Was bedeutet Haftungsfreistellung?
Wer die Entscheidung trifft sich Selbstständig zu machen ist vor eine große Aufgabe gestellt. Neben der hauptsächlichen Arbeit im Tätigkeitsfeld muss auch noch die Finanzierung für dieses Projekt gestemmt werden. Dies ist vor allem zu Beginn der Selbstständigkeit nicht für jedermann möglich. Aufgrund der anfänglich hohen finanziellen Belastung und der geringen Sicherheiten werden staatlich geförderte Kredite ausgegeben. Diese werden Existenzgründerdarlehen genannt und können in fast allen Kreditinstituten beantragt werden. Dem Antrag muss ein gut ausgearbeiteter Businessplan beigelegt werden. Dieser dient als Entscheidungsgrundlag für die Vergabe uns sollte deshalb Gewissenhaft und eventuell unter Zuhilfenahme eines Beraters erstellt werden. Die Zinsen fallen gering aus und auch der Tilgungsplan kann an die gegenwärtige Situation des Kreditnehmers angepasst werden.
Bei der Aufnahme eines Existenzgründerdarlehens kann auch eine Haftungsfreistellung durch den Schuldner beantragt werden. Somit wird die Rückzahlung im Insolvenzfall des Schuldners vom Gläubiger, also der Hausbank und der Förderbank, übernommen.
Ein Kreditnehmer haftet grundsätzlich selbst für seinen Kredit. Bei öffentlich, geförderten Krediten, kann das Haftungsrisiko des Kreditnehmers jedoch vom Staat bzw. staatlichen Förderbanken über eine Haftungsfreistellung teilweise oder vollständig übernommen werden. Im Insolvenzfall übernehmen dann die Haus- als auch die Förderbank den Kreditausfall, jeweils anteilmäßig in der Höhe so wie es in der Haftungsfreistellung vereinbart wurde.
Seit einigen Jahren tun sich Banken auch aufgrund restriktiver Kreditrichtlinien bei der Gewährung von Krediten schwer. Denn jeder Kredit birgt in sich ein Ausfallrisiko. Der Kreditnehmer kann den Kredit im Insolvenzfall nicht zurückzahlen. Daher werden Kreditnehmer vor einer Kreditbewilligung generell streng überprüft. Die Kreditwürdigkeit(Bonität) wird dann oft in Frage gestellt. Bei geringem Eigenkapital oder fehlenden Sicherheiten werden Kreditanträge daher häufig abgelehnt. Doch gerade Jungunternehmern oder Existenzgründern fehlt oft das notwendige Kapital um ihr Vorhaben umzusetzen.
Da der deutsche Staat aber ein großes Interesse an erfolgreichen Existenzgründungen hat, haben es sich die KfW Bankengruppe und die Landwirtschaftliche Rentenbank auf Bundesebene, sowie zahlreiche Förderbanken auf Landesebene (L-Bank, LfA, ISB, BAB, etc.) zur Aufgabe gemacht, mit Hilfe einer Haftungsfreistellung diesem Personenkreis auch bei geringer Kreditwürdigkeit und dadurch bedingtem höherem Kreditausfallrisiko, dennoch eine Kreditaufnahme zu ermöglichen. Die teilweise oder vollständige Freistellung des Haftungsrisikos durch eine Haftungsfreistellung, reduziert das Ausfallrisiko der Hausbank und trägt damit zu einer wesentlichen Verbesserung der Bonität der Kreditnehmern bei, sodass sich Banken bei der Kreditentscheidung erheblich leichter tun.
Förderkredite müssen aufgrund des in Deutschland geltenden Hausbankprinzips vom Kreditnehmer bei seiner Hausbank beantragt werden. Wenn die Fördervoraussetzungen erfüllt sind und die Kreditbewilligungen, sowohl durch Hausbank als auch Förderbank vorliegen, erhält die Hausbank die beantragte Kreditsumme von der Förderbank (z.B. KfW) und leitet die Summe weiter an den Kreditnehmer. Dieser haftet gegenüber seiner Hausbank dann für die gesamte Kreditsumme. Die Hausbank wiederum haftet gegenüber der Förderbank auch für die gesamte Kreditsumme.
Die Haftung der Hausbank kann aber bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen geteilt werden. Die Rückzahlungsverpflichtung für den Kreditnehmer bleibt dabei gleich. Er haftet immer für den gesamten Kreditbetrag. Die Haftung der finanzierenden Hausbank (Primärbank) hingegen, kann durch spezielle Förderdarlehen mit integrierter Ausfallbürgschaft (sogenannte Haftungsfreistellungen) herabgesetzt werden. Das ist dann der Fall, wenn die Übernahme der vollen Haftung von der Primärbank abgelehnt wird, da z.B. vom Endkreditnehmer keine ausreichenden Sicherheiten gestellt werden können. In diesem Fall kann die Primärbank, auf Antrag, zu einem bestimmten Anteil von ihrer Haftung freigestellt werden. Das bedeutet, die Hausbank wird in Höhe eines vereinbarten Anteils von ihrer Haftung gegenüber der Förderbank befreit. Eine solche Haftungsfreistellung beläuft sich im Regelfall auf 40 bis 100 Prozent, je nach Art des Förderdarlehens. Die Haftungsfreistellung verbleibt bei der Hausbank.
Ein Vergleich zeigt, das Förderkredite mit Haftungsfreistellung für Existenzgründer und Unternehmen entscheidende Vorteile mit sich bringen, denn es müssen weniger Finanzmittel eingesetzt werden. Wenn die Möglichkeit einer Haftungsfreistellung nicht genutzt wird, muss der betreffende Kreditnehmer die von seiner Hausbank verlangten Sicherheiten zu 100 Prozent selbst aufbringen. Wird die Möglichkeit einer Haftungsfreistellung (z.B. 50%) hingegen genutzt, hat der Kreditnehmer mit der Haftungsfreistellung schon 50 Prozent Sicherheiten mitbekommen. Er muss nur noch 50 Prozent der Sicherheiten selbst aufbringen und hat damit seine Finanzierungsmöglichkeiten quasi verdoppelt.
Haftungsfreistellungen sind aber grundsätzlich nur dann möglich, wenn unter der Annahme einer normalen wirtschaftlichen Entwicklung, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eine vollständige Rückzahlung der Kreditsumme innerhalb der vereinbarten Laufzeit, erwartet werden kann. Im Fall das bereits bei Antragstellung mit einem möglichen Kreditausfall des Kreditnehmers und einer Inanspruchnahme der Förderbank zu rechnen ist, wird eine Haftungsfreistellung schon durch die Hausbank, spätestens aber durch die Förderbank abgelehnt.
Für den Kreditnehmer hat die Haftungsfreistellung meistens keine unmittelbaren finanziellen Auswirkungen, mit der Ausnahme das seine Kreditwürdigkeit, seitens der finanzierenden Hausbank, höher eingestuft wird. Er muss nur einen geringfügigen Zinsaufschlag, in manchen Fällen sogar keinen, für die von ihm beantragte Haftungsfreistellung zahlen. Im Zinssatz wird die Risikomarge einkalkuliert, die sich Förderbank und Hausbank entsprechend der Haftungsfreistellung teilen. Die Höhe der Zinsen bleibt für den Kreditnehmer unverändert, unabhängig davon ob es zur Risikoteilung zwischen der Hausbank und der Förderbank kommt oder nicht.
Die Haftungsfreistellung ist aber kein Ersatz für fehlende Sicherheiten. Im Insolvenzfall des Kreditnehmers werden zuerst immer die mit dem haftungsfreigestellten Förderkredit finanzierten Gegenstände, sowie die vom Kreditnehmer zur Verfügung gestellten Sicherheiten, herangezogen. Der Erlös wird, je nach dem Prozentanteil der Haftung, zwischen Hausbank und Förderbank aufgeteilt.
Ein bekannter und gern in Anspruch genommener Förderkredit, mit der Möglichkeit einer Haftungsfreistellung, ist z.B. der KfW-Unternehmerkredit für kleine und mittelständische Unternehmen und Freiberufler. Dieser Förderkredit ist mit einer 50-prozentigen Haftungsfreistellung für die Hausbank des Kreditnehmers verbunden. Ein weiterer bekannter Förderkredit mit Haftungsfreistellung ist der ERP-Gründerkredit – Startgeld. Bei diesem Kredit erhält die Hausbank sogar eine 80-prozentige Haftungsfreistellung.
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