Mit dem französischen Begriff „Hausse“ wird in der Finanzwelt eine längere Marktphase ansteigender Aktienkurse bezeichnet. Ins Deutsche übersetzt bedeutet „ la Hausse“ der Anstieg. Damit wirklich von einer „Hausse“ gesprochen werden kann, sollte der Anstieg auf einem Aktien- oder Indexchart, dem graphischen Verlauf der Kurse, deutlich sichtbar sein. Eine Hausse ist eine der drei möglichen Marktphasen an der Börse: Hausse, Baisse und der Seitwärtsmarkt. Hausse und Baisse gehen in der Regel am Ende ihres Zyklus zunächst in einen Seitwärtsmarkt über. Man spricht dann, bezogen auf die Hausse, auch von einer Topbildung. Im weiteren Verlauf des Seitwärtsmarktes entscheidet es sich schließlich, ob der Markt in eine Korrektur und Baisse übergeht oder ob die Hausse wieder aufgenommen werden kann.
Eine Hausse ist der Ausdruck eines gesunden Wirtschaftsumfeldes
Eine Hausse des Gesamtmarktes geht im Idealfall mit guten bis sehr guten wirtschaftlichen Kennzahlen einher. Die Unternehmen verdienen gutes Geld, das politische Umfeld ist wirtschaftsfreundlich und niedrige Zinsen fördern und erleichtern die Kreditaufnahme der Firmen für neue Investitionen und die Entwicklung neuer Produkte. Neue Produkte und Investitionen in zukunftsträchtige Geschäftsfelder regen die Phantasie der Börsianer, Investoren und Spekulanten an und sorgen dadurch für weiter steigende Kurse. Das Vertrauen in die Wirtschaftskraft eines Landes und in die Innovationsfähigkeit der Firmen ist groß. Man spricht dann davon, dass die Hausse die Hausse nährt.
Phantasie ist der Treibstoff einer Hausse
An der Börse wird vor allem die Zukunft gehandelt. Für Börsianer ist nichts so langweilig wie ein Geschäftsbericht von gestern oder ein Geschäftsfeld mit geringen Zukunftsaussichten auf steigende Erträge. Phantasie ist daher in den meisten Fällen der Auslöser und der Beginn einer neuen Hausse. Sie bedeutet, dass die Börsianer erwarten, dass die Aktiengesellschaften in der Zukunft steigende Erträge erwirtschaften. Die entsprechenden Treiber hierfür können die Aussicht auf sinkende Zinsen sein, die die Kreditaufnahme und damit die Investitionen billiger machen. Durch Umschuldung in zinsgünstige Kredite können teils enorme Kosten für die Zinszahlungen eingespart werden und diese Kosteneinsparungen kommen dem Gewinn der Aktiengesellschaften zugute. Weitere Treiber, die die Phantasie der Börsianer anregen sind ein neues, wirtschaftsfreundlicheres politisches Umfeld, neue internationale Handelsabkommen, Steuersenkungen, Konjunkturprogramme und das Entdecken neuer zukunftsträchtiger und innovativer Geschäftsfelder.
Phantasie durch Internethandel, Steuersenkungen, Investitionsprogramme und E-Mobilität
So löste in den späten 1990er Jahren die Phantasie auf eine Kommerzialisierung des Internets und die Erwartung eines blühenden Zeitalters des internationalen Internethandels, vor allem im Technologiebereich, eine langjährige Hausse aus. Als im Jahre 2017 deutlich wurde, dass die Wahlversprechen des amerikanischen Präsidenten Donald Trump bezüglich Investitionsprogramme für die Infrastruktur und Steuersenkungen – er nannte es werbewirksam das größte Investitions- und Steuersenkungsprogramm aller Zeiten – keine leeren Worthülsen eines Politikers waren, sondern in absehbarer Zeit umgesetzt werden, bekam die bereits langjährige Hausse an den US-Amerikanischen Börsen neues Feuer. Die Börsianer und Investoren gewannen neues Vertrauen und erwarteten aufgrund der Investitionsprogramme und Steuersenkungen steigende Gewinne der Aktienfirmen. Aufgrund des neuen Vertrauens und der neu erweckten Phantasie auf steigende Gewinne wurde neue, oft kreditfinanzierte, Liquidität freigesetzt und es kam im Verlaufe des Jahres 2017 folgerichtig zu immer neuen Höchstständen an der Börse.
Ein weiteres Beispiel, wie neue, innovative Geschäftsfelder die Phantasie der Börsianer anregt und eine Hausse auslöst, ist die US-amerikanischen Hightechschmiede Tesla. Tesla hat sich auf dem Gebiet der E-Mobilität als weltweiter Innovationsführer einen Namen gemacht. 2003 gegründet, ging Tesla 2010 an die Börse. Aufgrund der enormen Phantasie, die die Investoren in dem Geschäftsfeld von Tesla sahen und da Tesla technologisch auf dem Gebiet der E-Mobilität als führend gilt, stieg der Aktienkurs von ca. 15 $ beim Börsengang bis auf über 360 $ im Jahr 2018. Diese enorme Hausse gelang, obwohl Tesla seinen Wachstum größtenteils kreditfinanziert vorantreibt. Kreditfinanzierter Wachstum ist an der Börse kein Manko, wenn die eingenommene Liquidität sinnvoll, innovativ und in wachstumsträchtigen Geschäftsfeldern eingesetzt wird. Börsianer sind an dieser Stelle pragmatisch und sehen die Schulden von heute als die Gewinne von morgen an.
Hausse in Branchensegmenten
Eine Hausse kann in einem Gesamtmarkt, wie dem Deutschen Aktienindex (DAX) oder dem amerikanischen Dow Jones starten oder auch nur in vereinzelten Segmenten der Börsen. Wird ein Gesamtmarktindex von einem Branchenindex, wie z. B. einem Technologie- oder Bankenindex ausperformt, liegt dies in der Regel an Wettbewerbsvorteilen gegenüber dem Restmarkt aufgrund von Steuervorteilen für dieses Börsensegment, einem veränderten Verbraucherverhalten oder dem Erschließen neuer und innovativer Technologien. An der Börse wird stets die Zukunft gehandelt und kleinste Änderungen in den Geschäftsfeldern können sich bereits in den Kursen nachhaltig bemerkbar machen und diese veränderten Marktsituationen führen mit der Zeit zu einer Über- oder Unterperformance einzelner Branchenindexen.
Megatrends führen zu einer Hausse
In den letzten Jahren hat sich im Kontext mit dem Begriff der „Hausse“, auch der Begriff der „Megatrends“ etabliert. Megatrends sind Trends, die gesellschaftlich und wirtschaftlich neue Akzente setzen und von denen anzunehmen ist, das diese Akzente jahrzehntelang anhalten werden. Gegenwärtig werden vor allem die Themen Gesundheit, Senioren, Internethandel, Robotik, Mobilität, Sicherheit, Cyberkriminalität und Freizeit als Megatrends angesehen. Aktiengesellschaften, die sich mit ihren Geschäftsfeldern und Produkten innerhalb von Megatrends bewegen und etablieren werden zu Beginn einer Hausse gerne gekauft, da man sich von diesen Aktien, aufgrund eines zugrundeliegenden Megatrends, eine jahrelange Hausse und eine bessere Performance dieser Aktien gegenüber dem Gesamtmarkt erwartet. Amazon, Apple, SAP, Netflix, Tesla oder Google sind namenhafte Beispiele von Unternehmen, die sich in Megatrends bewegen.
Dienstmädchen- und Hausfrauenhausse
Wenn in der letzten Phase einer Hausse verstärkt Börsenlaien auf den Börsenzug aufspringen, um auch an der Hausse zu partizipieren, sprechen Börsenprofis ein wenig despektierlich von einer Dienstmädchen- und Hausfrauenhausse. Das Phänomen der Hausfrauenhausse wird meistens durch eine gesteigerte Berichtserstattung in der Presse und im Fernsehen ausgelöst. Erfahrene Börsianer sehen dies als ein Warnzeichen für die Börse an. Wenn Laien angelockt durch das vermeintlich leicht verdiente Geld an die Börse kommen, kann dies bedeuten, das die Hausse in ihren letzten Zügen liegt und zumindest ein temporärer Rückgang der Aktienwerte möglich ist.