Die Aufmerksamkeit der Banken für neu aufkommende Risiken an den Märkten ist unzureichend. Claudia Buch, die kürzlich ernannte oberste Aufsichtsperson der Europäischen Zentralbank (EZB) für Banken, warnt insbesondere vor Cyber-Angriffen. Gleichzeitig verzeichnet man einen Anstieg fauler Kredite. In Frankfurt am Main äußerte sich Claudia Buch mit klaren Worten und warnte die europäischen Banken eindringlich. Hierbei handelt es sich nicht um vorübergehende Trends, sondern um strukturelle Veränderungen, die „Anpassungen auf Unternehmens- und Branchenebene“ erfordern. Buch prognostiziert eine Zunahme von Firmeninsolvenzen und Kreditrisiken.
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Qualitätsverfall bei Vermögenswerten der Großbanken
Seit Anfang des Jahres leitet die ehemalige Vizepräsidentin der Bundesbank nun die Aufsicht über Banken bei der Europäischen Zentralbank (EZB). In ihrer ersten bedeutenden Rede in Brüssel warnte sie davor, dass die neuen Risiken in den Risikomanagement-Prozessen der Finanzinstitute „nur unzureichend“ berücksichtigt werden. Sie betonte, dass die Entscheidungen der Banken möglicherweise auf fehlerhaften oder unvollständigen Informationen basieren könnten. Gegenwärtig überwacht die EZB etwa 110 Großbanken in der Eurozone, darunter beispielsweise die Deutsche Bank und die Commerzbank.
Claudia Buch stellt fest, dass bei den Vermögenswerten der Großbanken ein Qualitätsverfall eingetreten ist. Seit 2023 steigt die Anzahl der faulen Kredite, wenn auch auf einem niedrigen Niveau. Die von den Banken angewandten Ansätze zur Bewältigung der neuen Risiken reichen laut Buch nicht aus. Daher hat die Aufsicht Verbesserungen gefordert und beabsichtigt zu prüfen, ob die Banken die neuen Vorgaben ordnungsgemäß umsetzen.
EZB überwacht faule Kredite
Ein kurzer Einschub dazu: Eine der vorrangigen Aufgaben der Zentralbank ist es, notleidenden Krediten im europäischen Bankensystem vorzubeugen. Die EZB klassifiziert Kredite als notleidend, wenn es absehbar ist, dass der Kreditnehmer die vereinbarten Raten und Zinsen nicht ordnungsgemäß begleichen kann. Daher behalten die Banken jeden Kredit genau im Blick und achten darauf, ob eine Gefahr des Zahlungsausfalls erkennbar ist. Solange der Kreditnehmer finanziell stabil ist und über einen sicheren Arbeitsplatz verfügt, besteht kein Grund zur Besorgnis.
Laut dem „Risk Dashboard“ der European Banking Authority (EBA) bleibt die Qualität der Kredite in europäischen Banken weiterhin stabil. Der „sich verschlechternde und unsichere makroökonomische Ausblick“ hat bisher noch keine unmittelbaren Auswirkungen auf Haushalte und Unternehmen. Der Anteil der „faulen Kredite“ (gemessen durch die NPL Ratio, den Anteil der „Non-Performing Loans“) beträgt weiterhin „stabile“ 1,8 Prozent.
Verschlechterungen sind erkennbar
Betroffen sind insbesondere Länder wie Griechenland (NPL-Rate 4,1 Prozent), Ungarn (3,1 Prozent), Polen (4,4 Prozent), Spanien (2,8 Prozent) und Portugal (2,8 Prozent). Im aktuellen „Risk Dashboard“ wird darauf hingewiesen, dass erste Anzeichen einer Verschlechterung erkennbar sind, insbesondere durch erhöhte Zuflüsse von notleidenden Krediten zu Beginn des Jahres 2023. Dies betrifft vor allem Sektoren, die empfindlich auf Konjunkturabschwünge reagieren, wie zum Beispiel Immobilienengagements.
Die EBA gibt in einer entsprechenden Pressemeldung an, dass die Banken innerhalb der Eurozone zwar „hochgradig profitabel“ arbeiten, jedoch eine Verschlechterung der Kreditqualität feststellen. Gleichzeitig sind potenzielle Kreditnehmer von den hohen Zinsen betroffen.
Digitalisierung mit Risiken
Claudia Buch warnte zudem vor den Risiken im Zuge der Digitalisierung des Bankensektors. In Zeiten von Druck auf eine Bank können Kunden dank des Online-Bankings ihre Einlagen äußerst schnell abziehen. Dies wurde im Frühjahr 2023 am Beispiel der Silicon Valley Bank deutlich. Damals zogen zahlreiche Unternehmen in kurzer Zeit ihre Einlagen in Milliardenhöhe von der SVB ab, was zu einem Zusammenbruch der Bank führte. Claudia Buch kündigte an, dass man sich daher verstärkt auf die Finanzierungs- und Liquiditätsrisiken in dieser neuen Umgebung konzentrieren werde, unter anderem durch gezielte Überprüfungen der Finanzierungspläne.
FaFin warnt vor möglichen Cyber-Angriffen
In letzter Zeit hat die Bundesaufsicht für Finanzdienstleistung (BaFin) ihren Fokus verstärkt auf digitale Risiken gerichtet. Cyber-Attacken und IT-Pannen gelten als einige der größten Gefahren für den Finanzsektor. Das Problem dabei besteht darin, dass diese Störungen nicht einmal zwangsläufig bei den Banken oder Versicherungen selbst auftreten müssen. „Die Unternehmen im Finanzsektor müssen widerstandsfähig sein – gegenüber finanziellen und operativen Risiken“, erklärte Mark Branson, der Präsident der BaFin, in einer offiziellen Mitteilung des Unternehmens.