Bei den Thin Capitalization Rules handelt es sich um spezielle Regeln, die zur Bekämpfung von unzureichenden Kapitalausstattungen von Kapitalgesellschaften zum Einsatz kommen. Jedes Unternehmen hat ein Ziel: Gewinne zu erwirtschaften. Das ganze Jahr über arbeitet das Unternehmen darauf hin, dass am Ende des Jahres ein guter Gewinn in der Bilanz nachzulesen ist. Aber dann muss die Steuer noch abgezogen werden. Jedes Unternehmen und jede Privatperson ist verpflichtet Steuern zu bezahlen. Die Steuern werden immer auf den Gewinn angerechnet. So ist es kein Wunder, dass Unternehmen und auch Privatpersonen Steuern sparen wollen. Bei Unternehmen führt das dazu, dass verschiedene Prozesse durchgeführt werden, wodurch die Steuerlast gemindert werden soll. Mit den Thin Capitalization Rules sollen die Prozesse besser kontrolliert werden können.
Inhalt
Die Problematik
Eigenkapital und Fremdkapital bringen Erträge ein und diese beiden Punkte werden komplett anders behandelt. Als Grundlage dient das internationale Steuerrecht. Die Erträge aus dem Eigenkapital, das durch eine Tochtergesellschaft gemacht wird und in einem Land zur Verfügung steht wird als Gewinn bezeichnet. Dieser Gewinn also die Erträge müssen in dem Land der Steuer unterworfen werden, in dem die Tochtergesellschaft ihren Sitz hat. Anders sieht es bei Erträgen aus Fremdkapital aus. Die Erträge müssen in dem Land steuerlich wahrgenommen werden, indem der Kapitalgeber seinen Sitz hat. Das führt meist dazu, dass die meisten Kapitalgeber sich aussuchen können, in welchem Land die Erträge steuerlich erfasst werden sollen. Zumindest indirekt. Aufgrund des Doppelbesteuerungsabkommens kann der Kapitalgeber die steuerliche Vorlegung aufteilen und den Großteil in einem Land und den Rest in einem anderen Land besteuern lassen. Es besteht also durchaus die Möglichkeit, die Besteuerung aufzuteilen und das im besten Fall natürlich zu seinen Bedingungen. Er hat sogar die Möglichkeit, das Eigenkapital mit Hilfe einer Weitergabe in ein drittes Land in einem anderen Land steuerlich geltend zu machen.
Genau in diesen Prozessen liegt auch die Problematik. Die meisten Konzerne versuchen natürlich so wenig Steuern wie möglich zu zahlen. Somit werden die Tochtergesellschaften, die sich vor Ort befinden, nur mit einem minimalen Eigenkapital ausgestattet. Der Rest wird als Fremdfinanzierung oder zur Abschöpfung in andere Länder umgeleitet, um Steuern zu sparen. Durch diese Prozesse wird die Steuerbelastung erheblich gesenkt. Diese eher dünne Ausstattung mit Kapital ist unter der Bezeichnung “thin capitalization” bekannt.
Die Abwehrmaßnahmen
Im Grunde müssen alle Länder Abwehrmaßnahmen entwickeln, um den Prozessen Herr zu werden. Dabei sind alle Staaten der Erde sich einig, aber die Ansätze zur Problembehebung sind sehr unterschiedlich. Der einzige Gedanken, den alle Staaten der Erde gleich haben, liegt darin, dass die Zahlung von Zinsen sehr viel unattraktiver gestaltet werden soll also die Versteuerung des Gewinns. Grundsätzlich zahlen die Unternehmen lieber Zinsen auf die Vergabe von Kapital als die Steuerlast zu tragen. Genau hier wollen die Staaten ansetzen und sich dem Problem annehmen. Sie wollen dafür sorgen, dass die Unternehmen lieber Steuern zahlen anstatt Zinsen.
Die Thin Capitalization Rules in Deutschland
Deutschland hat zuerst damit begonnen, die Gesellschafter-Fremdfinanzierung zu bekämpfen. Dazu wurde der §8a KstG zur Hilfe genommen:
§ 8a
Betriebsausgabenabzug für Zinsaufwendungen bei Körperschaften (Zinsschranke)
(1) 1§ 4h Abs. 1 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass anstelle des maßgeblichen Gewinns das maßgebliche Einkommen tritt. 2 Maßgebliches Einkommen ist das nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes und dieses Gesetzes ermittelte Einkommen mit Ausnahme der §§ 4h und 10d des Einkommensteuergesetzes und des § 9 Abs. 1 Nr. 2 dieses Gesetzes. 3 Die §§ 8c und 8d gelten für den Zinsvortrag nach § 4h Absatz 1 Satz 5 des Einkommensteuergesetzes mit der Maßgabe entsprechend, dass stille Reserven im Sinne des § 8c Absatz 1 Satz 6 nur zu berücksichtigen sind, soweit sie die nach § 8c Absatz 1 Satz 5 und § 8d Absatz 2 Satz 1 abziehbaren nicht genutzten Verluste übersteigen. 4 Auf Kapitalgesellschaften, die ihre Einkünfte nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes ermitteln, ist § 4h des Einkommensteuergesetzes sinngemäß anzuwenden.
(2) § 4h Abs. 2 Satz 1 Buchstabe b des Einkommensteuergesetzes ist nur anzuwenden, wenn die Vergütungen für Fremdkapital an einen zu mehr als einem Viertel unmittelbar oder mittelbar am Grund- oder Stammkapital beteiligten Anteilseigner, eine diesem nahe stehende Person (§ 1 Abs. 2 des Außensteuergesetzes vom 8. September 1972 – BGBl. I S. 1713 -, das zuletzt durch Artikel 3 des Gesetzes vom 28. Mai 2007 – BGBl. I S. 914 – geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung) oder einen Dritten, der auf den zu mehr als einem Viertel am Grund- oder Stammkapital beteiligten Anteilseigner oder eine diesem nahe stehende Person zurückgreifen kann, nicht mehr als 10 Prozent der die Zinserträge übersteigenden Zinsaufwendungen der Körperschaft im Sinne des § 4h Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes betragen und die Körperschaft dies nachweist.
(3) 1§ 4h Abs. 2 Satz 1 Buchstabe c des Einkommensteuergesetzes ist nur anzuwenden, wenn die Vergütungen für Fremdkapital der Körperschaft oder eines anderen demselben Konzern zugehörenden Rechtsträgers an einen zu mehr als einem Viertel unmittelbar oder mittelbar am Kapital beteiligten Gesellschafter einer konzernzugehörigen Gesellschaft, eine diesem nahe stehende Person (§ 1 Abs. 2 des Außensteuergesetzes) oder einen Dritten, der auf den zu mehr als einem Viertel am Kapital beteiligten Gesellschafter oder eine diesem nahe stehende Person zurückgreifen kann, nicht mehr als 10 Prozent der die Zinserträge übersteigenden Zinsaufwendungen des Rechtsträgers im Sinne des § 4h Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes betragen und die Körperschaft dies nachweist. 2 Satz 1 gilt nur für Zinsaufwendungen aus Verbindlichkeiten, die in dem voll konsolidierten Konzernabschluss nach § 4h Abs. 2 Satz 1 Buchstabe c des Einkommensteuergesetzes ausgewiesen sind und bei Finanzierung durch einen Dritten einen Rückgriff gegen einen nicht zum Konzern
Anschließend kam es zur Einführung einer sogenannten prozentualen Obergrenze. Die Abzüge der Zinszahlungen vom steuerpflichtigen Betrag wurden mit einer Obergrenze ausgestattet. Dazu wurden die Regelungen zur Zinsschranke (§4 EStG und der oben genannte Paragraf §8a) genommen.
Die internationalen Thin Capitalization Rules
Es gibt bis heute keine internationale Vereinheitlichung im Bereich Thin Capitalization Rules zur Bekämpfung. Die angewandten Techniken und deren Umfang unterscheiden sich von Staat zu Staat. Selbst die Frage, ob Gesellschafter einen Kredit versteuern müssen oder alle Kredit in irgendeiner Art und Weise steuerlich erfasst werden sollen, ist nicht geklärt. Im Grunde wird es Zeit, dass auch im internationalen Bereich gut umsetzbare, einheitliche Thin Capitalization Rules auf den Weg gebracht werden.
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