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Was ist die Selbstschuldnerische Bürgschaft?
Die Selbstschuldnerische Bürgschaft geht über die einfache Bürgschaft hinaus. Eine Selbstschuldnerische Bürgschaft wird durch einen einseitig verpflichtenden Vertrag geschlossen. Dies bedeutet, der Bürge besiegelt durch seine Unterschrift, dass er dem Gläubiger des Hauptschuldners für die Erfüllung der Forderung zur Verfügung steht. Mit Hilfe dieses Vertrages sichert sich der Gläubiger gegen eine mögliche Zahlungsunfähigkeit gegenüber seinem Schuldner ab. Bei Zahlungsunfähigkeit des Schuldners rückt der Selbstschuldnerische Bürge an die Stelle des Hauptschuldners. Dieser steht dann mit seinem Privatvermögen grade.
Die selbstschuldnerische Bürgschaft ist die für Privatleute wohl üblichste Form der Bürgschaft. Der Bürge haftet hier für die Schulden und Außenstände eines anderen, so als wäre er selbst der Schuldner.
Abschluss eines Vertrags mit selbstschuldnerischer Bürgschaft
Bei Abschluss eines Vertrags, der ein Schuldverhältnis zwischen zwei Vertragspartnern definiert, wird zusätzlich ein für den Schuldner haftender Bürge eingetragen. Das können neben Kreditverträgen auch andere Verträge sein, die mit regelmäßigen Zahlungen, Verpflichtungen oder sonstigen Vermögensrisiken einhergehen. Insbesondere sind davon häufig Mietverträge betroffen. In der entsprechenden Vertragsklausel, sichert der Bürge dem Kreditgeber zu, für Zahlungsausfälle des eigentlichen Vertragspartners aufzukommen. In der Regel erfolgt diese Garantie ohne Einschränkungen, kann aber im Einzelfall auch gedeckelt werden.
Aus Gründen der Praktikabilität wird die selbstschuldnerische Bürgschaft häufig in einem Seitenvertrag festgehalten, der den Hauptvertrag oder auch nur das geschlossene Vertragsverhältnis in allgemeiner Form referenziert. Auf diese Weise ist es oftmals einfacher, Bürgen, die sich andernorts als die Vertragspartner aufhalten zu involvieren. Die Bürgschaft kann dabei auch formlos erfolgen und aus wenigen Sätzen bestehen. Anders als die meisten andere Verträge kann eine selbstschuldnerische Bürgschaft im Normalfall nicht mündlich abgeschlossen werden, sondern bedarf der Schriftform. Lediglich sogenannte Vollkaufmänner bzw. -frauen haben die Möglichkeit geschäftliche Bürgschaften auch mündlich auszusprechen. Aus Gründen der Beweiskraft, empfiehlt es sich aber natürlich, dennoch die Schriftform zu wählen. Ebenfalls regelmäßig unzulässig und insofern unwirksam ist es, Bürgschaften mit Hilfe von Blankovollmachten zu gewähren. Hier trägt aber in vielen Fällen dennoch der Aussteller der Blankovollmacht die Verantwortung, wenn die freien Stellen der Vollmacht dem Gläubiger ausgefüllt übergeben worden sind.
Unterschied zur normalen Bürgschaft
Unterschied zwischen selbstschuldnerischer und einfacher Bürgschaft
Der wesentlichste Unterschied zwischen der „normalen“ BGB-Bürgschaft und der selbstschuldnerischen Bürgschaft, besteht darin, dass der Bürge direkte Mitverantwortung für die Vertragsschulden des Hauptschuldners trägt. Für den Gläubiger ist es nicht notwendig, alle rechtlichen Mittel auszuschöpfen, um die Schuld direkt vom Hauptschuldner einzuziehen, ehe er den Bürgen in die Verantwortung zieht. Im juristischen Jargon wird das als der „Verzicht auf die Einrede der Vorausklage“ bezeichnet, der Bürge verzichtet also auf sein Recht, auf die Klage des Gläubigers gegen den Hauptschuldner zu bestehen.
Umfang
Umfang der selbstschuldnerischen Bürgschaft
Je genauer der exakte Umfang einer Bürgschaft im Vertrag definiert ist, desto besser ist es für alle Beteiligten. In der Regel gilt eine Bürgschaft nur für die Hauptforderung eines Vertrags, also nicht für zum Beispiel Provisionen und Bearbeitungsgebühren. Gerichte können hier aber unter Umständen von Fall zu Fall unterschiedlich entscheiden, insofern ist es sinnvoll den genauen Haftungsumfang im Vertrag festzuhalten. Kleine Differenzen in der Formulierung können hier oftmals große Unterschiede ausmachen. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, die Höhe der Haftungssumme zu deckeln oder den Bürgschaftsvertrag unabhängig vom Hauptvertrag zeitlich einzuschränken. Dabei ist zu beachten, dass der Bürge auch nach Ablauf des Bürgschaftsvertrags noch für Schulden die vor Ablauf des Vertrags angefallen sind, in Haftung genommen werden kann.
Bei Verträgen mit mehreren Bürgen ist es darüber hinaus möglich, eine Priorisierung der Bürgen festzuschreiben. Im Falle der selbstschuldnerischen Bürgschaft läuft das im Normalfall darauf hinaus, dass ein Bürge mit niedrigerer Priorisierung letztlich nicht als Bürge für den Hauptschuldner eintritt, sondern für den Bürgen höherer Priorität.
Fälligkeit der Schuld
Bis vor zehn Jahren war es Gegenstand umfangreicher juristischer Diskussionen, wann die Schuld aus einer Bürgschaft fällig wird. Der Bundesgerichtshof entschied 2008, dass die Fälligkeit insbesondere einer selbstschuldnerischen Bürgschaft mit der Fälligkeit der ursprünglichen Schuld zusammenfällt. Das ist einerseits für etwaige Zinsforderungen von Bedeutung, andererseits aber auch in Bezug auf die mögliche Verjährung der Schuld wichtig. Ein Gläubiger hat insofern keine Möglichkeit die Verjährungsfrist einer Schuld künstlich zu verlängern, indem er den Bürgen erst sehr viel später anmahnt als den Hauptschuldner.
Beispiele
Beispiele für die selbstschuldnerische Bürgschaft
In Deutschland wohl die verbreitetste Form der selbstschuldnerischen Bürgschaft, ist die Mietbürgschaft. Gerade junge Menschen, die gerade erst von zu Hause ausziehen, um Ausbildung oder Studium zu beginnen, sind oft auf die Bürgschaft eines Elternteils angewiesen, wenn sie eine Wohnung anmieten wollen. Diese oftmals Elternbürgschaft genannte Bürgschaft ist keine Sonderform der selbstschuldnerischen Bürgschaft sondern spiegelt in der volkstümlichen Bezeichnung lediglich das besondere Verhältnis des oder der Bürgen zum Schuldner wieder.
Ebenfalls besonders oft in Mietangelegenheiten ist der sogenannte Avalkredit anzutreffen. Hier vergibt ein Kreditinstitut einen Kredit in Form einer Bürgschaft. Das wird zum Beispiel bei Mietkautionen gemacht. Anstatt, wie in Deutschland üblich, eine Kaution für eventuelle Schäden beim Vermieter zu hinterlegen, lässt der Mieter seine Bank (für gewöhnlich gegen eine Gebühr) für die etwaigen Schäden bürgen. In den letzten Jahren haben die Banken zunehmend begonnen, solche für sie meist recht lukrativen Kautionsbürgschaften offensiv gegenüber den Kunden zu bewerben. In der Regel werden solche Bankavale als selbstschuldnerische Bürgschaften ausgegeben.
Keine Vorausklage bei einer selbstschuldnerischen Bürgschaft
Der eindeutigste Unterschied zwischen einer normalen Bürgschaft nach dem Bundesgesetzbuch und der selbstschuldnerischen Bürgschaft ist der Verzicht auf die sogenannte Vorausklage. Bei einer normalen Bürgschaft hat der Bürge durchaus das Recht die Zahlung zu verweigern und kann dafür alle rechtlichen Mittel einsetzen, um den eigentlichen Schuldner dazu zu bewegen seine offenen Forderungen selbst zu begleichen. In erster Linie wird mit gerichtlichen Mahnverfahren, vollstreckbaren Titeln und Zwangsvollstreckungen gearbeitet. Nachdem alle rechtlichen Mittel ausgeschöpft sind, muss der Bürge dann doch für die Forderungen des eigentlichen Schuldners eintreten. Bei einer selbstschuldnerischen Bürgschaft sind die rechtlichen Mittel nicht möglich. Der Bürge hat kein Recht auf Zahlungsaussetzung oder ähnliches, er muss sofort und unmittelbar die Forderungen übernehmen und die Zahlungen veranlassen. Der eigentliche Schuldner braucht nicht mal angemahnt werden.
Die Absicherung für den Bürgen
Natürlich besteht auch bei der selbstschuldnerischen Bürgschaft die Möglichkeit, dass der Bürge sich absichern kann. Das beginnt beispielsweise mit einer vertraglich festgehaltenen Höchstgrenze, die eingesetzt wird. Er bürgt nur bis zu dieser Höchstgrenze und alle Forderungen, die über die Höchstgrenze hinaus gehen, sind weiterhin vom Schuldner zu begleichen. Die Absicherung mit dem Höchstbetrag wird auch als Höchstbetragsbürgschaft bezeichnet. In dem Höchstbetrag sind nicht nur die offenen Forderungen enthalten, sondern auch die fälligen Zinsen. Die Bürgschaft kann zudem auf Provisionen und andere Kosten ausgeweitet werden, die in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen nachgelesen werden können. Es sollte nicht der Eindruck entstehen, dass der Bürge nur für die Hauptforderung haftet.
Eine weitere Möglichkeit sich ein wenig abzusichern bei einer selbstschuldnerischen Bürgschaft ist, dass die Verpflichtung zur Bürgschaft nach einer festgelegten Frist abläuft. In einem solchen Fall wird von einer Zeitbürgschaft gesprochen. Das bedeutet, dass die Bürgschaft nur für eine feste Zeit abgeschlossen wird und ist die Frist abgelaufen, dann kommt automatisch wieder der eigentliche Schuldner in den Fokus. Zudem besteht die Möglichkeit, dass nicht nur eine Person die Haftung antritt. Die Bürgschaft kann auch auf mehrere Personen verteilt werden. Dabei gibt es Unterschiede zwischen einer Mitbürgschaft und der Teilbürgschaft. Bei der Mitbürgschaft sind mehrere Personen als Bürgen vorhanden und bei der Teilbürgschaft übernimmt jeder Bürge nur einen festgelegten Teil der Schulden.
Die Anwendungsgebiete der selbstschuldnerischen Bürgschaft
Die selbstschuldnerische Bürgschaft kommt sehr häufig im Bereich der Mietverträge zum Einsatz. Allerdings wird die Bürgschaft in der Höhe von drei Kaltmieten festgelegt. Gerade bei Personen, die in die erste eigene Wohnung ziehen, verlangen die Vermieter in der Regel einen Bürgen. Die jungen Menschen besitzen nur geringe Einkünfte und auch die Bonität ist zu Beginn sehr schlecht und aus dem Grund verlangt der Vermieter eine selbstschuldnerische Bürgschaft. Sobald dann der eigentliche Mieter mit den Zahlungen nicht nachkommt, dann müssen die Bürgen für die Zahlung sofort aufkommen. In den meisten Fällen werden bei jungen Menschen die Eltern als Bürgen eingesetzt. Sie müssen für die Schulden des Kindes aufkommen als ob es die eigenen Schulden wären. Es gibt mittlerweile sogar Unternehmen, die eine selbstschuldnerische Bürgschaft anbieten und die Sicherheit übernehmen, dass die Kautionsschulden bezahlt werden. Dafür verlangen die Unternehmen eine entsprechende Gebühr. Es handelt sich um die sogenannten Kautionsunternehmen, die heute überwiegend im Internet ihren Service anbieten.
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