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Was bedeutet Verzug?
Von einem Verzug im Kreditwesen ist meist dann die Rede, wenn entweder der Verkäufer eine Ware oder eine Dienstleistung nicht (pünktlich) liefert oder wenn der Käufer die Gesamtzahlung oder die Ratenzahlungen nicht oder nicht vollständig bedient.
Wenn der Lieferant / der Verkäufer mit der Lieferung der Ware oder der Bereitstellung der Dienstleistung in Verzug geraten ist, ist von einem sogenannten „Lieferverzug“ die Rede.
Wenn die Abgeltung, also die Zahlung der Leistung, nicht zuverlässig erfolgt, dann wird von einem „Zahlungsverzug“ gesprochen.
Eine weitere Art des Verzugs ist der sogenannte „Abnahmeverzug“. Dieser tritt immer dann auf, wenn der Gläubiger die Annahme einer Ware, unabhängig von den Beweggründen, verweigert. In jedem Fall handelt es sich bei einem Verzug im Kreditwesen um eine Form der Vertragsverletzung, die zum einen finanzielle Nachteile für eine oder für alle am Kreditvertrag beteiligte Personen nach sich ziehen kann und welche dazu führen kann, dass der Vertrag rückwirkend aufgehoben wird.
Ein Verzug hat immer den vollständigen Abbruch der Geschäftsbeziehungen oder zumindest Störungen und Misstrauen bei allen beteiligten Parteien betreffend möglicher zukünftiger Rechtsgeschäfte zur Folge.
Der Schuldnerverzug
Bei der am häufigsten vorkommenden Art eines Verzugs handelt es sich um den Schuldnerverzug. Dieser ergibt sich immer dann, wenn der Schuldner die vorab mit dem Gläubiger festgelegte Leistung nicht oder nicht vollständig erbringt. Da im Regelfall vertraglich vorab festgelegt wurde, wie die Leistung zu erfolgen hat, begeht der Schuldner beim Schuldnerverzug einen Vertragsbruch, der weitreichende rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen kann. Weitere mögliche Konsequenzen sind eine Schädigung des Rufs und der Abbruch der gesamten Geschäftsbeziehungen zwischen den beteiligten Parteien. Unerheblich ist hierbei meist, ob der Verzug aus einem wichtigen Grund oder grob fahrlässig oder gegebenenfalls sogar mutwillig in Kauf genommen wurde.
Auch die verspätete Leistung kann zu einem Verzug führen. Der Verzicht auf die Geltendmachung von Verzugsschäden kann dann lediglich auf Kulanzbasis beim Gläubiger erbeten werden.
Die genauen Voraussetzungen, die vorliegen müssen, damit von einem Leistungsverzug die Rede ist, sind in § 286 Bürgerliches Gesetzbuch geregelt.
Leistet der Schuldner trotz einer vorausgegangen Mahnung des Gläubigers oder dessen rechtlichen Vertreters nicht, so kommt es gemäß § 285 Absatz 1 Bürgerliches Gesetzbuch zu einem Verzug der Mahnung.
Bevor von einem Verzug die Rede sein kann, muss immer die Fälligkeit bereits verstrichen sein. Wenn ein Gläubiger somit davon ausgeht, dass der Schuldner seiner Verpflichtung nicht nachkommt, kann zumeist nicht von einem Verzug die Rede sein. Dies auch nicht, wenn bereits eine mangelhafte Zahlungsmoral oder wirtschaftliche Probleme des Schuldners vor der Fälligkeit bekannt werden.
Die Voraussetzung des Schuldnerverzugs im Überblick
Ein Schuldnerverzug liegt immer dann vor, wenn
- die Leistung bereits fällig war
- die Leistung vom Schuldner verzögert erbracht wird
- die Leistung rechtlich durchsetzbar ist
- die Leistung durch den Gläubiger beim Schuldner angemahnt wurde
Unabhängig von den genannten Voraussetzungen kommt der Schuldner bei einer Geldforderung immer dann in Verzug, wenn dieser nach einer Frist von 30 Tagen nach Fälligkeit und den Zugang der Rechnung oder einer gleichwertigen Zahlungsaufforderung keine Zahlung geleistet hat.
Der Stellenwert einer Mahnung
Bei einer Mahnung handelt es sich um eine deutliche Aufforderung des Gläubigers an den Schuldner, dass dieser eine überfällige Leistung zu erbringen hat. Für die Mahnung und den mit dieser verbundenen zeitlichen und finanziellen Mehraufwand darf der Gläubiger eine realistische Mahngebühr und Zusatzgebühren für Post und Telekommunikation in Rechnung stellen. Einer Mahnung steht die Zustellung eines Mahnbescheids oder einer Klageerhebung gemäß § 286 Absatz 1 Bürgerliches Gesetzbuch im Mahnverfahren gleich.
Auf den Versand einer Mahnung an den Schuldner kann dann verzichtet werden, wenn der Schuldner die Erbringung der Leistung gegenüber dem Gläubiger bereits nachweislich verweigert hat. Eine Mahnung ist dann überflüssig, da keine Leistungsbereitschaft auf Seiten des Schuldners gegeben ist.
Eine Mahnung ist zudem überflüssig, wenn die Vertragsparteien die Erbringung der Leistung kalendermäßig bestimmt haben. Für den aus den Verzug der Lieferung oder der Zahlung entstandenen finanziellen Schaden muss immer der Schuldner haften.
Neben dem Recht auf Geltendmachung von Schadenersatz kann der Gläubiger auf Wunsch auch von dem Rechtsgeschäft zurücktreten.
Der Schuldner kommt nicht in Verzug, wenn dieser auf Grund eines Umstands, den er nicht selbst zu verantworten hat, nicht leisten kann. Ein klassisches Beispiel hierfür wäre ein Lieferverzug, der sich auf Grund von Witterungsbedingungen (Schnee oder Überflutungen) ergeben hat.
Die Rechtsfolgen
Der Verzugsschaden
Gemäß § 280 Absatz 2 BGB muss der Schuldner bei einem Verzug den Verzugsschaden ersetzen. Dies inklusive der Verzugszinsen und möglicher Zinsen, die über die Verzugszinsen hinausgehen. Klassische Beispiele hierfür sind Zinsen, die der Gläubiger für die Inanspruchnahme von Bankkrediten zahlen muss, Kosten für die Beauftragung eines Rechtsanwalts zur Eintreibung der Schulden und Mahnkosten. Bei einem Annahmeverzug entstehen dem Gläubiger in der Regel Mehrkosten durch das Erstellen des Angebots, welche letztlich unbezahlt bleiben. Auch die Lagerung und die Erhaltung der Ware kann zusätzliche Kosten verursachen, die der Gläubiger beim Schuldner einfordern kann. Als Rechtsgrundlage dient hier § 303 BGB.
Die Verzugszinsen
Sollte sich ein Schuldner mit einer Leistung in Verzug befinden, so kann der Gläubiger Verzugszinsen gelten machen. Bei einem Rechtsgeschäft, der zwischen Verbrauchern abgeschlossen wurde, liegt der Zinssatz für Verzugszinsen fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz gemäß § 288 Absatz 1 BGB. Bei einem Rechtsgeschäft, an dem kein Verbraucher beteiligt ist, liegt der Verzugszinssatz acht Prozentpunkte über dem Basiszinssatz gemäß § 288 Absatz 2 BGB. Sollten im Vertrag mögliche Vertragsstrafen vereinbart worden sein, kann der Gläubiger auch diese beim Schuldner im Falle eines Verzugs geltend machen. Nach einer Klageerhebung kann der Beklagte zudem gemäß § 291 BGB zur Zahlung von Prozesszinsen aufgefordert werden.
Das Unionszollrecht
Gemäß § 114 Absatz 1 Unionszollkodex (UZK) werden Verzugszinsen ab dem Tag fällig, an dem der Verzug auftritt, also an dem Tag, an dem die Zahlungsfrist abläuft. Bis zum Tag der Erbringung der Leistung werden Verzugszinsen auf die Import- und Exportabgabenbeträge erhoben. Die nationalen Säumniszuschläge gemäß § 240 AO werden somit vom Unionszollrecht überlagert. Sollte die Zahlungsfrist, aus welchen Gründen auch immer, im laufenden Verfahren ausgesetzt werden, so dürfen für diesen Zeitraum keine Verzugszinsen berechnet werden. Der Zinssatz für Verzugszinsen orientiert sich stets am Zinssatz für Hauptrefinanzierungsgeschäfte der entsprechenden Zentralbank des jeweiligen Landes. Bei allen EU-Staaten liegt der Zinssatz gemäß den Vorgaben der Europäischen Zentralbank (EZB) immer bei zwei Prozentpunkten über dem zentralen Zinssatz für Refinanzierungsgeschäfte und ist somit einheitlich gesetzlich geregelt.
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