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Was ist ein Girovertrag?
Um ein Girokonto einrichten zu können, muss ein Girovertrag abgeschossen werden. Dieser Vertrag ist als eine Unterform des Zahlungsdienstvertrags anzusehen. Die beiden Vertragsparteien beim Abschluss eines Girovertrags sind ein Kund und eine Bank. Wenn ein Kunde diesen Vertrag unterzeichnet, erkennt er die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) an. Für das Kreditinstitut besteht durch die Vertragsunterzeichnung die Pflicht, für den Vertragspartner ein Girokonto einzurichten. Außerdem müssen die eingehenden Zahlungen des Kunden dem Konto gutgeschrieben und Überweisungsverträge, die abgeschlossen wurden, zulasten des jeweiligen Kontos abgewickelt werden.
Die §§ 676f bis 676h BGB definieren den Girovertrag und betrachten ihn als besondere Form eines Geschäftsbesorgungsvertrags. Bei der Einlösung einer Lastschrift oder bei einem Scheckinkasso ist es erforderlich, auf die Regelungen im Rahmen des Geschäftsbesorgungsvertrags zurückzugreifen. Gemäß § 238 HGB erlogt die Führung des Girokontos unter Beachtung der Grundsätze für die kaufmännische Buchführung. Das Kreditinstitut besitzt die Pflicht, die Kontoführung durch Kontoauszüge und Buchungen nachzuweisen. Zu den Buchungsposten gehören einerseits die Lastschriften (Belastungen Dritter, Daueraufträge, Überweisungen) und andererseits eingehende Zahlungen (Gutschriften). Es bestehen Ausnahmen für Kunden der Bank, die nicht unter Verbraucher fallen. Als Konsument oder Verbraucher bezeichnet man natürliche Personen, die zu ihrer privaten Bedürfnisbefriedigung eine oder auch mehrere Dienstleistungen oder Waren käuflich erwerben.
Geschichtlicher Hintergrund
Im 13. Jahrhundert begannen einige reiche Familien in Florenz, einem Handlungszentrum, große Geldmengen an europäische Herrscher zu verleihen. Sie verlangten dafür sowohl Steuer- und Zollbeteiligungen als auch Zinsen. Das private Bankwesen erreichte im 14. Jahrhundert seine Blütezeit, dies beinhaltete auch Anweisungen für einen bargeldlosen Zahlungsverkehr in Schriftform und ein weitverzweigtes Filialnetz. In Italien entstand parallel der Vorläufer von einer Bankstruktur, der durch öffentlich-rechtliche Rahmenbedingungen gekennzeichnet war. Unter Kaufleuten verbreitet sich weltweit von Italien aus die kontenmäßige Verrechnung und diese wurde für die heutige Girokontenkultur zum Ausgangspunkt. Bevor das moderne Girokonto flächendeckend eingeführt wurde, gab es die Lohntüte, in der Gehälter und Löhne bar ausgezahlt wurden. Sämtliche laufende Kosten wurden mithilfe des Bargelds beglichen.
Mitte des 20. Jahrhunderts forderten mittlere und große Unternehmen aus Gründen der Rationalisierung verstärkt Arbeiter, Angestellte und Beamte dazu auf, das Gehalt oder den Lohn auf das eigene Bankkonto überweisen zu lassen. Die Lohntüte wurde ab 1957 verdrängt, da immer mehr Kommunalverwaltungen und Unternehmen dazu übergingen, Gehälter und Löhne bargeldlos auszuzahlen. Die Fortschritte im Bezug auf die Bankautomation bildeten dafür die Grundlage. Die zunehmende Computerisierung ermöglichte die Bewältigung eines gewünschten Massengeschäfts. Laut der Bundesbank sind in Deutschland mittlerweile knapp 100 Millionen Girokonten registriert.
Kündigung
Der Kontoinhaber kann grundsätzlich nach § 675h Absatz 1 BGB das Girokonto jederzeit kündigen, dabei muss er keine Kündigungsfrist einhalten. Banken legen in den meisten Fällen eine Frist in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen fest. Falls bei Vertragsabschluss eine ausdrückliche Vereinbarung der Kündigungsfrist stattgefunden hat, gilt die Regelung des § 675h Absatz 1 BGB. Wenn eine Vereinbarung hinsichtlich der Kündigungsfrist besteht, die mehr als einen Monat beträgt, bleibt diese unwirksam.
Bei Fällen, in denen der Vertrag für eine unbestimmte Zeit Gültigkeit besitzt, muss nach § 675h Absatz 2 BGB für das Kreditinstitut die Kündigungsfrist mindestens 2 Monate betragen. Eine parallele Führung des neuen und des alten Kontos ist empfehlenswert, um Irrläufer und Fehlbuchungen zu vermeiden.
Pfändungsschutz
Es besteht die Möglichkeit, einen Kontopfändungsschutz zu vereinbaren. Das Pfändungsschutzkonto entspricht einem herkömmlichen Girokonto. Dieses Konto wird aufgrund einer Vereinbarung zwischen dem Kunden und dem Finanzdienstleister, die den Girovertrag ergänzt, als ein Pfändungsschutzkonto geführt. Der § 850k Absatz 1 Satz 1 ZPO bildet hier die Rechtsgrundlage.
Wenn ein Girokonto bereits existiert, besitzt der Kontoinhaber einen Anspruch darauf, dass sein Konto in ein Pfändungsschutzkonto umgewandelt wird. Für den Fall, dass das Konto erst neu eingerichtet wird, kann die Bank dem Verbraucher die Einrichtung des Pfändungsschutzkontos gewähren. Für jeden Kalendermonat existiert automatisch für Guthaben ein pauschaler Basisschutz, dieser beträgt 1.133,80 Euro. Es besteht aber die Möglichkeit, weitere Beträge auf Nachweis freizugeben. Eine Entscheidung des Gerichts oder der vollstreckenden Behörde bei öffentlichen Gläubigern ist nur in besonderen Fällen erforderlich.
Arbeitseinkommen, Sozialleistungen, Renten und finanzielle Unterstützungen von Dritten werden auf diese Weise geschützt. Kommt es zu einer Kontopfändung, besteht weiterhin voller Zugang zum jeweiligen Konto und es können Überweisungen getätigt werden, das bezieht sich aber nur auf die Höhe des geschützten Freibetrags. Verschuldete haben keine Alternative zu dieser speziellen Form der Kontoführung. Für Kontoinhaber ohne Pfändungen und mit schwarzen Zahlen ist sie aber unnötig und auch wenig empfehlenswert. Die Gründe dafür sind, dass Kunden mit einem Pfändungsschutzkonto von ihrer Bank auf eine gewisse Weise stigmatisiert werden. Außerdem sind die betroffenen Verbraucher häufig von eingeschränkten Leistungen und hohen Preisen betroffen.
Zinsen und Gebühren
Die Rechtsprechung hat sich mit vielen Gebühren, die sich auf die Nutzung von Girokonten beziehen, beschäftigt. Befindet sich auf einem Girokonto ein Bankguthaben, wird dieses Guthaben in der Regel nur gering oder gar nicht verzinst. Werden Kredite (geduldete Überziehungen oder genehmigte Kreditlinien) in Anspruch genommen, bezieht sich der Sollzins auf den jeweiligen Preisaushang. Im Gegensatz dazu ist die Verzinsung für eine Überziehung ziemlich hoch. In der Regel liegt sie zwischen 5 % und 15 %, laut Finanztest im Schnitt bei etwa 12 %. Eine Kontoführungsgebühr wird meist je Buchungsposten oder als Pauschale berechnet. Kostenlose Girokonten werden zum Teil mit Bedingungenn verknüpft. Beispiele für diese Bedingungen sind, eine ausschließliche Online-Kontoführung oder ein Geldeingang, der regelmäßig erfolgt.
Für Schüler, Auszubildende und Studenten ist die Führung des Kontos meist nicht mit Kosten verbunden. Finanzdienstleister dürfen üblicherweise keine Entgelte für eine Erfüllung der vertraglichen Nebenpflichten verlangen. Das Gesetz gestattet aber ausdrücklich Ausnahmen. Die sofortige Unterrichtung des Kontobesitzers bei einer berechtigten Zurückweisung eines Zahlungsauftrags stellt gemäß § 675o Abs. 1 Satz 4 BGB eine solche Ausnahme dar. Der Bank ist es hier gestattet, ein Entgelt zu vereinbaren. Ausschließlich für Lastschriften im Kontext des SEPA-Lastschriftverfahrens und im Abbuchungsauftragsverfahren gilt diese Regelung uneingeschränkt. Bei älteren Lastschriften beim Einzugsermächtigungsverfahren kann für eine Benachrichtigung kein Geld eingefordert werden, da in diesen Fällen regelmäßig eine Autorisierung des Zahlungspflichtigens fehlt und sich der § 675o BGB auch nur auf berechtigte Lastschriften bezieht.
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