Seit der Wiedervereinigung Deutschlands sind knapp drei Jahrzehnte vergangen. Sind die einst sehr unterschiedlichen deutschen Staaten mittlerweile tatsächlich zu einem einheitlichen Deutschland zusammengewachsen? Fakt ist, dass nach wie vor die Produktivität der alten Bundesländer deutlich über der Produktivität der neuen Bundesländer liegt: Unabhängig von der Größe der Betriebe beträgt die Differenz wenigstens 20 Prozent zugunsten Westdeutschlands. Zwar ist hinsichtlich der Ost-West-Wanderung nunmehr ein Stillstand zu verzeichnen, aber die besseren Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben Arbeitslose noch immer im Westen der Bundesrepublik. Im Jahre 2005 lag die Arbeitslosenquote für Ostdeutschland bei 18,7 Prozent, für Westdeutschland bei 9,9 Prozent. Immerhin konnten die Quoten in den vergangenen Jahren kontinuierlich gesenkt werden – bis hin zu 6,9 Prozent für Ostdeutschland und 4,8 Prozent in 2018.
Inhalt
Gründe für die geringere ostdeutsche Produktivität
Die aktuelle Studie des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) belegt, dass es mehrere Gründe für die Diskrepanz hinsichtlich der wirtschaftlichen Entwicklung gibt. Einerseits befinden sich die Konzernzentralen der größten deutschen Firmen überwiegend im Westen – nämlich 464 von 500 Unternehmen. Andererseits sind die in den neuen Bundesländern ansässigen Firmen durchschnittlich erheblich kleiner als die in Westdeutschland befindlichen.
Produktivitätssteigerung
Hinzukommt der Umstand, dass bislang noch nicht alle Möglichkeiten der Produktivitätssteigerung in den ostdeutschen Bundesländern umgesetzt wurden/werden konnten. Dies wiederum liegt laut IWH nicht selten an den Bedingungen für den Erhalt staatlicher Subventionen: Sofern es vorrangig um das Schaffen oder den Erhalt von Arbeitsplätzen geht, spielt die Arbeitsproduktivität eine untergeordnete Rolle.
Effektive Förderung der Produktivität in Ostdeutschland
Um konkurrenzfähig mit westdeutschen Firmen zu bleiben, entschieden sich in der Vergangenheit viele Unternehmer in Ostdeutschland, ihre Waren zu billig anzubieten und niedrige Löhne zu zahlen. Die gezielte Wirtschaftsförderung für ostdeutsche Regionen trägt inzwischen durchaus Früchte, aber im Westen hat man auch heute noch die besseren Berufschancen. Ein großer Gegensatz zwischen West und Ost besteht Prof. Dr. Reint E. Gropp (Leiter des IWH) zufolge in der unterschiedlichen Gewichtung der Städte: In den westlichen Bundesländern arbeiten wesentlich mehr Menschen in Städten, als es in den ostdeutschen Bundesländern der Fall ist. Da insbesondere der Dienstleistungssektor Zuwachsraten in den nächsten Jahren verheißt, rät Gropp dazu, in die Infrastruktur von ostdeutschen Städte zu investieren. Denn nicht auf dem Lande, sondern im städtischen Raum entstünden zukunftsträchtige Jobs.