Die Überentnahme kommt in der Regel bei Unternehmen vor, die mehr Kapital entnehmen als eigentlich erwirtschaftet wurde. Dabei wird für die Überentnahme immer das gesamte Wirtschaftsjahr berechnet. Die Folge ist immens, denn ein Teil der betrieblichen Kredite, die als Betriebsausgaben bewertet werden inklusive der abziehbaren Zinsen werden zu Schuldzinsen umqualifiziert, die nicht mehr abziehbar sind. Anschließend können sie dem Gewinn wieder gutgeschrieben werden. Bei der Überentnahme handelt es sich um einen Rechtsbegriff aus dem Steuerrecht. Der § 4 Absatz 4a Satz 2 des Einkommenssteuergesetzes gilt als rechtliche Grundlage.
Inhalt
Einkommensteuergesetz (EStG) § 4 Gewinnbegriff im Allgemeinen
(4a) 1 Schuldzinsen sind nach Maßgabe der Sätze 2 bis 4 nicht abziehbar, wenn Überentnahmen getätigt worden sind. 2 Eine Überentnahme ist der Betrag, um den die Entnahmen die Summe des Gewinns und der Einlagen des Wirtschaftsjahres übersteigen. 3 Die nicht abziehbaren Schuldzinsen werden typisiert mit 6 Prozent der Überentnahme des Wirtschaftsjahres zuzüglich der Überentnahmen vorangegangener Wirtschaftsjahre und abzüglich der Beträge, um die in den vorangegangenen Wirtschaftsjahren der Gewinn und die Einlagen die Entnahmen überstiegen haben (Unterentnahmen), ermittelt; bei der Ermittlung der Überentnahme ist vom Gewinn ohne Berücksichtigung der nach Maßgabe dieses Absatzes nicht abziehbaren Schuldzinsen auszugehen. 4 Der sich dabei ergebende Betrag, höchstens jedoch der um 2 050 Euro verminderte Betrag der im Wirtschaftsjahr angefallenen Schuldzinsen, ist dem Gewinn hinzuzurechnen. 5 Der Abzug von Schuldzinsen für Darlehen zur Finanzierung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens bleibt unberührt. 6 Die Sätze 1 bis 5 sind bei Gewinnermittlung nach § 4 Absatz 3 sinngemäß anzuwenden; hierzu sind Entnahmen und Einlagen gesondert aufzuzeichnen.
Die Ermittlung der Überentnahme
Der Paragraf 4 Absatz 4a des EStG gilt als rechtliche Grundlage für die betrieblichen Schuldzinsen bei der Überentnahme. Mit dem Paragrafen will der Gesetzgeber verhindert, dass die privaten Darlehen eines Steuerpflichtigen in einem betrieblichen Bereich eingelagert werden, um im Endeffekt die Zinsen für das Darlehen als Betriebsausgabe geltend zu machen. Die Zuordnung der sogenannten Schuldzinsen hängt immer davon ab, welche Verwendung das Darlehen tatsächlich hat. Dabei kann es entweder privat oder betrieblich genutzt werden. Nur wenn es betrieblich eingesetzt wird, dann können die Zinsen auch als Betriebsausgaben deklariert werden. Allerdings gilt dann noch zu überprüfen, ob der Abzug aufgrund von Überentnahmen einzuschränken ist.
Vorliegen einer Überentnahme
Eine Überentnahme liegt immer dann vor, wenn die Entnehmen die Summe des Gewinns und die Einlagen für das Wirtschaftsjahr übersteigen. Dazu gehören:
Auch die sogenannten Freiberufler müssen ihren Gewinn laut des Paragrafen 4 des Einkommenssteuergesetzes ermittelt und dabei immer den Absatz 4a im Auge behalten. Einlagen und Einnahmen müssen immer separat aufgelistet werden. Sollten die Aufzeichnungen nicht ausreichend sein, dann wird die Finanzverwaltung einen festen Sockelbetrag nehmen, der bei einer Höhe von 2.050 Euro liegt.
Beispiel zur Berechnung für Überentnahmen
Als Beispiel bietet sich ein Arzt an. Der Arzt hat im Jahr 2018 einen Gewinn von 148.000 Euro. Zudem bilanziert der Arzt freiwillig. Er hat Einnahmen für das Jahr 2018 im Höhe von 191.000 Euro und Einlagen, die eine Höhe von 15.000 Euro aufweisen. Die Vorjahre werden bei diesem Beispiel nicht berücksichtigt. Aufgrund dieser Zahlen ergibt sich folgende Berechnung:
Gewinn 2018: 148.000 Euro
Einlagen 2018: +15.000 Euro
Summe: 163.000 Euro
Entnahmen 2018: 191.000 Euro
Überentnahme: 28.000 Euro
Verluste berücksichtigen
Um die Überentnahme genau zu ermitteln, müssen aber auch die Verluste beachtet werden. Dabei ist zu beachten, dass die Überentnahmen sich nicht durch einen Verlust erhöhen. Aber es besteht die Möglichkeit, dass der Verlust die Unterentnahmen aus den vergangenen beziehungsweise den zukünftigen Jahren mindert. Dazu gibt es auch ein Beispiel:
Der freiberuflich arbeitende Arzt hat für das Jahr 2018 einen Verlust verzeichnet, der eine Höhe von 50.000 Euro aufweist. Zudem hat er in dem Wirtschaftsjahr keine Entnahmen und keine Einlagen getätigt. Für das Jahr 2017 hatte der Arzt eine Unterentnahme von 25.000 Euro. Im Endeffekt hat der Verlust aus dem Jahr 2018 keine Überentnahme zur Folge. Allerdings wird der Verlust mit der Unterentnahme aus dem Vorjahr verrechnet. Dadurch entsteht immer noch ein Verlustbetrag von 25.000 Euro. Der Verlust kann in den kommenden Jahren als Unterentnahme verrechnet werden.
Hinzurechnungsbetrag berechnen
Mit Hilfe von 6% der Überentnahmen wird der nicht abziehbare Schuldzins ermittelt. Allerdings wird dabei immer bedacht, dass die Summe die 2.050 Euro nicht überschreiten darf. Um diese Summe können die Schuldzinsen in einem Jahr gemindert werden. Auch hierfür gibt es ein gutes Beispiel:
Der Arzt bilanziert freiwillig und hat im Jahr 2018 einen Gewinn von 75.000 Euro. Die Entnahmen haben eine Höhe von 139.000 Euro und die Einlagen sind mit einer Höhe von 6.000 Euro angegeben. Es hat eine Überentnahme für das vorherige Jahr stattgefunden, von einer Höhe von 14.000 Euro. Zudem sind Schuldzinsen angefallen, die eine Höhe von 14.500 Euro haben.
Überentnahme 2018
Gewinn 2018: 75.000 Euro
Einlagen 2018: +6.000 Euro
Summe: 81.000 Euro
Entnahmen 2018: 139.000 Euro
Überentnahmen 58.000 Euro
Berechnung des Hinzurechnungsbetrags
Überentnahmen 2017 und 2018 = 72.000 Euro x 6% 4.320 Euro
Höchstbetrag Berechnung
Schuldzinsen 2018 : 14.500 Euro
abzüglich Kürzungsbetrag: 2.050 Euro
Ergebnis 12.450 Euro
Der Hinzurechnungsbetrag wird in diesem Fall nicht überschritten. Die Höchstgrenze liegt bei 12.450 Euro. Der Gewinn muss also um eine Höhe von 4.320 Euro erhöht werden.
Überentnahmeplanung bei einer Personengesellschaft
Bei einer Personengesellschaft sind die Über- und Unterentnahmen für jeden Mitunternehmen einzeln zu ermitteln. Dabei muss immer der Sockelbetrag von 2.050 Euro angewendet werden. Zudem muss die Schuldzinsquote berücksichtigt werden. Das gilt, wenn die Zuordnung der Schuldzinsen nicht möglich ist. Dann müssen die Schuldzinsen mit Hilfe des Gewinnverteilungsschüssels unter den Mitunternehmers aufgeteilt werden.
Bei der Steuerplanung der Personengesellschaft müssen alle steuerlichen Nachteile genau dargestellt werden, gerade wenn es um die möglichen Überentnahmen geht. Dabei muss man in drei Schritten vorangehen:
- Es muss eine Darstellung der aktuellen Berechnung nach § 4 Absatz 4a EStG gemacht werden.
- Es muss eine Fortentwicklung der Über- und der Unterentnahmen über den Planungszeitraum gemacht werden.
- Es muss eine Darstellung erfolgen, die sich auf die zukünftigen Entnahmepotenziale beziehen.