Nach Ansicht des EZB-Chefvolkswirts Philip Lane werden die Turbulenzen im Bankensektor wahrscheinlich nur ein vorübergehendes Phänomen sein. Hintergrund ist beispielsweise die Bankenkrise der Credit Suisse, die für Wirbel gesorgt hat. Aber auch auf dem amerikanischen Finanzmarkt sieht die Lage nicht besser aus. Weiterhin ist sich Lane sicher, dass die Zinsen im Kampf gegen die Inflation weiter steigen müssen. Die jüngsten Turbulenzen am Finanzmarkt sieht er nicht als generelles Problem.
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Ziel ist die Inflationsbekämpfung
Auch wenn es aktuell einen finanziellen Stress im Bankensektor gibt, dieser sich aber als zeitlich begrenzt erweist, kommt man insgesamt nicht umher, die Zinssätze noch weiter anzuheben. Es kommt jetzt darauf an, wie die Banken reagieren. Falls es dennoch zu weiteren Schwierigkeiten kommt, muss die EZB sehen, was dann noch angemessen ist. Wie der EZB-Chefvolkswirt weiter ausführt, liegt zwischen der Inflationsbekämpfung und der Stabilisierung der Banken kein Zielkonflikt vor. Sollte der finanzielle Stress die Wirtschaft wirklich schwächen, würde diese natürlich automatisch den Inflationsdruck verringern.
Börse wurde durch Banken-Kollaps aufgeschreckt
Wochen zuvor wurden die Anleger an der Börse durch den Kollaps der Silicon Valley Bank in den Vereinigten Staaten und dem Notverkauf der Schweizer Großbank Credit Suisse an den Konkurrenten UBS aufgeschreckt. Viele Finanzexperten haben geäußert, dass wohl eine neue Bankenkrise heraufziehen könnte. Interessant ist, dass die Aktien vieler europäischer Finanzinstitute zum Teil kräftig in den Keller gerutscht sind. Dennoch hat sich die Lage zwischenzeitlich wieder beruhigt.
EZB hat Finanzmarktstabilität ebenfalls im Blick
Die Europäische Zentralbank hat bei ihren Zinsentscheidungen immer auch die Finanzmarktstabilität im Blick. Die nächste Zinsentscheidung soll am 4. Mai 2023 erfolgen. Im Kampf gegen die hohe Inflation im Euroraum wurden die Zinsen seit Juli 2022 bereits sechsmal in Folge angehoben. Die letzte Zinserhöhung fand Mitte März 2023 um weitere 0,5 Prozentpunkte statt. Ausgehend der aktuellen Bankenturbulenzen hat die Notenbank einen konkreten Zinsausblick bisher nicht geben können.
Neben Chefvolkswirt Lane hat auch der slowakische Notenbank-Chef Peter Kazimir auf einer Veranstaltung in Bratislava angeführt, dass man weiterhin die Zinsen anheben sollte. Dies kann auch in langsameren Schritten erfolgen.
Teuerung ist immer noch vom 2-Prozent-Ziel entfernt
Die Teuerung ist mit 8,5 % im Februar 2023 nach wie vor weit vom EZB-Ziel von 2 Prozent entfernt. Nach Mitteilung von EZB-Chefvolkswirt Lane hat bei den Lebensmitteln auf früheren Stufen der Produktion, bei den Preisen der Landwirte und bei den Preisen für Lebensmittelzutaten eine Trendwende eingesetzt. Dies soll letztlich im Einzelhandel auch zu niedrigeren Preisen führen.
Darüber hinaus seien auch die Energiepreise rückläufig. Ebenso gehen die Lieferengpässe langsam zurück. Wenn es nach Lane geht, bräuchte es womöglich keine Rezession, um die Inflation einzudämmen. Durch die Pandemie wurde viel Wachstumsdynamik verloren. Jetzt ist die Zeit der Erholung angebrochen, wobei auch die Inflation zurückgehen wird.
Nach seiner Einschätzung dauert es aber noch eine gewisse Zeit bis zur Normalisierung. Momentan befindet man sich in der intensivsten Phase der Inflation. Dennoch sollte man in die Zukunft blicken. Erst im Spätsommer und Herbst seien Verbesserungen bemerkbar. Für das Gesamtjahr 2023 erwarten die EZB-Volkswirte eine Inflationsrate von 5,3 Prozent. Dies sei zwar noch nicht optimal, aber in vielen Bereichen werden auch die Verbraucher und Verbraucherinnen davon profitieren.