Aktuell haben die SPD und FDP eine Klage gegen den NRW-Finanzminister sowie die Landesregierung beim Verfassungsgericht erhoben. Grund hierfür ist, dass die CDU und die Grünen trotz Schuldenbremse Kredite aufgenommen und somit gegen die Verfassung verstoßen haben. Obwohl in der Vergangenheit SPD und FDP erbitterte Gegner waren, sitzen diese nun gemeinsam in der Opposition der Landesregierung. Nun haben beide Fraktionsparteien gemeinsam Klage gegen ihre Gegner CDU und Grüne erhoben. Für 2023 hatte die schwarz-grüne Landesregierung einen neuen Kredit mit der Bezeichnung „Sondervermögen“ aufgenommen, um in der aktuellen Notsituation handlungsfähig bleiben zu können. Hierbei handelt es sich um eine Kreditsumme von 4,15 Milliarden Euro. Damit sollen die Kosten durch den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine und deren Auswirkungen hierzulande gemildert werden. Besonders die gestiegenen Energiekosten sowie die Kosten für die Unterbringung von Flüchtlingen waren die Hauptgründe.
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Kreditaufnahme wäre nicht notwendig gewesen
Wie der SPD-Fraktionsvorsitzende Thomas Kutschaty und der FDP-Fraktionsvorsitzende Henning Höne in Düsseldorf darlegten, bestünde keine wirkliche Not. Aus diesem Grund wurde noch am selben Tag beim Verfassungsgericht in Münster Klage erhoben. Beteiligt ist auch der Rechtswissenschaftler Simon Kempny von der Universität Bielefeld.
Die Klage besteht aus zwei Teilen. Es handelt sich um die Organklage gegen den Finanzminister und die Landesregierung. Die Landesregierung habe bisher nicht nachweisen können, ob das aufgenommene Geld wirklich zur Bewältigung einer Notsituation benötigt werde. Damit würden letztlich die Rechte des Landtages verletzt. Wie Kempny weiterhin darlegt, besäße die Landesregierung noch genügend Mittel aus dem Corona-Sondervermögen, mit dem die jetzigen Aufgaben gestemmt werden könnten. Kempny vermutet, dass es sich also um eine bequeme kreditfinanzierte Rücklage für das nächste Haushaltsjahr handelt.
Neue Schulden müssen ausreichend begründet sein
Beim zweiten Teil der Klage geht es um die abstrakte Normenkontrolle. Vom Verfassungsgericht soll geprüft werden, ob das Krisenbewältigungsgesetz, auf welches sich die Landesregierung bei der Kreditaufnahme bezieht, wirklich greift.
Bisher kann die Landesregierung nicht ausreichend begründen, warum diese Energiehilfen auf Pump finanzieren müsse. Das Grundgesetzt schreibt für die Schuldenbremse strenge Ausnahmeregelungen vor. Kempny teilt hierzu mit, dass von einer Notsituation derzeit nicht auszugehen ist. Daher wäre die neue Schuldenaufnahme nicht begründet.
SPD und FDP vermuten, dass ein großer Teil des geliehenen Geldes nicht wirklich für die vorgegebenen Zwecke verwendet werden soll. Stattdessen würden die Summen eher in schwarz-grüne Projekte fließen, die ehedem von der Regierung geplant waren. Hierzu gehört beispielsweise die Bewältigung des Lehrermangels. In diesem Fall sei aber eine Neuverschuldung nicht erlaubt gewesen. Beide Fraktionen gehen weiterhin davon aus, dass mit dem neuen Kredit Schwarz-Grün versuche, die Schuldenbremse auszuhebeln. Im schlimmsten Falls spricht man hier von politischer Geldwäsche.
Es hat turbulente Haushaltsberatungen gegeben
Schon bei der Einrichtung des Sondervermögens hatte es bei der Landesregierung turbulente Haushaltsberatungen gegeben. Diese wurden kurz vor Weihnachten beschlossen. CDU und Grüne begründeten die Kreditaufnahme mit einer außergewöhnlichen Notlage, wobei auch hier wieder der russische Angriffskrieg im Vordergrund stand. NRW sei wegen eines hohen Anteils energieintensiver Betriebe besonders stark von den steigenden Strom- und Gaspreisen betroffen. Aktuell hat die Landesregierung etwa 2,3 Milliarden Euro aus dem Sondervermögen auf den Weg gebracht.
Wegen der Klage sind die Fronten verhärtet. Verena Schäfer als Vorsitzende der Grünen im Landtag kritisiert den Vorstoß der Opposition als inhaltlich nicht nachvollziehbar. Eigentlich habe man damit die hohen Energiekosten abfedern wollen. Zudem wollte man die soziale Infrastruktur stärken, aber auch die Kommunen bei der Unterbringung ukrainischer Flüchtlinge unterstützen. Man darf gespannt sein, wie das Verfassungsgericht die Lage analysiert.