Bei der Zinsgleitklausel handelt es sich um eine spezielle Vereinbarung, die in einem Kreditvertrag getroffen wird. Das Risiko für die Zinsänderung wird mit der Klausel einfach an den Kreditnehmer übertragen. In regelmäßigen Abständen wird der Kreditzinssatz an den Leitzinssatz angepasst und somit natürlich auch auf den Kredit des Kreditnehmers. Mit Hilfe der Zinsgleitklausel wird dem Kreditgeber das Recht eingeräumt, den Kreditzins zu senken oder zu erhöhen und das mit sofortiger Rechtswirkung. Die Zinsgleitklausel kann in verschiedenen Verträgen eingefügt werden, darunter beispielsweise die Sparverträge.
Inhalt
Allgemeine Informationen zur Zinsgleitklausel
In Deutschland besteht seit 1937 eine staatliche Zinsreglementierung. Diese wurde mit Hilfe der Zinsverordnung im Jahr 1967 aufgehoben. Die staatliche Zinsreglementierung schrieb vor, dass die Höchstzinssätze der Kreditinstitute bei den Kreditgeschäften laut Sollzinsabkommen auf keinen Fall überschritten werden durften. Im Habenzinsabkommen allerdings konnte der Höchstzinssatz durchaus auch mal unterschritten werden. Durch das Abkommen und die gesetzlichen Regelungen blieben der Sollzins und der Habenzins immer stabil. Einen Anpassungsbedarf gab es nicht. Nachdem im Jahr 1967 die Zinsfreigabe kam, konnten sich die Soll- und Habenzinsen frei entwickeln und sich anpassen. Für einige Marktteilnehmer war das sehr gut und für andere schlecht. Allerdings entstanden dadurch auch Marktrisiken, die vorher nicht da waren. Gerade in Bezug auf die Zinsänderungsrisiken der Marktteilnehmer gab es große Veränderungen. Dadurch, dass diese Veränderungen eingeführt wurden, kam es auch zu anderen Vereinbarungen in den Kredit- und Sparverträgen. Die Kreditinstitute sorgten dafür, dass die Zinsänderung mit Hilfe der Zinsgleitklausen an die Kunden weitergegeben werden konnte. Dabei musste es nicht mal eine Vertragsänderung geben. Aber nicht nur die Banken hatten einen Vorteil von der Zinsgleitklausen, auch die Kunden konnten profitieren, denn bei sinkenden Kreditzinsen hat es sich zum Vorteil gezeigt. Gerade, wenn die Habenzinsen steigen sollten, konnten die Kunden profitieren, ohne, dass ein neuer Vertrag auf den Weg gebracht werden musste.
Die verschiedenen Arten der Zinsgleitklausel
Im bankrechtlichen Sinn wird zwischen der Zinsgleitklausel und der Zinsanpassungsklausel unterschieden. Dabei stellt die Zinsgleitklausen eine Kopplung dar, die zwischen dem Zinssatz und der vertraglich vereinbarten Bezugsgröße besteht. Für den Kreditnehmer ändert sich der Zinssatz nur, wenn die Bezugsgröße sich verändert, die vertraglich vereinbart wurde. Bei den Zinsanpassungsklauseln hat die Bank einen sogenannten Ermessungsspielraum. Dadurch können sie den Zinssatz nach eigenem Ermessen einseitig anpassen. Sobald das Kreditinstitut sich entscheidet, den Kreditzins anzupassen, ändert sich der Zinssatz auch für den Kreditnehmer.
Der Unterschied liegt also eindeutig bei der Art der Zinsgleitklauseln. Während bei der Zinsgleitklausel die Bezugsgröße die Grundlage für eine Änderung liefert, wird bei der Zinsanpassungsklausel die Bank die Grundlage liefern. Der Kreditzins verändert sich bei der Zinsgleitklausel immer proportional zur Bezugsgröße. Bei der Zinsanpassungsklausel muss das nicht der Fall sein.
Die Zinsgleitklausel hat seit 1986 sehr stark an Bedeutung gewonnen. Schuld darin ist ein BGH-Urteil. Die Klausel muss, laut diesem Urteil, eindeutig vorhanden sein, damit die Kunden über eventuelle Veränderungen informiert werden und es keine unsicheren Verhältnisse mehr auf dem Geld- und Kapitalmarkt gibt. Die Grundsätze des Urteils gelten nicht nur für Unternehmensfinanzierungen, sondern auch für Privatverbraucher.
Zinsanpassung durch die Marktbedingungen
Bei der Zinsgleitklausel handelt es sich um ein Leistungsbestimmungsrecht, das vom Kreditgeber ausgeübt wird. Dafür bietet sich als Grundlage der § 315 des Bundesgesetzbuches an.
Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)
§ 315 Bestimmung der Leistung durch eine Partei
(1) Soll die Leistung durch einen der Vertragschließenden bestimmt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist.
(2) Die Bestimmung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil.
(3) Soll die Bestimmung nach billigem Ermessen erfolgen, so ist die getroffene Bestimmung für den anderen Teil nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht. Entspricht sie nicht der Billigkeit, so wird die Bestimmung durch Urteil getroffen; das Gleiche gilt, wenn die Bestimmung verzögert wird.
Kreditinstitute haben das Recht bei einem steigenden Zinsniveau den Zinssatz zu erhöhen, allerdings auch die Verpflichtung, dass bei einem sinkenden Zinsniveau der Zinssatz entsprechend nach unten korrigiert wird. Die Zinsgleitklausel räumt dem Kreditgeber somit die Befugnis ein, die Höhe des Zinssatzes selber zu bestimmen. Dabei müssen sich die Kreditinstitute immer nach dem Referenzzinssatz richten, der nach dem Basissatz LIBOR, EONIA oder EURIOBOR berechnet wird. Die Zeitreihen der Deutschen Bundesbank bietet sich ebenfalls als Hilfe an. Sobald sich die Zinssätze ändern, kommt es zu einer automatischen Anpassung, über die der Kreditnehmer nicht mal informiert werden muss.
Zinsanpassung aufgrund der Bonität
Eine Zinsveränderung kann nicht nur aufgrund von Marktentwicklungen ausgelöst werden. Auch Änderungen in der Bonität können der Anlass für eine Zinsanpassung sein. Der Kreditzins ist schließlich immer eine Art Risikoprämie für das sogenannte Kreditrisiko. Die Ausfallwahrscheinlichkeit wird in einem Rating festgehalten und anhand dieses Ratings bietet das Kreditinstitut dem Kreditnehmer einen Zinssatz an. Sollte sich mit der Zeit das Rating verschlechtern, weil die finanzielle Lage des Kreditnehmers sich deutlich verändert hat, dann spiegelt sich das auch in den Zinsen wieder. Dabei ist das Rating immer die Bezugsgröße, die zu Hilfe genommen wird. Allerdings ist auch hier eine Zinsanpassung in beide Richtungen möglich. Bei einem schlechten Rating kann die Zinsanpassung nach oben reichen und bei einem verbesserten Rating können die Zinsen nach unten angepasst werden.
Bei den Zinsgleitklauseln kommen meist aber nur externe Ratings in Betracht, die von Ratingagenturen erstellt werden. Die Ratingagenturen sind externe Experten, die mit der Kreditvergabe nichts zu tun haben und unabhängig arbeiten. Somit können die Kreditinstitute keinen Einfluss auf die Ratingagenturen und somit auf das Rating nehmen.
Die Ratings haben in den letzten Jahrzehnten eine hohe Bedeutung erhalten. Seit 2007 gibt es die Solvabilitäts- und die Kapitaladäquanzverordnung, die dafür gesorgt haben, dass das Rating einen so hohen Einfluss hat. Das Rating sorgt für eine Beeinflussung des Risikogewichts und somit auch für die Unterlegung des Kredits in Bezug auf die Eigenmittel. Die Zinsgleitklausel ist in diesem Bezug mittlerweile von der Rechtsprechung anerkannt worden.
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