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Was ist ein Verwandtendarlehen?
Genau genommen ist jede Leihgabe ein Verwandtendarlehen. Bei nennenswerten Summen unterliegt der Vorgang steuerrechtlichen Aspekten. Ein Verwandtendarlehen ist eine Form des Privatkredites. Dementsprechend ist der Kreditgeber eine natürliche Person (also keine juristische Person wie beispielsweise ein Unternehmen). Natur und Absichten des Darlehens sind nicht gewerblich. Solche Privatkredite werden häufig auch zinslos gewährt. Das Verwandtendarlehen ist die häufigste Form eines Privatkredites. Anlass sind beispielsweise finanzielle Engpässe, Umschuldungsvorhaben oder Finanzierungshilfen für Bauvorhaben. Einen ähnlichen Charakter weisen auch auch Kredite unter Freunden, Bekannten oder Kollegen auf. Gemeinsames soziales Merkmal ist das besondere Vertrauensverhältnis zwischen den beiden Parteien.
Verwandtendarlehen: Rechtslage und steuerliche Beurteilung
Auch wenn ein Verwandtendarlehen häufig auf Grundlagen eines besonderen Vertrauensverhältnisses geschlossen wird, empfiehlt sich die Anfertigung eines Schriftstückes. Zum einen wird potenziellen Missverständnis besser vorgebeugt. Zum anderen haben schriftliche Verträge steuerliche Auswirkungen. Es gilt aber auch zu beachten, dass mündliche Absprachen rechtswirksam sind. Allerdings kann es zu Problemen der Beweisführung kommen, sofern zum Beispiel keine Zeugen der Aussagen vorhanden sind. Ein weiterer Vorteil: Werden die Vorgänge rund um das Darlehen schriftlich festgehalten, ist die Transparenz für das Finanzamt größer und es lassen sich ungewünschte Komplikationen vermeiden.
Im Vertrag sollten Laufzeit, Höhe des Darlehens, Zinssätze, Zinsraten, Zinszeitpunkte festgehalten werden. Um weitere Komplikationen zu vermeiden, empfiehlt sich im Allgemeinen eher eine Banküberweisung als Zahlungsvorgänge in bar.
Grundsätzlich sind die Rechten und Pflichten dieselben wie bei jedem Kreditvertrag. Der Kreditgeber verpflichtet sich zur Bereitstellung des vereinbarten Betrages. Der Kreditnehmer ist zur fristgerechten Rückzahlung des Gesamtbetrages und der vereinbarten Zinsen verpflichtet. Hinzu kommen die üblichen Faktoren wie Tilgungsmodalitäten, Sicherheiten und Kündigungsklauseln. Diese Faktoren können entsprechend verhandelt werden. Im deutschen Recht regelt das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) allgemeine Bedingungen, sowie Rechte und Pflichten von Darlehen. Je nach Ausgestaltung kann ein Darlehen unter Verwandten jedoch nicht unter diese gesetzlichen Bestimmungen fallen.
Ein zentraler Beurteilungsfaktor ist die Höhe der Zinsen. Sind die Zinsforderung im Vergleich mit den üblichen Marktzinsen sehr niedrig oder ist der Kredit gar zinslos gestaltet, wird steuerrechtlich von einer Schenkung ausgegangen. In diesem Fall findet das Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz (ErbStG) Anwendung. Die Schenkung besteht in der Einsparung der Zinsen, die ansonsten marktüblich anfallen würden. Je nach Verwandtschaftsverhältnis gelten unterschiedliche Freibeträge von Schenkungen zu Lebzeiten. Entfernte Verwandte und Freunde dürfen sich so zum Beispiel 20.000 Euro schenken.
Zwischen engeren Verwandten gelten höhere Freibeträge. So dürfen Eltern ihren Kindern bis zu 400.000 Euro überlassen. Es gilt vor Abschluss des Darelehens genau hinzusehen, welche Steueraspekte gelten. So stehen Schwiegerkindern beispielsweise ebenfalls nur 20.000 Euro per Schenkung zu. Wird ein Kredit über eine höhere Summe und vor allem über eine längere Laufzeit gegeben, können die schenkungsrelevanten Summen durchaus erreicht werden. Erst wenn diese Steuerfreibeträge überstiegen werden, fallen Steuerzahlungen an. Wird die Grenze zum Bankgeschäft überschritten, wird ein Darlehen anders beurteilt und das Kreditwesengesetz (KWG) findet Anwendung.
Werden vonseiten des Kreditgebers Zinsen verlangt und eingenommen, müssen diese Einkünfte in der Einkommenssteuer angegeben werden. Es handelt sich hierbei um Gewinne aus Kapitalerträgen.
Vorteile des Verwandtendarlehens
Ein Kredit unter Verwandten kann unkompliziert und formlos geschlossen werden. Grundsätzlich ist nicht einmal ein Schriftstück zwingend notwendig. Ebenso muss keine Prüfung der Bonität durchgeführt werden. Es sind demnach auch keine Kosten für Anwalt oder Notar auflaufend. Kommt es zu verspäten Zahlungen oder Zahlungsausfällen sind die weiteren Vorgehensweisen ebenfalls theoretisch unkompliziert regelbar. Auch bei der Abwicklung des Bezahlvorgangs sind keine rechtlichen Hürden zu nehmen. Das Geld kann in bar fließen. Insgesamt kann durch die Formlosigkeit Zeit gespart werden. Der Kredit kann quasi per sofort gewährt werden. Auch hinsichtlich des Verwendungszweckes bestehen keine Einschränkungen. Es ist grundsätzlich belanglos, ob das Geld für die Hausbaufinanzierung oder die Autoreparatur benutzt wird. Es besteht keinerlei Nachweispflicht. Wer auf eine Besicherung des Darlehens Wert legt, kann diese Möglichkeit in Anspruch nehmen. Dabei können die üblichen Besicherungen zum Tragen kommen. Häufig werden Sachwerte wie Immobilien dafür eingesetzt.
Risken bei Verwandtendarlehen
Die beschriebenen Vorteile bergen gleichzeitig auch das Potenzial für die Kernrisiken. Ein Kredit unter Verwandten kann formlos geschlossen werden. Die Details sind sehr frei verhandelbar. Naturgemäß kann es daher in der Folge zu Problemen der Beweislast zum Zeitpunkt der Rückforderung kommen. Deswegen sind schriftliche Abmachungen empfehlenswert.
Häufig sind Kredite unter Verwandten ein beliebtes Mittel zur Geldbeschaffung, nachdem andere Kreditgeber ein Darlehen verweigerten. Das trifft zum Beispiel auf den Fall einer negativen Bonitätsprüfung durch eine Bank auf. Wer also als Verwandter einen Kredit gewährt, sollte sich dieses Umstandes im Klaren sein. Die Bonitätsschwäche des Kreditnehmers führt statistisch häufig zu Rückzahlungsschwierigkeiten. Dienstleistungsinstitute wie die Schufa (Schutzgemeinschaft für allgemeine Kreditsicherung) gewährleisten häufig ein erhöhtes Maß an Sicherheit im Kreditgeschäft.
Wie bei üblichen Bankenkrediten, kann auch ein Verwandtendarlehen besichert werden. Bezüglich der rechtlichen Ausgestaltung des Vertrages ist hierbei auf korrekte Formulierungen zu achten.
Der Vertrag für ein Verwandtendarlehen
Auch, wenn es sich um ein Darlehen aus dem Verwandtenkreis handelt, sollte auf ein Darlehensvertrag wert gelegt werden. Der Darlehensvertrag muss immer in schriftlicher Form erfolgen und muss mit den folgenden Punkten ausgestattet sein. Private Darlehensverträge unterliegen eigentlich keiner Form, aber sie sind durchaus hilfreich um Meinungsverschiedenheiten oder Streitigkeiten vorzubeugen.
Der Darlehensvertrag für ein Verwandtendarlehen beginnt mit dem Vertragskopf, auf dem Name und Anschrift des Kreditgebers und auch die Daten des Kreditnehmers stehen. Dazu kommen noch die folgenden Angaben:
- Angaben zum Darlehen (Höhe der Kreditsumme, Laufzeit und eventuelle Sicherheiten)
- Informationen zur Kontoverbindung inklusive Datum
- eventuelle Barzahlungsmöglichkeiten
- Verwendungszweck
- Verzinsung (monatlich, jährlich, nachträglich oder vielleicht zinslos)
- Tilgung (die monatliche Ratenhöhe)
- Kündigung (außerordentliche Möglichkeiten, die von seitens des Kreditgebers bestehen)
- Konsequenzen bei Zahlungsausfall
- Schlussbestimmungen (Nebenabreden, Vertragsbestandteile und Vertragserfüllungen)
- Unterschriften (Kreditnehmer- und Kreditgeber inklusive Ort und Datum)
Der Darlehensvertrag für das Verwandtendarlehen muss in zweifacher Ausführung vorbereitet werden, damit jeder Vertragspartner eine Ausfertigung für seine Unterlagen bekommt. In der Regel gibt es im Internet einige Musterverträge, die sich perfekt für ein Verwandtendarlehen eignen. Mit Hilfe eines Mustervertrags ist die Sicherheit gegeben, dass wichtige Vereinbarungen vergessen werden und es muss kein Vertrag erstellt werden. Einige Anbieter stellen Musterverträge auch kostenfrei zur Verfügung, was den Aufwand deutlich vereinfacht. Trotzdem sollten die Musterverträge gut durchgelesen und nicht blindlings unterschrieben werden.
Die Rechtslage in Bezug auf das Verwandtendarlehen
Im Bürgerlichen Gesetzbuch ist der § 488 vorhanden, der die rechtliche Lage eines Verwandtendarlehens festlegt. Die vertraglichen Pflichten des Verwandtendarlehens sind in dem Paragrafen festgelegt und nachlesbar:
§ 488
Vertragstypische Pflichten beim Darlehensvertrag
(1) 1 Durch den Darlehensvertrag wird der Darlehensgeber verpflichtet, dem Darlehensnehmer einen Geldbetrag in der vereinbarten Höhe zur Verfügung zu stellen. 2 Der Darlehensnehmer ist verpflichtet, einen geschuldeten Zins zu zahlen und bei Fälligkeit das zur Verfügung gestellte Darlehen zurückzuzahlen.
(2) Die vereinbarten Zinsen sind, soweit nicht ein anderes bestimmt ist, nach dem Ablauf je eines Jahres und, wenn das Darlehen vor dem Ablauf eines Jahres zurückzuzahlen ist, bei der Rückzahlung zu entrichten.
(3) 1 Ist für die Rückzahlung des Darlehens eine Zeit nicht bestimmt, so hängt die Fälligkeit davon ab, dass der Darlehensgeber oder der Darlehensnehmer kündigt. 2 Die Kündigungsfrist beträgt drei Monate. 3 Sind Zinsen nicht geschuldet, so ist der Darlehensnehmer auch ohne Kündigung zur Rückzahlung berechtigt.
Gesetzlich anfechtbar – das Verwandtendarlehen
Das Verwandtendarlehen sorgt in vielen Fällen dafür, dass es zu Familienstreitigkeiten kommt. In solchen Fällen wird häufig das Gericht mit der Schlichtung beauftragt, aber es muss eindeutig gesagt werden, dass die Verträge von Verwandtendarlehen keinen Bestand haben. So kann das Darlehen auch nicht angefochten werden. Es muss also extrem sensibel mit dem Thema umgegangen werden, damit es nicht zu Zerwürfnissen in der Familie kommt, die nur Geld als Grundlage haben. Grundsätzlich gilt, dass ein Vertrag für die beiden Parteien sinnvoll sind, aber der Vertrag ist nur für die beiden Personen rechtsbindend. Sollten Streitigkeiten aufkommen, dann ist es ratsam, das innerhalb der Familie zu klären und Anwälte und Gerichte außen vor zu lassen. Es gibt immer eine deutlich bessere Lösung als irgendjemanden vor Gericht zu ziehen oder zu verklagen.
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