Die Mehrwertsteuer, korrekt als Umsatzsteuer bezeichnet, meint eine Steuer, die sich aufgrund des Austausches von Leistungen ergibt. Die Mehrwertsteuer wird auf Basis des erzielten Erlöses ermittelt, der durch den Unternehmer im Inland für die Leistung oder die Ware erzielt wird. Die Mehrwertsteuer wird in festem Prozentsatz zum Erlös ermittelt und ist eine indirekte Steuer, das Steuerschuldner, nämlich zur Zahlung Verpflichteter, und Steuerpflichtiger, also in wirtschaftlicher Hinsicht Belasteter, unterschiedlich sind. Die Mehrwertsteuer wird grundsätzlich auf alle Lieferungen und Leistungen erhoben, die ein Unternehmen im Inland ausführt. Umsatzsteuer und Mehrwertsteuer werden als gleichbedeutende Begriffe verwendet.
Die Mehrwertsteuer ist eine auf die Wertschöpfung von Produkten basierende Steuer. Sie wird auf jeden Wertschöpfungsprozess bei der Herstellung eines Produktes oder einer Dienstleistung erhoben. Zwar wird die Mehrwertsteuer vom Unternehmen abgeführt, die Steuerlast trägt allerdings der Kunde, der am Ende des Wertschöpfungsprozesses steht und das Endprodukt erwirbt.
Inhalt
Wer zahlt die Mehrwertsteuer
Grundsätzlich wird während des gesamten Wertschöpfungsprozesses die Mehrwertsteuer erhoben. Das heißt auch Unternehmen, die Waren beziehen, oder Vertriebsunternehmen, die Produkte erwerben müssen zunächst die Mehrwertsteuer auf diese Waren bezahlen. Beim Verkauf des Endproduktes an den Kunden wird die Mehrwertsteuerlast jedoch auf den Kunden übertragen. Da die Mehrwertsteuer prozentual am Gesamtwert der Ware gemessen wird und der Wert der Waren am Ende des Wertschöpfungsprozesses am höchsten sind, trifft den Kunden die Hauptlast der Steuer.
Abgrenzung zur Umsatzsteuer
Da die Mehrwertsteuer bei jeder Veräußerung des Produktes während der Wertschöpfung anfällt könnte der Eindruck entstehen, das hier die Steuer mehrfach geleistet wird und komplexe Produkte, die während der Herstellung viele Stationen in unterschiedlichen Unternehmen durchlaufen, höher durch die Mehrwertsteuer belastet werden. Bei der „klassischen“ Umsatzsteuer war dies sogar der Fall. In ihrer ursprünglichen Form war es für Unternehmen vorteilhaft, wenn das Produkt nur unternehmensinterne Prozesse durchlaufen musste. Hierbei wurde keine Umsatzsteuer fällig.
Da Produkte allerdings immer komplexer werden und an der Wertschöpfung eines Produktes heute eine Vielzahl von nationalen und internationalen Unternehmen beteiligt sind, wäre es nicht gerecht, diese zusätzlich zu belasten. Dies würde einer starken Wettbewerbsverzerrung entsprechen, da Großkonzerne bei unternehmensinternen Wertschöpfungsprozessen eine Belastung durch die Umsatzsteuer vermeiden könnten.
Um diese Steuerlast gerechter zu verteilen müssen Unternehmen zwar die Mehrwertsteuer erstmal bezahlen, können diese sich allerdings durch die Vorsteuer wieder erstatten lassen, oder ihrer eigenen Mehrwertsteuerschuld anrechnen lassen. Ein Unternehmen, dass also am Ende des Wertschöpfungsprozesses steht, muss zunächst die volle Mehrwertsteuer an das vorherige Unternehmen leisten, in der Folge wird die höhere Mehrwertsteuer allerdings vom Kunden getragen. Das Unternehmen am Ende der Wertschöpfung trägt hierbei nur die Differenz aus der Mehrwertsteuer, die beim Ver- und Einkauf des Produktes entsteht.
Entstehung der Mehrwertsteuer
Mit der Mehrwertsteuer wird grundsätzlich die Wertschöpfung eines Produktes besteuert. Stellt ein Unternehmen ein neues Produkt her, oder wertet ein bereits vorhandenes Produkt auf, so wird im Rahmen der Wertschöpfung eine Wertsteigerung des Produktes erwartet. Dieser Wert, wird durch die Mehrwertsteuer erfasst und steuerlich belastet. Vorläufer der heutigen Mehrwertsteuer war die Umsatzsteuer. Auch die Umsatzsteuer entspricht diesem Prinzip, hatte allerdings den Nachteil, dass hier die Belastungen durch die Mehrwertsteuer nicht miteinander verrechnet werden konnten. Je mehr Unternehmen das Produkt während der Wertschöpfung durchlief, desto höher wurde die steuerliche Belastung.
Carl Friedrich Siemens kritisierte diese Vorgehensweise bei der Umsatzsteuer und regte eine Reform an. Die vorliegende Wettbewerbsverzerrung, die bei der damaligen Form der Umsatzsteuer entstand sollte bereinigt werden. Begünstigt waren vor allem Großunternehmen, die eine hohe Fertigungstiefe hatten und den Großteil der Wertschöpfung unternehmensintern stattfinden ließen.
Ende der 1940er setzte sich die Idee durch, dass die Umsatzsteuer über alle Wertschöpfungsprozesse erfasst werden müsse. Frankreich war hierfür ein Vorreiter und die erste nach heutigem Vorbild durchgeführte Mehrwertsteuer entstand 1953 in Michigan.
Die Mehrwertsteuer ist eine der wichtigsten Einnahmequelle des Staates. Statistiken zeigen, dass mehr als 120 Staaten eine Mehrwertsteuer erheben und diese etwa 25% der Steuereinnahmen ausmachen. 2006 wurde das System der Mehrwertsteuer in der Europäischen Union vereinheitlicht.
Auch wenn nicht alle Länder über eine Mehrwertsteuer verfügen, so zeigen jüngste Entwicklungen jedoch, dass immer neue Staaten an der Einführung der Mehrwertsteuer interessiert sind. So wurde in Saudi Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten am 1. Januar 2018 eine Mehrwertsteuer mit einem Prozentsatz von 5% eingeführt. Ausgenommen sind bei beiden Staaten allerdings die öffentliche Gesundheitsversorgung und die Bildung. Diese beiden Zweige bleiben von der Mehrwertsteuer unberührt.
Berechnung der Mehrwertsteuer
Grundsätzlich kann die Mehrwertsteuer auf drei verschiedene Arten gemessen werden. Bei der Subtraktionsmethode werden den Erlösen alle anrechenbaren Ausgaben gegenübergestellt und verrechnet. Am Ende sollte nur der Überschuss verbleiben, der durch die Wertschöpfung entstanden ist. Diese Berechnung der steuerlichen Belastung war im US-Bundesstaat Michigan bei der Einführung im Jahre 1953 üblich und wurde noch bis 1975 angewandt. Heute wird diese Methode noch in Japan verwendet.
Bei der Additionsmethode wird die Summe der Erlöse eines Unternehmens zusammengezählt. Anhand der Erlöse wird die Summe der Wertschöpfung abgeschätzt und die Mehrwertsteuer entsprechend erhoben. Heutzutage wird diese Berechnungsmethode nur im US-Bundesstaat New Hampshire verwendet. Zusätzlich ist diese Methode noch bei manchen Staaten im Finanzsektor aktiv.
Die am weiten verbreitetste Methode ist die der Rechnungsauslegung. Hierbei werden die tatsächlich ausgewiesenen Mehrwertsteuern auf Rechnungen betrachtet und gegeneinander verrechnet. Ein Unternehmen bezahlt auf Güter, die es von anderen Unternehmen bezieht schon eine Mehrwertsteuer, die auf den Rechnungen ausgewiesen wird. Beim Verkauf eines Gutes nehmen diese Unternehmen wieder eine Mehrwertsteuer ein. Um die Unternehmen nicht mehrfach steuerlich zu belasten, müssen diese nur die Differenz aus dem Erwerb und Veräußerung der Produkte bezahlen. Diese Methode ist nicht nur weltweit sehr beliebt, sondern wird auch verpflichtend von allen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union angewendet.
Arten der Mehrwertsteuer
Bei der Mehrwertsteuer werden unterschiedliche Arten festgelegt. Vorhergehend wurde ja schon gezeigt, dass Saudi Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate zum Beispiel die öffentliche Gesundheitsversorgung und die Bildung von der Mehrwertsteuer abgrenzen.
Im Allgemeinen werden allerdings je nach Produkt-Typ Abgrenzungen vorgenommen und nicht nach Branche.
Beim Produkt-Typ wird die steuerliche Belastung auf Investitionsgüter nicht verrechnet. Dies entspricht der Urform der Mehrwertsteuer und wurde später auch in China und Brasilien eingeführt.
Die in Michigan im Jahre 1953 eingeführte Mehrwertsteuer entspricht dem Einkommens-Typ. Hierbei wird die gezahlte Mehrsteuer nur mit einem einhergehendem Wertverlust verrechnet.
Die Form, die heutzutage am meisten verbreitet ist, ist der Konsum-Typ. Hier wird die gezahlte Mehrwertsteuer unbeschränkt verrechnet.
Mehrwertsteuer in Deutschland
In Deutschland beträgt der aktuelle allgemeine Mehrwertsteuersatz 19%. Auf Waren des täglichen Bedarfs wird eine Mehrwertsteuer von 7% erhoben. Die Abgrenzung zwischen diesen beiden Arten ist nicht immer eindeutig. Auch wenn offensichtlich Lebensmittel nur mit 7% besteuert werden sollten, so gibt es hier zahlreiche Ausnahmen und teilweise Widersprüche. So werden zum Beispiel Kekse als Tiernahrung mit 7% besteuert, Kekse für Kinder allerdings mit 19%. Die Einordnung, ob ein Produkt mit 7% oder 19% besteuert wird, obliegt dem Zoll und bei Unstimmigkeiten dem Finanzgericht.
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