Angesichts der steigenden Kreditzinsen fragen sich viele, ob in Zukunft mit einer Welle von Zwangsversteigerungen zu rechnen ist. Die Zeiten des billigen Geldes scheinen sich nun dem Ende zuzuneigen. Insbesondere bei der Immobilienfinanzierung haben Kreditnehmer jahrelang von günstigen Zinsen profitiert. So wurde auch mit wenig oder gar keinem Eigenkapital der Traum von einer eigenen Immobilie verwirklicht. Leider haben sich die Kredite in heutiger Zeit rasant verteuert. Dadurch steigt auch die Zinslast wieder. Nicht nur Immobiliendarlehen werden teurer, sondern auch Schuldner von herkömmlichen Ratenkrediten spüren den Zinsanstieg. Experten gehen daher davon aus, dass viele Kreditnehmer finanziell überfordert sind und in Bedrängnis geraten. Dies wäre gerade für Immobilienbesitzer fatal.
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Die Zahl der Zwangsversteigerungen wird ansteigen
Nach der Zinsanhebung durch die Europäische Zentralbank haben sich auf der einen Seite die Sparer wieder gefreut. Endlich gibt es wieder Sparzinsen auf angelegtes Kapital. Verlierer sind in diesem Fall die Kreditnehmer. Wegen der steigenden Zinsen warnen schon jetzt die Experten, dass viele Menschen ihre finanzierten Eigentumswohnungen oder Häuser zwangsversteigern müssen.
Walter Ruesch als Geschäftsführer beim Fachverlag Argetra teilt hierzu mit, dass sowohl die Zinserhöhungen als auch die hohe Inflation sowie das gesunkene Verbrauchervertrauen in erster Linie die Schicht mit mittlerem Einkommen träfen. Auf diese Weise wird es mit den Banken so gut wie keinen Verhandlungsspielraum mehr geben. Neue Immobilien lassen sich nicht mehr, wie in der Vergangenheit üblich, bis an den Anschlag finanzieren. Schwierig wird es auch bei Anschlussfinanzierungen. Wie Ruesch weiter mitteilt, wird die Folge unwillkürlich sein, dass die Zahl der Zwangsversteigerung steigen wird.
Da die Verfahren rund ein bis zwei Jahre andauern werden, wird sich dies erst in den Jahren 2023 und 2024 bemerkbar machen. Derzeit ist noch von einer moderaten Steigerung auszugehen. Der Fachverlag Argetra veröffentlich kontinuierlich Berichte zu Immobilien-Zwangsversteigerungen und hat Zugriff auf mehr als 500 Amtsgerichte.
Nach Ende der Zinsbindung werden Rückzahlungen nach oben getrieben
Bisher war die Anzahl der Zwangsversteigerungen noch rückläufig. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) warnt nun ebenfalls vor neuen Zwangsversteigerungen. Diese können insbesondere diejenigen hart treffen, deren Zinsbindung in der kommenden Zeit auslaufen. Wie DIW-Forscher Markus Grabka mitteilt, zahlen viele Menschen für ihr Immobiliendarlehen noch niedrige Zinsen. Diese Darlehen spiegeln noch nicht die aktuellen Zinserhöhungen der EZB wieder. Wenn jetzt eine Anschlussfinanzierung benötigt wird, kann dies die Rückzahlungen deutlich nach oben treiben.
Eine Trendwende bei der Zinsentwicklung ist schon jetzt zu spüren. So sind die Bauzinsen in den letzten Monaten nach oben geschossen. Für 10-jährige Finanzierungen ist der effektive Zinssatz erstmals seit 10 Jahren wieder über 3 % hochgegangen. Die Notenbanken stehen wegen der spürbar hohen Inflation unter Druck, nunmehr die Leitzinsen weiter anzuheben.
Auswirkungen auf mögliche Zwangsversteigerungen
In den vergangenen Jahren ist die Zahl der Zwangsversteigerungen gesunken. Verantwortlich waren die gute Konjunktur sowie die Niedrigzinsphase. Schuldner konnten die Last von Krediten hierbei recht niedrig halten. Die Immobiliennachfrage war stark angestiegen. Nach einer Studie von Argetra waren im letzten Jahr im Bundesdurchschnitt 32 von 100.000 Haushalten von Zwangsversteigerungen betroffen. Man ist nun gespannt, wie sich die Lage zukünftig entwickeln wird.