentümer zu entfernen oder mithilfe der Polizei entfernen zu lassen. Grundlage für die Räumung ist das Räumungsurteil. Mieter haben jedoch die Möglichkeit in besonderen Härtefällen einen Vollstreckungsschutzantrag zu stellen. Wird diesem Antrag stattgegeben, kann auch der Gerichtsvollzieher nicht räumen. Auch der Räumungstermin kann unter bestimmten Voraussetzungen verschoben werden.
Die genauen Aufgaben des Gerichtsvollziehers
Die primäre Aufgabe eines Gerichtsvollziehers ist die Eintreibung von Geldforderungen, die tituliert sind. Dabei gibt es verschiedene Möglichkeiten, die ihm zur Verfügung stehen. Der Gerichtsvollzieher hat zuerst die Aufgabe eine gütliche Einigung zu erzielen. Das bedeutet, mit Zustimmung des Gläubigers wird er entweder einen Zahlungsaufschub erreichen oder eine Ratenzahlung anstreben. Um die Forderungen einzutreiben hat der Gerichtsvollzieher aber auch das Recht bewegliches Vermögen wie
- Bargeld
- Fahrzeuge
- Schmuck
zu pfänden. Dieser Vorgang wird als Sachpfändung bezeichnet. Er muss sich aber in Bezug auf eine Pfändung immer an das Kahlpfändungsverbot halten, das im § 811 ZBO festgehalten ist.
Zudem hat der Gerichtsvollzieher das Recht eine Vermögensauskunft einzufordern. Früher wurde die Vermögensauskunft auch als Offenbarungseid oder Abgabe der eidesstattlichen Versicherung genannt. Die Vermögensauskunft kann der Gerichtsvollzieher direkt vor Ort abnehmen. Dazu gehört, dass er von dem gesamten Vermögen des Schuldners ein Verzeichnis erstellt. Zum Vermögen gehören nicht nur alle körperlichen Gegenstände, die der Schuldner besitzt, sondern auch alle Forderungen, die zurzeit offen sind. Der Schuldner muss seine Angaben Eides statt versichern. Das bedeutet, er muss versichern, dass seine Angaben korrekt und so gut es möglich ist, vollständig sind. Das Verzeichnis über das Vermögen des Schuldners wird anschließend auf den Vollstreckungsportalen eingestellt. Die Eintragungsanordnung wird erstellt und die Angaben werden im sogenannten Schuldnerverzeichnis eingetragen.
Aber das sind nicht die einzigen Aufgaben, die ein Gerichtsvollzieher hat. Auch Zwangsräumungen von Wohnungen oder Grundstücken können von ihm durchgeführt werden. Austauschpfändungen oder das Entziehen des Kindes nach Gesetzesrichtlinien ist möglich. Vollstreckungen sonstiger Herausgaben und die förmliche Zustellung von amtlichen Schriftstücken zählen ebenfalls zu den Aufgaben eines Gerichtsvollziehers.
Der „Kuckuck“ – das Pfandsiegel des Gerichtsvollziehers
Gegenstände, die vom Gerichtsvollzieher gepfändet werden, bekommen einen Pfandsiegel aufgeklebt. Früher wurde das Pfandsiegel als Kuckuck bezeichnet. Damit war der Adler gemeint, der früher auf dem Staatssiegel zu finden war. Heute gibt es die Bezeichnung Kuckuck eher selten und sie wurde durch das Pfandsiegel ausgetauscht. Auf dem Siegel befinden sich heute nur noch der Name des Amtsgerichts und die Bezeichnung selbst. Das Pfandsiegel darf auf keinen Fall von dem Schuldner entfernt werden. Das ist strafbar und wird als Siegelbruch geahndet.
Die Zuständigkeit des Gerichtsvollziehers
Jeder Gerichtsvollzieher ist in einem Amtsbezirk tätig, der ihm von den Amtsgerichten zugesprochen wird. Er gehört zu den Organen der Rechtspflege und bekommt den Auftrag direkt von den Amtsgerichten. Die Amtsgerichte sammeln die Aufträge und geben sie an die jeweiligen Gerichtsvollzieher weiter. Dabei muss der Schuldner nicht auf den Gerichtsvollzieher warten, sondern kann auch selbst Kontakt mit ihm aufnehmen. Die Bezeichnung Gerichtsvollzieher besagt, dass es sich um einen Beamten im mittleren oder gehobenen Justizdienst handelt. Um ein Gerichtsvollzieher zu werden ist eine Anstellungsprüfung abzulegen. Als Vergütung bekommt der Gerichtsvollzieher einen Teil der eingenommenen Gebühren. Dazu gibt es ein Gehalt als Angestellter und auch eine Entschädigung, die als Bezahlung für das Geschäftszimmer zu sehen ist.
Die Befugnisse eines Gerichtsvollziehers
Der Gerichtsvollzieher arbeitet nach dem Gerichtsverfassungsgesetz § 154 und nach der Zivilprozessordnung, aber auch nach der Gerichtsvollzieherordnung und zum Schluss auch nach der Geschäftsanweisung für Gerichtsvollzieher. Die Kosten für den Einsatz des Gerichtsvollziehers sind im Gerichtsvollzieherkostengesetz festgehalten. Um seine Befugnisse deutlich zu machen und eine Durchsetzung zu erwirken kann der Gerichtsvollzieher immer auf die Mithilfe der Polizei hoffen. Sie dienen ihm als Hilfe, um unmittelbaren Zwang, Zwangsräumungen, Verhaftungen oder andere Aktionen durchzusetzen.
Ausbildung zum Gerichtsvollzieher
Es gibt keine spezielle Ausbildung zum Gerichtsvollzieher. Zuerst macht man eine fachnahe Ausbildung wie zum Beispiel den Justizfachwirt. Nachdem die Ausbildung mit guten Noten abgeschlossen wurde, müssen drei Jahre Berufserfahrung gesammelt werden und anschließend kann man eine Weiterbildung zum Gerichtsvollzieher machen. Die Weiterbildung unterteilt sich in zwei Theorieblöcke und drei Praxisblöcke. Zudem ist ein sechsmonatiger Vorbereitungskurs möglich, der überwiegend für justizferne Berufsanwärter gedacht ist. Insgesamt dauert die Ausbildung zum Gerichtsvollzieher etwa 1,5 bis 2 Jahre. Zum Schluss folgt eine Laufbahnprüfung, die im Notfall wiederholt werden kann. Allerdings nur 1x. Die ausgebildeten Gerichtsvollzieher sind Beamte auf Probe und können zu Beamten auf Lebenszeit werden, wenn sie die Probezeit als Gerichtsvollzieher überstanden haben.
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