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Was bedeutet Nießbrauch?
Von einem Nießbrauch spricht man immer dann, wenn einer anderen Person als dem Eigentümer eines Grundstücks das Nießbrauchsrecht eingeräumt wird. Der so genannte Nießbrauchsberechtigte kann dabei sämtliche Nutzungen des Grundstücks ziehen. Er hat das Recht, dieses selbst zu nutzen, es zu vermieten oder zu verpachten. Die einzigen Rechte, die dem Nießbraucher nicht zugestanden werden, sind die Belastung des Grundstücks oder der Verkauf. Eine Nutzung des Grundstücks ist also möglich, will der Nießbraucher darauf aber ein Haus errichten, in dem er leben möchte, so kann er das Grundstück bei einer Finanzierung nicht als Sicherheit angeben, da diese Belastung ihm von Rechts wegen nicht gestattet ist.
Unter dem Begriff Nießbrauch, ist grundsätzlich das Recht eine Sache, oder ein Recht zu nutzen, zu verstehen. Die gesetzlichen Grundlagen hierfür sind sowohl im Sachenrecht als auch im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) nachzulesen. Ein Nießbrauch Recht ist nicht vererblich und kann auch nicht veräußert werden. Eine Person die ein Nießbrauch erhält, wird als Nießbraucher bezeichnet. Ein Nießbraucher erhält damit nicht nur ein Nutzungsrecht auf einzelne Teile einer Sache, er kann die Sache zudem umfassend nutzen und Früchte daraus ziehen. Zum Beispiel in der Landwirtschaft kann er ein Grundstück bewirtschaften und die Ernte gehört somit dem Nießbraucher.
Der Verkäufer einer Immobilie kann sich im Zuge des Verkaufs vertraglich ein Wohnungsrecht zusichern lassen, das ihm ein weiteres Bewohnen der Immobilie erlaubt. Alternativ kann das Objekt mit einem Nießbrauchrecht belegt werden. Laut diesem Recht kann der ursprüngliche Eigentümer nach dem Verkauf fortlaufend sämtlichen Nutzen aus der jeweiligen Immobilie ziehen. Die gesetzliche Grundlage für das Nießbrauchrecht bildet §§ 1030 ff. BGB.
Demnach gestattet das Recht dem Nießbraucher die Befugnis nach einem Verkauf aus dem Objekt weiterhin den vollständigen Nutzen abschöpfen zu dürfen. Ist die mit dem Nießbrauchrecht belegte Immobilie vermietet, erhält der ursprüngliche Eigentümer weiterhin die Mieteinnahmen, sofern dieser als Nießbraucher notariell im Grundbuch vermerkt ist. Trotz Eigentümerwechsel fließen die Mieteinnahmen deshalb an den rechtskräftig festgesetzten Nießbraucher.
Analog ist der Nießbraucher gesetzlich zum Tragen aller Belastungen der Immobilien verpflichtet. Diese Regelung kann bei Bedarf modifiziert werden, so dass in der Folge der Eigentümer allumfassend die Lasten zu tragen hat. Die Nutzungsrechte für den Nießbraucher können über vertragliche Regelungen ebenso verbindlich eingeschränkt werden.
Das Nießbrauchrecht bedarf zwingend einer notariellen Beurkundung. Zusätzlich ist das Nießbrauchrecht im Grundbuch der Immobilie einzutragen. Mit dem Tod des Nießbrauchers werden die vereinbarten Regelungen aufgehoben. Das Nießbrauchrecht ist somit an das Ableben des Nießbrauchers gebunden. Das Nießbrauchrecht ist personenbezogen. Entsprechend kann das Recht nicht vererbt oder veräußert werden.
Modelle des Nießbrauchrechts
Das Nießbrauchrecht findet überwiegend im Familienverbund Anwendung. Im Rahmen einer vorweggenommenen Erbfolge übertragen Eltern ihre Immobilien bereits vor ihrem Tod auf ihre Kinder. Primär erfolgt die Eigentumsübertragung in den meisten Fällen pro Forma. Um zu garantieren, dass die Eltern die Objekte fortwährend nutzen dürfen, wird in der Regel ein Nießbrauchrecht zum Vorteil der Eltern festgelegt.
Das Nießbrauchrecht lässt sich in neben der klassischen Struktur in Form eines Zuwendungsnießbrauchs umsetzen. In diesem Kontext findet eine anhaltende Übertragung der Miteinkünfte durch den Nutznießer an Dritte statt. Auf diese Weise können etwa Mieteinkünfte aus vermietenden Objekten an die Kinder abgetreten werden. Gemäß dem Zuwendungsnießbrauch bleiben Eltern die Eigentümer der Immobilie mit sämtlichen Rechten und Pflichten. Demgegenüber fällt der Ertrag aus den vermieteten Objekten ausschließlich den Kindern zu. Der Zuwendungsnießbrauch ist unbedingt von einem Notar in das Grundbuch einzutragen.
Das Modell des Zuwendungsnießbrauchs ist mit Vorteilen für die Kinder des Nießbrauchers verknüpft. Demnach besitzen Kinder unabhängig von ihrem Alter einen individuellen Grundfreibetrag bei dem dafür zuständigem Finanzamt. Allerdings nimmt das Modell des Zuwendungsnießbrauchs dem Eigentümer dauerhaft die Möglichkeit zur steuerlichen Abschreibung, da dieser keine diesbezüglichen Einnahmen mehr generiert. In Relation dazu verfügt der Nutznießer über kein Abschreibungsrecht, da er konstant weder Anschaffungs- noch Instandhaltungskosten trägt.
Grundsätzlich unterliegt der Zuwendungsnießbrauch in Form einer Schenkung der Steuer. Hierbei ist der sogenannte “ Kapitalwert des Nießbrauchs“ ausschlaggebend. Dieser Kennwert bezeichnet offiziell den hochgerechneten Finanzvorteil des betreffenden Nutznießers. Die Schenkung geht mit steuerlichen Freibeträgen einher, die in einem Rhythmus von jeweils 10 Jahren abgerufen werden können.
Zusätzlich existiert das Muster des Vorbehaltsnießbrauchs. Getragen von den Regelungen des Vorbehaltnießbrauchs wird der Nutznießer als neuer Eigentümer des Objektes geführt. Die anfallenden Erträge verbleiben nachhaltig beim ursprünglichen Eigentümer. Mit Hilfe des Vorbehaltnießbrauchs verfügen die alten Eigentümer nicht mehr eigenständig über die Objekte, können aber über die anhaltenden Erträge Werbungskosten und Abschreibungsabzug rechtsgültig geltend machen. Durch dieses Vorgehen können Eltern schrittweise ihr gesamtes Vermögen übertragen und parallel die möglichen Freibeträge optimal ausschöpfen. Die Freibeträge können in einem Abstand von jeweils 10 Jahren genutzt werden. Über ein Vorbehaltsnießbrauch können daher im Falle eines künftigen Erbfalls mögliche Zahlungen von Erbschaftssteuern vermieden werden. Das Risiko für das Überschreiten gesetzlich determinierter Freibeträge wird durch einen Vorbehaltsnießbrauch effizient reduziert.
Sowohl Wohnugs- als auch Nießrechte sind an empfindliche Nachteile für die jeweiligen Immobilieneigentümer gekoppelt. Objekte, die mit derartigen Rechten behaftet sind, gelten offiziell als unverkäuflich. Ergänzend implizieren einzelne Vertragskonstrukte steuerliche Nachteile für Eigentümer und Nießbraucher bzw. den Rechte – Inhaber.
Einschränkungen für Nießbraucher
Der Nießbraucher wird als “ dinglich Berechtigter“ klassifiziert. In dieser Funktion nimmt der Nießbraucher eine andere Stellung als der Eigentümer des betreffenden Objektes ein. Deshalb darf ein Nießbraucher niemals ohne Zustimmung des Eigentümers das Objekt verkaufen oder finanziell mit einem Kredit belasten.
Laut gesetzlicher Struktur berechtigt ein Nießbrauch nicht zur Umgestaltung oder Veränderung der Sache bzw. des Objektes. Gleichzeitig legt das Gesetz fest, dass der Eigentümer für Instandsetzungen aufzukommen hat.
Abweichungen von gesetzlicher Konzeption
Anlässlich des Übertragungsverfahrens auf eigene Kinder sind Abweichungen von gesetzlichen Regelungen üblich. Mit Hilfe von modifizierten Regelungen kann vermieden werden, dass etwaige Kreditlasten der übertragenen Objekte auf die Kinder übergehen. Nutzen die Eltern die Immobilie als Nutznießer, haften sie weiterhin für das Objekt gegenüber der Bank. Zusätzlich kann determiniert werden, dass die Eltern permanent zur Vornahme notwendiger Reparaturen verpflichtet sind. Laut modifizierter Konzeption des Nießbrauchs ist es den Eltern erlaubt Umbauten an der Immobilie vorzunehmen. Die gesetzlichen Regelungen untersagen Nutznießern diese Möglichkeit.
In den Übertragungsvertrag ist im Idealfall eine Rückforderungsklausel zu vereinbaren. Die in diesem Zusammenhang festgelegten Rückforderungsrechte der Eltern müssen in das Grundbuch eingetragen werden. Demnach können Eltern das Objekt zurückfordern, sofern das Kind mit den verbindlich festgeschriebenen Regelungen bricht. Eltern können zahlreiche Gründe angeben, wann das Rückforderungsrecht greifen soll. Das Eingehen einer Ehe ohne Ehevertrag oder der Beitritt zu einer Sekte können beispielsweise eine Rückforderung auslösen und den Nießbrauch hinfällig werden lassen.
Übertragwillige sollten unbedingt eine notarielle Beratung in Anspruch nehmen, um sich optimal gegen eventuelle Streitfälle abzusichern. Lebenszeitige Übertragungen sind prinzipiell an attraktive steuerliche Vorteile gekoppelt.
Durch Nießbrauch langfristig Steuern sparen
Einkünfte, die aus Vermietung und Verpachtung hervorgehen unterliegen der Steuerpflicht. Die diesbezügliche Besteuerung kann allerdings effektiv herabgesetzt werden, wenn Eltern ihren Kindern anstatt Barunterhalt den Nießbrauch an vermieteten Objekten zukommen lassen.
Gemäß den Angaben des „Bundes für Steuerzahler“ kann das Kind die Mieteinnahmen für seinen Unterhalt verwenden. Da der individuelle Steuersatz für Kinder relativ gering angesetzt ist, generieren die Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung in diesem Kontext eine niedrigere Besteuerung und höhere Erträge.
Nach Rechtsprechung des Finanzgerichts Baden – Württemberg ist dieses Vorgehen als legale bzw. zulässige Praxis einzustufen. Derartige Konzeptionen sind nicht rechtswidrig, da Angehörige ihre Rechtsverhältnisse untereinander zu ihren steuerlichen Vorteilen ausrichten dürfen. ( Az.: 11 K2951/51) Laut Urteil der Justiz können Eltern frei wählen, ob sie ihrem Nachwuchs Barunterhalt zahlen oder als Alternative Einkunftsquellen per Nießbrauchrecht weitergeben.
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