Kreditinstitute sind während ihres Aktivgeschäfts von zahlreichen Faktoren abhängig. Generell behandeln die Risikofaktoren verschiedene Aspekte der Ausfallwahrscheinlichkeit und der Minderung des zu erwartenden Gewinns. Dieser Ausfall kann sich dabei teilweise oder komplett ankündigen. Das Kreditrisiko umfasst das Spektrum der Risikofaktoren individueller Verträge mit separaten Parametern, Marktschwankungen und weitere risikobedingte Handlungen der unterschiedlichen Banken sowie Kreditinstitute selbst. Bei der jeweiligen Einschätzung erfolgen zum einen eine Risikobetrachtung im einzelnen Kreditgeschäft sowie das Gesamtrisiko als Summe aller Kredit in Anspruch nehmenden Instanzen.
Inhalt
Verschiedene Risikofaktoren auf dem Kreditmarkt
Wie bei allen Finanzgeschäften begleiten auch die Kreditwirtschaft nicht immer selbst bestimmte Einflussfaktoren. Zum einen hängt dies mit dem Markt selbst als dynamisches und wandelbares Instrument zusammen. Aber auch die jeweiligen Rahmenbedingungen aller individuellen Kreditverträge lassen einige Variationen und genug Spielraum für Wechsel, Entwicklung und Kursprognosen zu. Zudem beherrschen folgende Aspekte das Risikolevel der Kreditinstitute bei jedem abgeschlossenen Deal:
- Einzelrisiken (Bestand Einzelwertberichtigungen, EWB-Veränderung)
- Volumenrisiken (Abweichung der Wachstumsrate, Senkung der gruppendurchschnittlichen Rate)
- Streuungsrisiken (Größenstreuung, Branchenstreuung, Regionale Streuung)
- Margenverfall durch Wettbewerbsbedingungen
- Liquiditätsrisiko (Terminrisiko)
- Zinsänderungsrisiko
- Währungsrisiko
- Länderrisiko
- Sicherungsrisiko
- Steigende Eigenkapitalunterlegungen aufgrund Regulierung des Marktes
- Volatile Märkte verursachen Wertschwankungen bezüglich Sicherheiten
(Inflationsrisiko, Deflationsrisiko)
Praxis: Insbesondere die Wertschwankung auf den Immobilienmärkten ist von den volatilen Märkten stark geprägt. Die Immobilie ist das Hauptinstrument schlechthin bei der Kreditbesicherung und demzufolge sehr variabel.
Des Weiteren senkt eine angestrebte Fristentransformation mitunter die Zinsmarge der Banken. Als strategischer Schachzug wird das Zinsergebnis der Kreditinstitute oftmals gesteigert, indem sie sich im kurzen Zeitfenster durch günstige Zinssätze refinanziert. Dabei wird weiterhin der langfristig eingerechnete Zinssatz eines jeden Kunden eingenommen. Im Idealfall sorgt dies für eine Maximierung der Zinsspanne. Jedoch birgt es auch ein Risiko, wenn durch Zinsrisiken diese kurzfristigen Zinssätze steigen. Insgesamt schmälert dies die Zinsmarge bei jedem Kontrakt. Und in der Konsequenz schrumpft dann automatisch der Gewinn.
Hinweis: Als Einzelrisiko zählt auch die Gefahr möglicher Transferrisiken bei Auslandskrediten. Trotz guter Bonität des Kreditantragstellers kann ein erhöhtes Risiko beim Devisentransfer durch Vorgaben ausländischer staatlicher Stellen bestehen. Diese nehmen unter anderem Einfluss auf die Zinsberechnung, Tilgung und die Verwertung von Kreditsicherheiten.
Mindestanforderungen an das Risikomanagement (MaRisk)
Risikofreude und sehr schnelllebige Trends bezüglich Marktentwicklungen führten Ende der 1990er und Anfang der 2000er Jahre zu einer Vielzahl an risikoveranlassten Missständen. In der Folge verfügte die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) im Dezember 2005 eine Verwaltungsanweisung – die MaRisk. Mit dieser Vorlage sollen Finanzdienstleistungsunternehmen sowie Banken und andere Kreditinstitute stabilisiert werden. Außerdem wird eine Risikohinsicht deutlich gestärkt. Bei der Kreditentscheidung ziehen Banken und andere Finanzdienstleister folgende organisatorische Punkte in ihre Betrachtung ein:
- Adressenausfallrisiko
Hiermit wird die Gefahr von Schuldnerausfällen bezeichnet. Wenn der Schuldendienst entweder nicht gemäß der Vereinbarung oder eventuell gar nicht mehr geleistet wird, bedeutet dies einen Ausfall für die Bank. Die Forderung fällt folgend teilweise oder vollkommen aus. Dies wird mit vorhandenen Sicherheiten gegen gerechnet. Sollte keine entsprechende Besicherung existieren, erfolgt eine bilanzielle Einzelwertberichtigung – auch Forderungsabschreibung genannt. Aufgrund der MaRisk muss somit jedem Kunden ein angepasstes Kreditlimit eingeräumt werden. - Bonitätsverschlechterungsrisiko
Bevor ein tatsächlicher Ausfall des Schuldendienstes eintritt, kommt es in einigen Fällen zu einer Wertminderung festgesetzter Kreditforderungen. Dies wird in sogenannten Pauschalwertberichtigungen beschrieben. Hierbei erfolgen zwar noch Tilgungen und das Zinsniveau ist in einem akzeptablen Rahmen. Jedoch findet eine Verschlechterung der im Vorhinein ermittelten Bonität und offenbart eine negative Entwicklung für den zukünftigen Kreditverlauf. - Kreditrisikomanagement
Eine ordnungsgemäße Geschäftsorganisation sowie die Verantwortlichkeit deren Weiterentwicklung kann nicht delegiert werden. Sie muss stets in der Hand der Geschäftsleitung liegen. Somit sehen sich die Kreditinstitute in der Pflicht einer Sicherstellung der Risikotragfähigkeit. Dieser Prozess muss intern erfolgen.
Hinweis: Risikocontrolling- sowie Risikosteuerungsprozesse sind elementare Säulen im Kreditrisikomanagement. Dabei spielen die Aufgaben der Risikoidentifikation, quantitative Risikomessung, Absicherungsinstrumente, deren Überwachung und Kommunikation. Die Methoden sind dabei nicht gesetzlich vorgeschrieben.
Daher werden die Risiken fortlaufend kalkuliert. Das Management zur Einhaltung der Risikoforderungen wird somit die gesamte Zeit der Geschäftstätigkeit ausgeführt. Aus verschiedenen Bereichen des Kreditgeschäftes entstehen unterschiedliche nominale Summen, welche ein authentisches Risiko zum aktuellen Moment aufzeigt. Um diese Finanzschwäche auszugleichen, erfolgt aus Erfahrungen und der Historie heraus eine Planung. Für eine betreffende Periode werden nunmehr Risikodeckungspotenziale erst einmal errechnet und folgend aufgebaut. Diese werden folglich auf die einzelnen Geschäftsbereiche angewandt – in Form von nominal festgelegter Geldbeträgen. In Folge dessen überschreiten eventuelle Risiken diese notierten Obergrenzen in deutlich weniger Fällen.
Praxis: Das Risikodeckungspotenzial der Banken wird auch als ökonomisches Kapital bezeichnet, da hierbei das Alltagsgeschäft eine Kapitalunterlegung erfährt.
Nach der Ermittlung möglicher Risiken gilt die Streuung dieser als Priorität der Bank. Für eine genaue Steuerung dieser Verteilung wird daher fortlaufend nach optimierten Prozessen gesucht und an Verbesserungen gearbeitet. Zum Beispiel bedienen sich viele Finanzdienstleister einer Risikokompensation durch Kreditsicherheiten. In einigen Fällen handelt es sich um extra abgeschlossene Versicherungen. Ergänzend dazu regelt der Covenant das Debitorenverhalten und dient der Risikominderung. Eine EK-Mindestquote ist hierbei üblich. Des Weiteren sorgt dieses Risikomanagementinstrument für eine Beschränkung der Aktivität in einigen Geschäftsbereichen. Ist es ausgereizt, müssen neue Geschäfte unterbleiben. In dem Fall bewirkt die Geschäftsleitung eine Preiserhöhung des betroffenen Produktes. Neben den Wertberichtigungen im laufenden Kreditgeschäft tragen ebenso diverse Preismechanismen zur Ausfallsicherheit im Alltagsgeschäft bei. Als weitere Steuerungsinstrumente stehen den Banken verschiedene Optionen zur Hand:
- Kreditklemme
- Diversifikation
- Credit Value-at-Risk
- Kreditportfoliomodelle
- Kreditrationierung
Die Kreditrationierung erfolgt dabei durch freiwillige oder gesetzliche Limitierung bei der Kreditvergabe. Andererseits ermöglichen Konsortialkredite ein Auffangen eines Ausfalls durch die Verteilung des Risiko auf mehrere Banken. Konsortialkredite stellen ein Instrument des Risikomanagements zur Minderung des Ausfallrisikos dar. Aber sie enthalten auch ein Konsortialrisiko, wenn die eigene Quote der beteiligten Institute im Konsortium nicht erfüllt werden kann.
Relevante Faktoren bei der Beurteilung der Kreditwürdigkeit
Bei der Entscheidung für oder gegen einen Kredit greifen Kreditinstitute auf diverse Prüfungen und Bewertungen zurück. Allgemein betrachtet wird dies Bonitätsprüfung genannt. Diese Beurteilung wirkt sich bei einer positiven Kreditentscheidung zudem in den angebotenen Rahmenbedingungen des Kreditvertrages wider. Drei Indikatoren tragen bei der Risikobeurteilung zur Entscheidung bei:
- Probability of Default (PD, Ausfallwahrscheinlichkeit)
- Exposure at Default (EaD, Forderungsvolumen bei einem Ausfall)
- Loss Given Default (LGD, Verlustquote bei einem Zahlungsausfall)
Praxis: Der Expected Loss (EL, Erwarteter Verlust) ergibt sich aus der einfachen Formel – EL = EaD * LGD * PD
Bei dieser Betrachtung gilt es stets individuell in Aussicht gestellte Sicherheiten zu berücksichtigen. Auch die Masserückflüsse aus bestehenden Insolvenzverfahren spielen zudem eine wichtige Rolle. In der Relation senken diese Faktoren den zu erwartenden Verlust. Bei der Kreditwürdigkeitsprüfung erfolgt eine Einstufung des Kreditnehmers in eine Risikoklasse. Dafür stehen den Banken unterschiedliche Modelle zur Verfügung, um Kreditentscheidungen zu treffen und die jeweiligen Konditionen festzulegen. Einst reichten hierfür verbal-qualitative Bewertungssysteme. Doch aufgrund der hohen Subjektivität der Schlussfolgerung greifen die Kreditinstitute heutzutage oftmals eher auf mathematisch-statistische Systeme zurück. Zudem finden auch quantitative Verfahren zur rationalen Entscheidungsfindung mittels Computerprogrammen statt. So bedienen sich die Finanzdienstleister einer Mischung aus folgenden Systemen:
- Jahresabschlussanalyse
- Kreditprotokoll
- Scoringverfahren
- Diskriminanzanalyse
Das Scoring dient in Form eines Punktbewertungsverfahrens der Beurteilung möglicher Kreditrisiken. Das theoretische Ziel dieser Methode ist die Ermöglichung übereinstimmender und daher objektiver Ergebnisse. Derselbe Fall sollte bei einer Bearbeitung unterschiedlicher Mitarbeiter zur selben Kreditentscheidung führen. Dabei werden unter anderem bestimmte Kriterien wie Ertragslage, Nachhaltigkeit oder Liquidität festgelegt. Danach erfolgt eine Einschätzung der Merkmalsausprägungen im Spektrum von hervorragend bis schlecht. Final werden die gesammelten Informationen anhand einer bankinternen Gewichtung der Merkmale zu einem Ergebnis durch die Vergabe von Punkten geführt. Eine Multiplikation der Gewichtungsfaktoren mit den ermittelten Punkten ergibt somit eine Zusammenfassung mit ganz individuellem Fazit bezüglich des Kreditentscheids.
Hinweis: Dank dieses sehr transparenten Systems lassen sich Entscheidungen nachvollziehen und objektiv beurteilen – auch wenn die subjektive Definition der Kriterien im Vorfeld Verzerrungen und eine Scheinobjektivität begünstigt.
Ergänzend dazu steht die Diskriminanzanalyse als Quantifizierung der Risiken aufgrund historischer Daten zur Verfügung. Unter der Berücksichtigung diverser Einflussfaktoren zu möglichen Kreditverläufen wird eine quantitative Risikoermittlung gefördert. Aufgrund des Bezugs zu Daten aus der Vergangenheit präsentiert sich diese Methode als die objektivste Beurteilungsoption des möglichen Kreditnehmers. Jedoch vernachlässigt die reine Berücksichtigung der separaten Faktoren persönliche Informationen des Kreditantragstellers. Verbindliche Rückschlüsse über mögliche Verläufe werden dabei nicht getroffen. Relevante Aspekte für leistungsgestörte Kredite vergangener Zeiten dienen in der univariaten Methode als Kreditbewertungsfaktoren (KBF). Beispielsweise rangiert der Faktor Immobilienbesitz als ein Referenzindikator. Ohne diese Sicherheit berechnet das Kreditinstitut einen höheren Risikoaufschlag, der sich in Form einer Zinsanhebung offenbart. KBFs bewirken somit risikoadäquate Konditionen. Im Zusammenspiel der Normalverteilung aller Faktoren ergeben sich sogenannte Cut-off-Points (Trennpunkte), welche zur Ausgabe von Fehlern führen. Dabei handelt es sich bei einem α-Fehler um ein hohes Kreditausfallrisiko. Ein β-Fehler entspricht einer Ablehnung, obwohl der Kredit mit einem positiven Verlauf gekennzeichnet sein könnte. Hier werden Bemessungsspielräume und individuelle Konditionen aufgezeigt.
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