Wer einen Kredit vorzeitig zurückzahlen möchte, der ist häufig an sogenannten Vorfälligkeitszinsen gebunden. Nun macht ein neues Urteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe vielen Verbrauchern Hoffnung. Hiervon sind insbesondere die Sparkassenverträge betroffen. So hat das Oberlandesgericht in seinem Urteil vom 20.12.2022 (Aktzenzeichen 17 U 748/20) entschieden, dass die Angaben zu den Ratenzahlungen in den Immobiliendarlehensverträgen der Sparkassen dazu führen können, dass die Frist für die Ausübung des Verbraucher-Widerrufsrechts nicht zu laufen beginnt. Letztendlich bedeutet dies für viele Sparkassenkunden, dass diese sogar ihre Vorfälligkeitsentschädigung zurückfordern können.
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Widerrufsfrist beträgt in aller Regel nur wenige Wochen
Wer einen Ratenkredit oder ein Immobiliendarlehen abschließt, dem bleiben meist nur wenige Wochen Zeit für eine Widerrufsfrist. Ausgehend des vorgenannten Urteils muss die Sache nun anders betrachtet werden. Der Hamburger Rechtsanwalt Christian Rugen von der Anwaltsgemeinschaft Hahn Rechtsanwälte teilt hierzu mit, dass die Widerrufsfrist im Allgemeinen nur wenige Wochen beträgt, die Frist jedoch gar nicht zu laufen beginnt. Dies ist auch dann der Fall, wenn viele Jahre vergangen sind. Unter Hinweis auf das Urteil des Oberlandesgerichts ist daher ein Widerruf selbst noch viele Jahre nach Vertragsabschluss wirksam und möglich. Ruger erwähnt hierzu weiter, dass es sich quasi um ein ewiges Widerrufsrecht handelt, wenn zum Beispiel ein Darlehensvertrag Fehler zu den Ratenzahlungen enthält.
Vorfälligkeitsentschädigung zurückfordern
Die Rechtsfolge eines wirksamen Widerrufs ist daher die vollständige Rückabwicklung eines widerrufenen Immobiliendarlehens. Das dürfte den Sparkassen nicht schmecken. Im Rahmen einer solchen Rückabwicklung hat der Darlehensnehmer die Möglichkeit, eine auch in der Vergangenheit gezahlte Vorfälligkeitsentschädigung zurückzufordern.
Eine sogenannte Vorfälligkeitsentschädigung verlangen die Banken und Sparkassen immer dann, wenn ein Darlehen vorzeitig wieder zurückgezahlt wird. Dies ist häufig dann der Fall, wenn Darlehensnehmer ihre Immobilie verkaufen und der Verkaufspreis in diesem Fall für die Rückzahlung des aufgenommenen Darlehens verwendet wird. Für viele ist es recht ärgerlich, wenn die Banken und natürlich auch die Sparkassen zusätzlich vom Verkaufserlös noch eine solche Vorfälligkeitsentschädigung einstreichen. In der Vergangenheit haben diese Beträge in aller Regel im vier- bis fünfstelligen Bereich gelegen.
Anwaltliche Hilfe nutzen
Viele Rechtsanwaltsgemeinschaften haben sich darauf spezialisiert, die Rückforderungsmöglichkeiten anwaltlich zu prüfen. Grundlage für eine solche Rechtsprüfung sind meist Verträge, die seit dem 08.12.2004 abgeschlossen worden sind. Es kann sich lohnen, durch eine solche Anwaltskanzlei eine Erstbewertung vornehmen zu lassen. Dieser Service wird in aller Regel kostenfrei angeboten. Noch besser sind diejenigen gestellt, die sogar eine Rechtschutzversicherung für solche Rechtsstreitigkeiten abgeschlossen haben. Unabhängig davon kann über einen Rechtsanwalt bzw. eine Rechtsanwältin effizient ein Widerspruch bei der Sparkasse oder auch bei einer anderen Bank eingelegt werden. Vorteilhaft ist, dass in diesem Fall die Vorfälligkeitsentschädigung nicht greift und man einiges an Geld sparen kann.
Nicht immer ist ein Widerruf möglich
In heutiger Zeit achten die Kreditgeber verstärkt auf ihre Antragsunterlagen. Es kann daher durchaus der Fall sein, dass der vorgenannte Fehler nicht mehr in Betracht kommt. Wer sich hierbei nicht sicher ist, der kann aber dennoch seine Vertragsunterlagen überprüfen lassen.
Vorfälligkeitsentschädigungen sind immer nachteilig. Die Sparkassen und Banken möchten sich für einen möglichen Zinsschaden absichern. Interessant ist aber, dass aufgrund der momentan gestiegenen Zinsen ein vor Jahren günstig abgeschlossener Kredit eigentlich keinen Zinsschaden mehr aufweist. Dennoch versuchen auch heute noch die Banken Kapital daraus zu schlagen.