Die restriktiven Kreditvergaberichtlinien vereiteln für viele den Traum von Wohneigentum. Der österreichische Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) strebt eine Änderung an und appelliert an die Finanzmarktaufsicht (FMA), die Vorschriften an die „realen Lebensumstände“ anzupassen. Im Interview mit PULS 24 lobt Brunner das Regierungspaket im Wohnungsbau als „erfolgreiches und durchdachtes Konzept“. Das Ziel besteht darin, „den Erwerb von Eigentum zu ermöglichen und gleichzeitig die Konjunktur anzukurbeln“, wobei es zugleich „gezielt und effektiv“ ausgerichtet ist. Die Regierung beabsichtigt, durch dieses Paket 25.000 neue oder sanierte Wohneinheiten zu schaffen. Dabei sind 10.000 Wohnungen für den Eigentumssektor vorgesehen, weitere 10.000 für den Mietsektor und 5.000 sanierte Wohnungen. Zusätzlich soll die Bauwirtschaft stimuliert und 40.000 Arbeitsplätze gesichert werden. Das Paket hat bis 2027 einen Umfang von 2,2 Milliarden Euro, wobei etwa eine Milliarde aus dem laufenden Haushalt stammt und der Rest durch Mindereinnahmen, beispielsweise durch Steuerbegünstigungen, aufgebracht wird.
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Kreditbaustelle noch nicht geschlossen
Trotz des umfassenden Pakets bleibt ein Aspekt, der derzeit eine erhebliche Belastung für Bauherren und Personen auf der Suche nach Eigentum darstellt, unberührt: die Vergaberichtlinien für Immobilienkredite, die in der sogenannten KIM-Verordnung festgelegt sind. KIM steht dabei für „Kreditinstitute-Immobilienfinanzierungsmaßnahmen“. Für Kreditnehmer stellen nicht nur die gestiegenen Leitzinsen der Europäischen Zentralbank (EZB) ein Problem dar, sondern im Sommer 2022 wurden auch die Vergaberichtlinien für Immobilienkredite in der KIM-Verordnung verschärft.
Viele Kreditvergaben sind eingebrochen
Jetzt sind Kreditnehmer verpflichtet, 20 Prozent Eigenkapital einzubringen, und zusätzlich darf die monatliche Rate nicht mehr als 40 Prozent des Netto-Haushaltseinkommens betragen. Die maximale Kreditlaufzeit ist auf 35 Jahre beschränkt. Als Konsequenz davon ist die Nachfrage nach Immobilienfinanzierungen dramatisch zurückgegangen, um bis zu zwei Drittel, wie von der Bundessparte Bank und Versicherung in der Wirtschaftskammer Österreich (WKO) auf Anfrage von PULS 24 mitgeteilt wurde.
FMA muss sich an Lebensrealitäten orientieren
Die Befugnis zur Änderung der Kreditregeln und der KIM-VO liegt in der Zuständigkeit der Finanzmarktaufsicht (FMA), weshalb die Regierung darauf keinen direkten Einfluss hat. Trotzdem hofft Finanzminister Brunner auf eine Lockerung der Richtlinien. „Ich ersuche wirklich die Finanzmarktaufsicht, hier noch einmal zu überdenken, ob man nicht stärker auf die realen Lebensumstände eingehen sollte. Die Zinsen sind gestiegen, und die wirtschaftliche Entwicklung hat sich verändert“, äußerte er gegenüber PULS 24 Anchor Wolfgang Schiefer. Brunner betonte, dass er bei der Einführung der Richtlinien „äußerstes Verständnis“ gezeigt habe, da es um die Stabilität des Finanzmarktes ging. „Aber die Zeiten haben sich geändert.“
Der Finanzminister hofft auch auf die Unterstützung der Sozialpartner und Landeshauptleute, die bereits Kritik an der KIM-VO geäußert haben. Obwohl Brunner sich nicht in die Arbeit einer unabhängigen Behörde einmischen kann, wird er dennoch seine Meinung äußern.
Bei Krediten sind Österreicher besonders risikofreudig
In den letzten anderthalb Jahren waren insbesondere diejenigen betroffen, die sich für einen Kredit mit variablen Zinssätzen entschieden haben, aufgrund der gestiegenen Leitzinsen. Während der Nullzinsphase war der Vorteil, dass variable Kredite etwas kostengünstiger waren im Vergleich zu festverzinslichen Krediten. Allerdings sind mit der Zinswende auch die Zinssätze für variable Kredite erheblich angestiegen. Haben sich einige Kreditnehmer möglicherweise in dieser Entwicklung verrechnet?
Keine Angst vor Aktien und Krediten
Brunner beobachtet ein auffälliges Muster im finanziellen Verhalten der Österreicher: „Die Bereitschaft, Risiken am Kapitalmarkt einzugehen, ist eher zurückhaltend. Doch wenn es um variable Zinsen oder Fremdwährungskredite geht, wie es früher beim Japanischen Yen oder beim Schweizer Franken der Fall war, ist die Risikobereitschaft vergleichsweise hoch.“ Dies sei laut Brunner „schwer nachvollziehbar“. Er betonte, dass es laufende Gespräche mit Verbraucherschutzorganisationen und Banken gebe. Zusätzlich habe er bei den Banken darauf gedrängt, in der Beratung die Risiken „vielleicht verstärkt zu thematisieren“.