Die Ampel-Regierung plant, mehr Kredite aufzunehmen, jedoch zu niedrigeren Zinssätzen. Finanzminister Christian Lindner strebt an, den Bund auf den haushaltspolitischen Normalweg zurückzuführen, was jedoch neue Kredite erforderlich macht. Das ifo-Institut in München verdeutlicht unfreiwillig, wie herausfordernd es ist, einen Haushalt aufzustellen. Während die Ampel-Regierung den Bundeshaushalt für 2024 erstellt, hat das Institut eine Umfrage unter einem Panel von Ökonomen durchgeführt, um herauszufinden, welche Maßnahmen in der deutschen Haushaltspolitik notwendig sind. Von den 177 befragten Professorinnen und Professoren gibt es eine Tendenz, die auch innerhalb der Bundesregierung in den letzten Monaten zu beobachten war – es herrscht ein Wunschkonzert. Laut ifo-Institut sind 80 Prozent der Befragten der Meinung, dass vor allem in die Bereiche Infrastruktur investiert werden sollte, einschließlich Energie, Verkehr und Digitales.
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Folgende Schritte werden erwartet
- Am kommenden Mittwoch wird das Kabinett den Etatentwurf für das Jahr 2024 verabschieden.
- Anfang September wird die erste Lesung im Bundestag stattfinden.
- Anschließend wird der Haushaltsausschuss beraten, wobei die letzte Sitzung am 16. November stattfindet.
- Am 1. Dezember plant der Bundestag die endgültige Verabschiedung des Haushalts.
Darüber hinaus sehen mehr als 60 Prozent der Ökonomen einen erheblichen Handlungsbedarf in den Bereichen Bildung, Wissenschaft sowie äußere Sicherheit und Verteidigung. Etwa 50 Prozent der Ökonomen befürworten eine erhöhte Mittelausstattung für Umwelt und Klima.
Für den Bereich Bauen und Wohnen sprechen sich etwas weniger als 40 Prozent der Ökonomen für zusätzliche Mittel aus, während 30 Prozent Priorität auf Gesundheit und Pflege legen. Die umstrittenen Fragen der inneren Sicherheit, sozialen Gerechtigkeit, Familienpolitik und Wirtschaftsförderung werden hingegen als weniger dringlich erachtet.
Obwohl nicht Professoren, sondern Politiker den Bundeshaushalt erstellen, hat auch die Ampel-Koalition in ihrem neuen Etatentwurf, der am Montag veröffentlicht wurde, Schwerpunkte gesetzt, insbesondere in den Bereichen Verteidigung sowie Verkehr und Digitalisierung.
Anstieg der Ausgaben nicht unbedingt erwartet
Obwohl die Haushaltsplanung zur Rückkehr zum normalen Pfad der Haushaltsführung nach vier Jahren mit Krisen- und Notlagenetats führt, verzeichnen bestimmte Ministerien für das Jahr 2024 einen Anstieg der Ausgaben. Bei anderen Ministerien hingegen ergibt sich ein Defizit, da die Ausgaben aufgrund der Pandemie und des Krieges vorübergehend erhöht werden mussten.
Gemäß der Vereinbarung der Ampelkoalition gehört zur Rückkehr zum Normalpfad auch die Einhaltung der Schuldenbremse. Dies ist deutlich im Einzelplan 32 erkennbar. Nach einer tatsächlichen Kreditaufnahme in Höhe von 115 Milliarden Euro im Jahr 2022 hat Finanzminister Christian Lindner (FDP) die Neuverschuldung nun auf geplante 16,6 Milliarden Euro reduziert. Für das laufende Jahr sind noch 45,6 Milliarden Euro geplant, doch es besteht die Möglichkeit, dass diese Summe nicht vollständig benötigt wird.
Besonders interessant ist die angenommene Zinslast von Lindner für das kommende Jahr. Trotz der fortgesetzten Erhöhung des Leitzinses durch die Europäische Zentralbank soll sie geringer ausfallen als in diesem Jahr. Lindner kalkuliert mit Zinsausgaben in Höhe von 36,9 Milliarden Euro, während sie für das Jahr 2023 bei 39,9 Milliarden Euro liegen sollen.
Dieser Rückgang hat hauptsächlich zwei Gründe. Zum einen geht das Finanzministerium davon aus, dass für Inflationsanleihen deutlich niedrigere Zinsen gezahlt werden müssen als zuvor. Lindner erwartet also einen deutlichen Rückgang der Inflation. Für das laufende Jahr rechnet er mit 9,8 Milliarden Euro an Zinsen für Inflationsanleihen, während es im kommenden Jahr nur noch 3,1 Milliarden Euro sein sollen.
Zusätzlich erwartet das Finanzministerium deutlich geringere Ausgaben aufgrund von Abschlägen bei der Aufstockung bereits bestehender Anleihen. Der Bund gibt diese Papiere mit einem sehr niedrigen Zinskupon aus der Niedrigzinsphase zu einem niedrigeren Preis aus, was zu Einnahmeverlusten führt, die als Zinslast verbucht werden müssen. Statt 15,8 Milliarden Euro in diesem Jahr soll dieser Posten im kommenden Jahr nur noch 10,5 Milliarden Euro ausmachen.
Überraschenderweise plant Lindner, die Schuldenlast des Bundes auch im Jahr 2024 zu erhöhen. Gemäß den Regeln der Schuldenbremse darf der Bund im kommenden Jahr neue Kredite in Höhe von 16,6 Milliarden Euro aufnehmen – ähnliche Summen werden auch in den Folgejahren erwartet. Das bedeutet eine Zunahme der Schulden, jedoch werden die Zinszahlungen voraussichtlich geringer ausfallen. Es scheint fast ein bisschen wie ein Wunschkonzert, dass sowohl höhere Schulden als auch geringere Zinszahlungen angestrebt werden.