Als Kapitaldienstfähigkeit wird die Fähigkeit eines Kreditkunden bezeichnet, eine zu erwartende Kreditbelastung aus seinen laufenden Einnahmen zu tragen. Zur Feststellung der Kapitaldienstfähigkeit führen die Banken bei Kreditanträgen eine Bonitätsprüfung durch.
Inhalt
Prüfung der Bonität, Kapitaldienstfähigkeit
Die Kapitaldienstfähigkeit, auch Bonität, Kreditwürdigkeit oder Zahlungsfähigkeit von potenziellen Kreditnehmern zu überprüfen ist ein Bestandteil vom Risikomanagement der Banken und sonstigen Finanzdienstleister. Die Überprüfungen sollen das Ausfallrisiko bei Krediten mindern und den Banken bessere Sicherheiten gewähren, dass der Antragsteller für einen Kredit die Tilgung auch termingerecht und zuverlässig bedienen kann. Bezüglich des Vorgehens bei den Bonitätsprüfungen für Kredite unter 750.000 Euro gibt es keine gesetzlich bindenden Vorschriften. Vorschriften gelten lediglich was die Behandlung der dafür verwendeten Daten anbetrifft. Hier greifen die Datenschutzbestimmungen. Der fehlende einheitliche gesetzliche Rahmen lässt zu, dass verschiedenste Daten von Wirtschaftsauskunfteien wie z.B. der Schufa nach unterschiedlichen Kriterien verwendet werden. Daraus ergeben sich immer wieder Probleme einer zutreffenden und stichhaltigen Prüfung des Ausfallrisikos bei Personen und Personengruppen.
Überprüfung der Kapitaldienstfähigkeit grundsätzlich notwendig
Jeder Kreditgeber hat ein berechtigtes Interesse daran, sein Geld einschließlich der vereinbarten Zinsen nach den vertraglich festgelegten Modalitäten wieder erstattet zu bekommen. Daher ist eine Bonitätsprüfung durch die Banken grundsätzlich eine notwendige Maßnahme für geregelte Finanzdienstleistungen. An einer Bonitätsprüfung haben nicht nur die Banken Interesse, sondern auch Unternehmen, die Verträge über langfristige Zahlungsverpflichtungen abschließen sowie Vermieter. In Deutschland gibt es die Schufa. Die Schufa ist ein privatwirtschaftliche Wirtschaftsauskunftei. In den Datensammlungen der Schufa gibt es Einträge über das Finanzverhalten von Einzelpersonen und Unternehmen. Dazu gehören u.a. bestehende Zahlungsverpflichtungen, Verhalten bei der Tilgung der Kredite (Zahlungsversäumnisse usw.), Insolvenzen, Räumungsbefehle aufgrund versäumter Mietzahlungen und dergl. mehr. Welche Daten an wen herausgegeben werden dürfen und unter welchen Umständen ist gesetzlich geregelt. Grundsätzlich dürfen Schufa-Daten nicht herausgegeben ohne Zustimmung des Betroffenen. Allerdings bedeutet eine Verweigerung des Einverständnisses zur Schufa-Abfrage auch, dass die Bank keinen Kredit vergibt. Ebenso wenig kommt der Handy-Vertrag oder Mietvertrag zustande, wird der Schufa-Abfrage nicht zugestimmt.
Kriterien für die Bonitätsprüfung sind:
- Einkommen – Gehalt, Renten, Nebeneinkünfte, Einnahmen aus Vermietung usw.
- Ungekündigtes Arbeitsverhältnis – Gehaltsnachweise, Rentennachweise
- Einkommenssteuer bei Selbstständigen
- Auskunft zu laufenden Zahlungsverpflichtungen, Verbindlichkeiten
- Personendaten – Wohnsitz, Volljährigkeit, keine Einschränkung der Geschäftsfähigkeit
Hat der Antragsteller schriftlich oder über die Online Abfrage sein Einverständnis mit der Abfrage der Schufa-Daten erklärt, kann heute die Datenabfrage digital auf schnellem Weg vorgenommen werden.
Probleme bei der Einschätzung der Daten und Verwendung weiterer Kriterien zur Ermittlung der Kapitaldienstfähigkeit
Ganz so übersichtlich verläuft die Datenerhebung in der Praxis allerdings nicht immer. Eine Ursache ist, dass die größte deutsche Wirtschaftsauskunftei Schufa und andere Wirtschaftsauskunfteien wenig Transparenz bei den Bewertungsmaßstäben zeigen. Da gesetzliche Bestimmungen zu den Bewertungsmaßstäben in Einzelheiten noch fehlen, werden teilweise auch sehr fragwürdige sogenannte weiche Daten herangezogen. Das sind zum Beispiel statistische Erhebungen über das durchschnittliche Zahlungsverhalten von Personen in einem bestimmten Wohnumfeld und ähnliche Erhebungen. So kann es vorkommen, dass die Bonität eines Antragstellers für einen Kredit falsch eingeschätzt wird. Statistische Erhebungen und mathematische Berechnungsschlüssel sind nicht in der Lage das Zahlungsverhalten und die allgemeine Bonität einer Person ausreichend zu beurteilen. Probleme können sich auch daraus ergeben, dass Einträge bei der Schufa nicht termingerecht gelöscht werden, nachdem ein Kredit getilgt wurde. Davor kann sich jedoch jeder Bürger in Deutschland schützen, indem er eine kostenlose Selbstauskunft über seine Daten bei der Schufa beantragt. Einmal im Jahr ist die Schufa zur Erteilung der vollständigen Datenauskunft für jeden deutschen Bürger verpflichtet. Bestehen noch Alteinträge, kann der Bürger auf der sofortigen Löschung dieser Daten bestehen. Wirklich kostenlos ist allerdings nur die Datenauskunft der Schufa auf dem Postweg. Für eine Datenauskunft online wird eine Gebühr erhoben.
Schlechtere Kreditchancen für Selbstständige und Freiberufler
Insbesondere nach der Finanzkrise im ersten Jahrzehnt nach dem Jahr 2000 üben die Banken eine strenge Zurückhaltung bei der Kreditzusage für Selbstständige und Freiberufler. Die schwankenden Einkünfte lassen sich meist weniger genau überprüfen als das laufende Gehalt aus einem festen Arbeitsverhältnis. Gibt es keine weitergehenden Sicherheiten für die Absicherung vor Zahlungsausfällen, werden Kreditanträge von vielen Banken abgelehnt. Aussichtslos ist der Kredit für diese Personengruppen dennoch nicht. Sowohl einige Banken wie die großen renommierten Kreditmarktplätze gewähren auch leichter Kredite für Selbstständige und Freiberufler.
Kredite für Personengruppen mit schlechter Schufa-Auskunft und Auszubildende
Bestimmte Banken bieten spezielle Kredite für Auszubildende und Studenten an, die nicht mit den üblichen Maßstäben der allgemeinen Bonitätsprüfung erfasst werden können. Unter bestimmten Voraussetzungen gibt es auch bei negativer Schufa-Auskunft einen Kredit ohne Schufa von seriösen, großen Kreditmarkplätzen. Banken gewähren gewöhnlich unter diesen Bedingungen keine Kreditzusage.
Überprüfung der Kapitaldienstfähigkeit ist kein unbedingter Schutz vor Zahlungsausfall
Die üblichen Bonitätsprüfungen können nur von den Ergebnissen der verschiedenen Datenabfragen über eine Person ausgehen. Der bis dato gesicherte Arbeitsplatz kann gekündigt und Wechselfälle des Lebens wie Krankheit, Unfall, Schadensfall ohne Versicherungsausgleich können zu Zahlungsausfällen führen. Zahlungsverhalten in der Vergangenheit ist keine Garantie gegen die Überschuldung eines Kreditnehmers in der Zukunft. Besonders die sehr langfristigen und hohen Baufinanzierungen geraten allzu schnell ins Schwanken, wenn Sicherheiten für die regelmäßige Ratentilgung wegfallen. Die Bonitätsprüfung kann immer nur eine möglichst zutreffende Wahrscheinlichkeit aussagen, Garantien liefert sie nicht.
Kreditnehmer können sich mit speziellen Versicherungen gegen die Folgen eines unverschuldeten Zahlungsausfalls bei Krediten schützen. Nicht unbedingt ist eine in Zusammenhang mit dem Kredit angebotene Versicherung die beste Wahl. Wie bei allen Versicherungen sollte auch hier ein gründlicher Vergleich vor dem Abschluss eines Vertrages stehen.
Gerade die Anzahl der Konsumentenkredite ist in den letzten Jahren insgesamt angewachsen. Ein leichter Rückgang war von 2018 gegenüber 2017 zu verzeichnen. Dem gegenüber hat die Anzahl der Privatinsolvenzen, die in der Regel mit hohen Zahlungsausfällen einhergehen, stark abgenommen. Das dürfte einer verbesserten wirtschaftlichen Sicherheit geschuldet sein. Zum übergroßen Teil werden die Kredite von Privatpersonen in Deutschland mit pünktlichen Ratenzahlungen und termingerechten Tilgungen bedient. Der übergroße Teil der privaten Kreditnehmer zeigt also ein gutes, verantwortliches Zahlungsverhalten. Allerdings sind infolge der anhaltend sehr niedrigen Zinsen Kredite bis hin zu den hohen Baufinanzierungen günstiger geworden.
Im Fazit lässt sich sagen, dass eine Prüfung der Kapitaldienstfähigkeit eine Notwendigkeit beim Risikomanagement ist. Die Praxis von Wirtschaftsauskunfteien und das Heranziehen von statistisch und mathematisch ermittelten Bewertungen unter Einbeziehung der „weichen Daten“ kann eine reale Einschätzung verhindern. Hier mangelt es an konkreten gesetzlichen Regelungen.
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