Die Erwartung auf eine Zinssenkung setzt sich fort, da die Europäische Zentralbank (EZB) beschlossen hat, den Leitzins vorerst bei 4,5 Prozent unverändert zu lassen. Immobilienkredite und Kaufpreise bleiben somit weiterhin günstig. Der Leitzins, der es Banken im Euroraum ermöglicht, sich frisches Geld bei der EZB zu beschaffen, bleibt vorerst unverändert bei 4,5 Prozent, wie vom Rat der Notenbank am 7. März in Frankfurt beschlossen. Ebenso bleibt der Einlagenzins, den Banken für geparkte Gelder erhalten, weiterhin bei vier Prozent. Dies markiert bereits das vierte Mal in Folge, dass die EZB die Leitzinsen im Währungsraum der 20 Staaten unverändert lässt.
Im Juli 2022 hatte die EZB die Jahre der Null- und Negativzinsen beendet, um die zeitweise auf Rekordhöhe gestiegene Inflation zu kontrollieren. Insgesamt wurden die Zinsen zehnmal in Folge angehoben. Obwohl höhere Kreditkosten die Nachfrage bremsen und der Bekämpfung hoher Inflationsraten dienen können, stellen sie gleichzeitig eine Belastung für Unternehmen und private Investoren dar. Die EZB geht nun für das Jahr 2024 von einer Teuerungsrate von 2,3 Prozent aus, während für 2025 eine Rate von zwei Prozent erwartet wird. Ein möglicher schnellerer Rückgang der Inflation könnte Spielraum für Zinssenkungen eröffnen.
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Zinswende ab Juni 2024 erwartet
Vor einigen Monaten ging der Konsens der Marktteilnehmer noch davon aus, dass eine mögliche erste Zinssenkung im April 2024 erfolgen könnte. Jedoch schätzt Tomas Peeters, Geschäftsführer der Baufi24 Baufinanzierung GmbH und CEO der Bilthouse-Gruppe, aufgrund der jüngsten EZB-Zinsentscheidung, dass sich die Zinswende nun zumindest bis Juni 2024 verschieben dürfte.
Zunehmend rechnen Investoren sogar mit einer längeren Phase hoher Zinsen. Diese Einschätzungen haben Anleger seit Jahresbeginn begonnen, am Anleihenmarkt zu berücksichtigen: Die Rendite zehnjähriger deutscher Staatsanleihen ist von unter zwei Prozent Ende 2023 auf wieder über 2,3 Prozent gestiegen. Die Bauzinsen haben diese Entwicklung bereits eingepreist – die Hypothekenzinsen sind zuletzt synchron mit dem Anleihenmarkt gestiegen. Die besten Konditionen für Bauzinsen liegen nunmehr wieder bei mindestens 3,1 Prozent, nachdem kurzzeitig ein Niveau von 2,9 Prozent erreicht wurde. Peters zufolge haben Immobilienkäufer derzeit gute Chancen, bevor sich der Trend in steigende Preise umkehrt.
Zinspause kam erst nach 10 Erhöhungen der EZB
Am 21. Juli 2022 erhöhte der EZB-Rat erstmals nach elf Jahren die Zinsen im Euroraum von null auf 0,5 Prozent. Die zweite Erhöhung folgte am 8. September 2022, und zwar erstmals in der Geschichte der Notenbank um 0,75 Prozentpunkte auf 1,25 Prozent. Am 27. Oktober 2022 wurde die dritte Zinserhöhung von 1,25 auf zwei Prozent (erneut 0,75 Prozentpunkte) verkündet. Die vierte Zinsanhebung betrug noch plus 0,5 Punkte und wirkte zum 21. Dezember 2022: Es ging auf 2,5 Prozent. Am 8. Februar 2023 folgte die fünfte Anhebung mit einer weiteren Steigerung um 0,5 Prozentpunkte auf drei Prozent.
In der sechsten Runde am 16. März 2023 stieg der Zins noch einmal um einen halben Prozentpunkt auf dann 3,5 Prozent. Die siebte Leitzinserhöhung erfolgte am 4. Mai 2023 um 0,25 Prozentpunkte auf 3,75 Prozent. Am 15. Juni 2023 beschloss der Rat eine Anhebung erneut um 0,25 Punkte auf vier Prozent, und am 27. Juli 2023 kam die neunte Erhöhung ebenfalls um 0,25 Prozentpunkte auf 4,25 Prozent.
Nach der zehnten Zinserhöhung in Folge am 14. September 2023 pausierte der Leitzins ab dem 26. Oktober 2023 bei 4,5 Prozent. Bei der letzten Notenbanksitzung im Jahr 2023 am 14. Dezember blieb es zum zweiten Mal bei 4,5 Prozent. Am 25. Januar 2024 hielt die Notenbank den Zins zum dritten Mal bei 4,5 Prozent, so wie nun am 7. März 2024 ebenfalls.
EZB-Präsidentin Lagarde bleibt abwartend
Volkswirte gehen davon aus, dass die EZB im Verlauf dieses Jahres die Zinsen senken wird. Die Währungshüter haben sich bisher jedoch noch nicht auf einen genauen Zeitpunkt festgelegt. In den letzten Wochen haben führende Notenbanker davor gewarnt, vorschnell den Sieg über die Inflation zu verkünden. „Auch wenn die Versuchung groß sein mag: Für Zinssenkungen ist es zu früh“, sagte Bundesbank-Präsident Joachim Nagel am 23. Februar bei der Bilanzvorlage des Instituts. Die Inflation ziehe sich zwar zurück, aber das Ziel sei noch nicht erreicht.
EZB-Präsidentin Christine Lagarde bekräftigte Ende Februar 2024 in einer Rede vor dem Europaparlament frühere Einschätzungen, wonach der Prozess rückläufiger Inflationsraten voraussichtlich weitergehen werde. Sie betonte jedoch, dass der Rat zunächst zuversichtlich sein müsse, dass das Inflationsziel nachhaltig erreicht werde, bevor es zu Kursänderungen kommt. „Wir brauchen eindeutig mehr Beweise und mehr Daten. Im April werden wir ein wenig mehr wissen, im Juni werden wir viel mehr wissen.“