Hinter dem Begriff Hebeleffekt verbirgt sich auch die englische Bezeichnung Leverage-Effelt. Allgemein wird hier von einer Situation ausgegangen, bei der eine kleine Veränderung einer Variablen zu großen Veränderungen führt. Im Finanzwesen wird der Begriff bei der Kapitalstruktur von Unternehmen, bei der Kostenstruktur und bei Derivaten verwendet. Ebenso tritt der Hebeleffekt im Bereich des Handels mit Optionen und Optionsscheinen auf. Es handelt sich um eine Kennzahl, mit der das Verhältnis zwischen dem Basiswertkurs und dem Optionsscheinkurs angegeben wird. Diese wird in aller Regel in Prozent angegeben.
Inhalt
Wie funktioniert der Hebeleffekt?
Zunächst ist für den Kauf eines Optionsscheines zum Basiswert ein geringerer Kapitalaufwand nötig. Dies bedeutet, dass das Optionsrecht für einen geringeren Betrag verfügbar ist, als für die Aktie, auf die sich die Option bezieht. So sorgt eine Änderung des Aktienkurses auch für einen geänderten Preis für den Optionsschein. Der Anleger erzielt damit mit seinem eingesetzten Kapital einen höheren Gewinn.
Der Hebel als Kennzahl wird mit einer einfachen Formel berechnet. Hierzu wird lediglich das Bezugsverhältnis mit dem Optionsscheinkurs multipliziert. Danach muss der aktuelle Aktienkurs durch die erhaltene Summe dividiert werden. Sie erhalten nun die Kennzahl, mit der sich die Veränderung des Optionsscheinpreises berechnen lässt.
Liegt die Hebel-Kennzahl zum Beispiel bei 3, dann verändert sich der Kurs des Optionsscheines um 3 Punkte, wenn sich der Kurs der Basisaktie um einen Punkt verändert. Der Hebel von 3 sorgt somit dafür, dass ein dreifacher Hebeleffekt entsteht. Aus diesem Grund muss der Anleger nur ein Drittel seines Kapitals für seine Optionsscheine einsetzen. Wenn er wertgleiche Aktien hätte kaufen wollen, dann würde ein dreifach hohes Kapital dafür nötig sein. Je größer der Hebel ist, umso ergiebiger fällt auch der Hebeleffekt aus. Ebenso bedeutet ein hoher Hebeleffekt, dass die Renditechancen steigen. Andererseits steigt proportional auch das Risiko bei einem höheren Hebel.
Wie der Hebeleffekt eingesetzt werden kann
Der Hebeleffekt sorgt für eine Hebelwirkung bei den Finanzierungskosten des aufgenommenen Fremdkapitals und wird als Eigenkapitalverzinsung verstanden. Somit kann durch den Einsatz von Fremdkapital bei einer Investition die Eigenkapitalrendite gesteigert werden. In diesem Fall kann der Investor Fremdkapital zu günstigeren Konditionen aufnehmen. Auf dem Markt werden diesbezüglich sogenannte Hebelzertifikate angeboten. Somit lässt sich mit reichlich Fachverständnis sogar der eigene Hausbau günstiger finanzieren.
Beispiele:
Ein Unternehmen erzielt mit seinem eingesetzten Kapital eine Rendite von 10 %. Das hierzu eingesetzte Kapital beträgt 1.000 Euro. Es wurde zur Hälfte durch Eigenkapital und zur anderen Hälfte aus Fremdkapital finanziert. Der Gewinn vor Zinsen liegt bei 100 Euro. Für das aufgenommene Fremdkapital in Höhe von 500 Euro muss das Unternehmen 2 % Zinsen zahlen, also 10 Euro. Daraus ergibt sich ein Gewinn von 90 Euro. Daraus lässt sich die Eigenkapitalrendite durch 90 Euro dividiert durch 500 Euro in Höhe von 18 % errechnen. Beachten Sie, dass sich der Gewinn nur auf das eingesetzte Eigenkapital in Höhe von 500 Euro bezieht. Der Hebeleffekt stellt die Differenz zwischen Rendite und Zinsaufwand dar und beträgt hier 90 Euro (100 Euro minus 10 Euro). Dies bedeutet 18 % auf das eingesetzte Eigenkapital.
Im vorliegenden Fall reduziert das Unternehmen den Eigenkapitaleinsatz von 500 auf 200 Euro. Für die Differenz muss nun Fremdkapital aufgenommen werden, welches 800 Euro beträgt. Unter Beibehalten der 2 % Verzinsung muss das Unternehmen für das aufgenommene Fremdkapital 16 Euro an Zinsen zahlen (800 Euro x 2 %). Der Gewinn liegt immer noch bei 100 Euro, wobei hiervon die 16 Euro abgezogen werden müssen. Danach liegt der Gewinn nunmehr bei 84 Euro. Interessant ist, dass dieser Gewinn mit nur 200 Euro Eigenkapital erwirtschaftet wurde. Die Eigenkapitalrendite errechnet sich durch 80 Euro dividiert durch 200 Euro und beträgt 42 %. Nun wird vorausgesetzt, dass die 300 Euro des zusätzlich aufgenommenen Fremdkapitals ebenfalls zu den Fremdkapitalzinsen angelegt wurden, damit die Lücke des absoluten Gewinns geschlossen werden kann.
Im letzten Beispiel steigen die Zinsen für das aufgenommene Fremdkapital auf 12 % an. Vom ursprünglichen Gewinn von 100 Euro müssen nunmehr 96 Euro an Fremdkapitalzinsen gezahlt werden (800 Euro x 12 %). Dem Unternehmen bleiben nur noch 4 Euro an Gewinn (100 Euro – 96 Euro). Hieruas ergibt sich eine Eigenkapitalrendite von 2 % (4 Euro dividiert durch 200 Euro).
Hebelwirkung bei Derivaten
Auch bei den Derivaten gibt es den Hebelsatz, wenn zum Beispiel mit geringem Eigenkapital große Veränderungen im Basiswert erreicht werden können. So sind prozentuale Veränderungen der Gewinne und Verluste auf ein solches Derivat größer als die Veränderung des Basiswertes. Von einem einfachen Hebel ist die Rede, wenn ein Anleger viele Optionsscheine für den aktuellen Basiswertkurs kauft. Er wird durch die Division des Basiswertkurses mit dem Preis der Optionen ermittelt. Jedoch ist hier zu berücksichtigen, dann der Hebel nicht angibt, um wie viel Prozent der Wert für eine Kauf- oder Verkaufs-Option steigt, wenn sich der Basiswert um 1 % erhöht oder verringert. Hierbei handelt es sich nur um eine Kennzahl, die den Investitionsgrad des Anlegers wiederspiegelt. Dieser Hebel wird auch als Kennzahl Omega bezeichnet.
Schlussfolgerung
Der Hebel bzw. der Hebeleffekt stellt in Bezug auf die Bewertung von Optionsscheinen und Optionen einen wichtigen Wert dar. So besagt zum Beispiel ein doppelter Hebel, dass im Vergleich zum Bezugswert lediglich die Hälfte für eine Investition getätigt werden muss. Der aktuelle Hebel entspricht in diesem Fall dem Aktienkurs in Form des Bezugsverhältnisses multipliziert mit dem Optionsscheinkurs.
Wird der Hebeleffekt in der Finanzwirtschaft bei der Kreditvergabe betrachtet, dann kann zum Beispiel der Einsatz von Fremdkapital sogar die Rendite des eingesetzten Eigenkapitals erhöhen. Voraussetzung ist jedoch, dass das eingesetzte Fremdkapital zu einem deutlich niedrigeren Zinssatz erworben wird, als die Höhe der Gesamtkapitalrendite beträgt. Die eigentlichen Risiken bei Verwendung des Hebeleffektes liegen in erster Linie in der Zins- und Renditeentwicklung.
Je größer der Hebeleffekt oder der Hebel ist, desto höher ist auch der Bezugswert im direkten Vergleich zur erforderlichen Investition. Der Hebel wird nach der Formel Aktienkurs multipliziert mit der Ratio dividiert durch den Optionspreis errechnet. Viele Optionsscheine besitzen ein- bis zweistellige Hebel. Optionen, die bereits weit im Geld sind, verzeichnen niedrige Hebel und zwar in erster Linie dann, wenn die Laufzeit recht kurz ist. Im DAX finden Sie zahlreiche Optionen mit einstelligen Hebel, die nur eine Laufzeit von 6 Monate besitzen. Werden solche Optionen gewählt, dann ist abzuwägen, ob der DAX in den nächsten 6 Monaten steigt oder fällt.
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