Als Realzinssatz bezeichnet man in der Regel den Zinssatz, zu dem Vermögen tatsächlich und
unter Berücksichtigung der Inflationsrate (Teuerung) rentieren kann. Bei der Berechnung des
Realzinses wird also grundsätzlich auch eine Änderung der Kaufkraft einbezogen, wobei sowohl
inflationäre Tendenzen, als auch deflationäre Tendenzen berücksichtigt werden.
Die Höhe des Realzinses hat einen maßgeblichen Einfluss auf das Konsumverhalten der
Verbraucher in einer Volkswirtschaft. Während Verbraucher bei hohen Realzinsen dazu neigen,
Geld zu sparen und auf Konsum zu verzichten, wird der Konsumdruck vor dem Hintergrund der
schwindenden Kaufkraft bei niedrigen oder sogar negativen Realzinsen deutlich größer. Ein
ähnliches Zusammenspiel lässt sich auch bei den Investitionstätigkeiten von Unternehmen
beobachten.
In der Praxis erweist sich eine exakte Bestimmung der Realzinsen als sehr problematisch.
Aufgrund der vergangenheitsbezogenen Daten, die für die Berechnung der Realzinsen
erforderlich sind, ist eine annähernde Bestimmung der Realzinsen niemals in Echtzeit möglich.
Um einen möglichst aktuellen Realzins angeben zu können, wird häufig der sogenannte Ex-Post-
Realzins angegeben, bei dessen Berechnung die bereits eingetretene Preisänderung und nicht
die aktuelle Preisänderung berücksichtigt wird.
Die Aussagekraft des Realzinssatzes leidet außerdem unter der Tatsache, dass sich die
Konsumgewohnheiten der Menschen teilweise recht deutlich unterscheiden können und die
subjektiv relevanten Preisänderungen bei der Berechnung des Realzinses logischerweise nicht
berücksichtigt werden können. Subjektiv betrachtet kann es also – analog einer Abweichung bei
den Konsumgewohnheiten – durchaus größere Abweichungen von den errechneten Realzinsen
geben.
Inhalt
Leitzins – Realzins, Nominalzins
- Der Leitzins wird von den staatlichen Notenbanken festgelegt. Die Europäische Union ist
ein Staatenbündnis mit einheitlicher Währung, daher wird der Leitzins von der
Europäischen Zentralbank (EZB) festgelegt. - Der Nominalzins ist der Zinssatz, der für Kredite oder Anlagen ausgewiesen wird. Dieser
festgelegte Zins orientiert sich am Leitzins, kann aber keine wirtschaftlichen Entwicklungen
wie Inflation oder Deflation berücksichtigen. - Dagegen berücksichtigt der Realzins diese Entwicklungen. Der Realzins kann also
detaillierter darüber Auskunft geben, was die Zinsen zum gegenwärtigen Zeitpunkt wert
sind und wie sich Zinszahlungen oder verzinste Geldanlagen auf wirtschaftliche Belastung
oder Zuwachs einer Anlage auswirken. Der Realzinssatz ist der Nominalzins abzüglich der
aktuellen und der zu erwartenden Inflationsrate.
Der Realzins ist sowohl für die Volkswirtschaft wie auch für unternehmerische und private
Vermögen eine wichtige Größe. Da sich die Wertbestimmungen an den wirtschaftlichen
Schwankungen auf den Märkten orientieren, gibt es allerdings ständig eine Reihe von
unbekannten Größen für die Berechnung vom Realzins. Er orientiert sich an aktuell vorhandenen
wirtschaftlichen Entwicklungen und lässt wertende Prognosen zu. Bei der Prognose wird vom ex
ante Realzinssatz oder von ex post gesprochen.
Der Blick auf einen auf dem Papier ausgewiesenen Nominalzins kann täuschen. Werden bei
hohem Leitzins hohe Zinssätze ausgewiesen, erscheint das bei einer Sparanlage als ein
beträchtlicher Zuwachs und stellt sich zahlenmäßig auch so dar. Bei einer hohen Inflationsrate,
wird diese jedoch einen großen Anteil der hohen Zinsen auffressen, sodass reale Gewinne am
Ende weniger wert sein kann als ein niedrigerer Nominalzins bei geringer Inflationsrate und somit
verbesserter Kaufkraft. Der Realzins könnte sogar in beiden Fällen auf ungefähr die gleiche
Rechengröße kommen.
Mäßig sinkende Nominalzinsätze können bei verhältnismäßig gleichbleibender Inflationsrate und
weiteren wenig veränderten wirtschaftlichen Bedingungen somit einen vorteilhaften Realzinssatz
ergeben. Das Problem ist, dass zu Zeiten sehr bewegter wirtschaftlicher Entwicklungen sich keine
verlässlichen Prognosen stellen lassen.
Für einen Kredit mit einer kurzen bis mittleren Laufzeit kann der ausgegebene Realzins eine
verlässliche Wertgröße sein. Bei sehr hohen und langfristigen Darlehen wie z.B. den Darlehen für
Immobilien dagegen lassen sich auf Laufzeiten für bis zu über 25 Jahren keine zuverlässigen
Einschätzungen für den künftigen Realzins geben.
Realzinsen und private Geldanlagen
Die beliebtesten privaten Geldanlagen sind Festgeld und Tagesgeld. Seit Jahren gibt es eine
Phase extrem niedriger Zinsen. Bei geringen Zinssätzen legte 2016 die Inflationsrate kräftig zu.
Das brachte das Verhältnis von Zinsen und Inflationsrate ins Ungleichgewicht. Die realen
Renditen für die üblichen privaten Geldanlagen wie Festgeld oder Tagesgeld sanken
entsprechend. Bei nach wie vor sehr geringen Zinsen schwächte sich allerdings die Inflationsrate
in den folgenden Jahren wieder stark ab. 2019 liegt die Inflationsrate bei nur noch 1,3 %.
Allerdings wurden bei den Banken auch die Zinsen für Geldanlagen teilweise bis zu 0,00 %
gesenkt. Bei einem Null-Zins lässt sich auch bei sehr geringer Inflationsrate kein Vorteil für den
Anleger erzielen. Die Inflationsrate bleibt einfach in jedem Fall höher als der Zins. Bei nominalen
Zinsen für derzeitige Tagesgeldkonten von ca. 0,06 % liegen die Zinsen noch unterhalb der
Inflationsrate. Daher ist derzeit der Realzinssatz negativ. Das heißt, dass der Wert der Geldanlage
sinkt, statt einen Zuwachs zu verbuchen. So liegt beispielsweise 2019 die inflationsbereinigte
Kaufkraft, die die Auswirkung vom Realzins spiegelt, bei einer Geldanlage für Tagesgeld 10.000
Euro und 0,06 % Nominalzinsen bei nur 9.757 Euro. Beim Festgeld fallen die Erträge nicht sehr
viel höher aus. Bei den deutschen Staatsanleihen wurden immerhin nominale Zinsen von 0,58 %
verzeichnet. Damit liegt die Staatsanleihe für 10 Jahre weit über dem Zinsniveau der sonstigen
Sparanlagen. Allerdings liegt auch dieser Wert, wenn der Realzins betrachtet wird, unterhalb der
Inflationsrate.
Realzins Verluste wirken sich auf Sparervermögen aus
Die Verluste beim Realzins der privaten Sparervermögen hatten nicht etwa im Zuge der
Finanzkrise den Höhepunkt erreicht. Sie sanken in den folgenden Jahren noch viel weiter ab. Für
2018 wurden für das 4. Quartal ein Realzins mit einem Minus von 1,8% errechnet. Auch bei den
sehr langfristigen Vermögensanlagen wie zum Beispiel der Lebensversicherung ist beim
anhaltenden Niedrigzins und Realzins Verlust mit stark sinkenden Renditen zu rechnen, die eine
Altersvorsorge kaum gewährleisten können. Während ein niedriger Realzins noch kein
wirtschaftliches dramatisches Zeichen ist, stellt sich das bei einem Realzins, der deutlich im Minus
liegt, ganz anders dar. Zusätzlich zur realen Preissteigerung, insbesondere bei den
Lebenshaltungskosten, wirkt er langfristig als Bremse für die Kaufkraft. Das muss sich nicht
unbedingt direkt bei den Umsätzen für Konsum spiegeln. Lohnt sich die Geldanlage nicht, wird in
der Regel mehr Geld für den Konsum ausgegeben und vorsichtiger gespart. Zwar sind die
Wirtschaftsprognosen diesbezüglich mehr als vorsichtig, aber erfahrungsgemäß hat sich noch
keine Zinsentwicklung als endgültig erwiesen.
Der Realzins ist somit eine ganz wichtige Rechengröße für die realen Erträge von
Vermögensanlagen in Geldwerten. Durch den Einfluss von Preissteigerungen, Kaufkraftverlusten
bedeutet ein negativer Realzins gerade für die Kleinanleger Verluste.