Wie bekanntgeworden ist, will die Europäische Zentralbank die Zinsen anheben. Problematisch wird diese Maßnahme nicht nur für Kreditnehmer, die fortan mit höheren Kreditzinsen zu rechnen haben, sondern auch mit schuldengeplagten Staaten innerhalb der EU. Umso überraschter waren viele über die Sondersitzung des Rates der EZB, da solche Sitzungen eher selten sind. Die angekündigte Zinserhöhung hat bei etlichen Staaten für Aufsehen gesorgt. Es daher davon auszugehen, dass es hier zu einer handfesten Krise kommen kann.
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Die Renditen der Schuldenpapiere sind gestiegen
Viele europäische Länder sind hoch verschuldet. Dies macht sich insbesondere in den südlichen Staaten, wie zum Beispiel Italien bemerkbar. In letzter Zeit sind die Renditen für Schuldenpapiere deutlich angestiegen. Daher geraden die südlichen Staaten wegen ihrer hohen Schuldenstände noch mehr unter Druck. Die Finanzierungskosten können zusätzlich noch steigen.
Die Europäische Zentralbank möchte nun gegensteuern und hat in einer Sondersitzung dazu beraten. Viele Finanzexperten befürchten nun eine neue Eurokrise. Andere stufen die Lage momentan noch nicht als dramatisch ein. Die Sondersitzung soll eher einen vorbeugenden Charakter gehabt haben.
Neue Zinsanhebung
Wegen der aktuell hohen Inflation hat die Europäische Zentralbank angekündigt, ab Juli 2022 die erste Zinserhöhung seit 11 Jahren vorzunehmen. Dabei ist von einer Zinsanhebung von 0,25 Prozentpunkten auszugehen. Erst im September 2022 soll es eine weitere Erhöhung geben, die bei einer anhaltenden Inflation noch stärker ausfallen wird.
Diesbezüglich wurde das milliardenschwere Anleihe-Ankaufprogramm APP zum 1. Juli 2022 gekündigt. Aus diesem Grund werden die Kapitalmarktzinsen steigen, wobei dies besonders bei südeuropäischen Staaten sich bemerkbar machen wird. Mit diesen Anleihen haben sich die Staaten bisher finanziert.
Der Renditeabstand (Spread) zwischen den Staatsanleihen in Deutschland und in den südeuropäischen Staaten, die höher verschuldet sind, hat sich weiter nach oben korrigiert. Zuletzt war der Abstand auf 2,5 Prozentpunkte gestiegen und liegt damit deutlich höher als im Jahr 2020.
Europäische Staaten können Finanzierungsprobleme bekommen
Ausgehend dieses Renditeabstandes sorgen sich die Investoren, dass die EZB wohl die Bedürfnisse der südeuropäischen Staaten aus dem Auge verloren hat. Wenn nun die Geldpolitik gestrafft und die Zinsen erhöht werden, wird es für die hoch verschuldeten Staaten noch schwieriger, sich zu finanzieren. Die Staaten lösen mit neuen Anleihen zunächst nur die Schulden aus den vorherigen Anleihen ab. Frisches Geld kann somit nicht besorgt werden.
Mit steigenden Kosten führt dies zu einer Abwärtsspirale, sodass viele Länder in Schwierigkeiten kommen werden. Diese werden in Zukunft kaum noch in der Lage sein, ihre Schulden zu begleichen. Vor etwa 10 Jahren hat dies zum Beispiel Griechenland selbst erlebt und wurde in eine gefährliche Schieflage gebracht. Einige Experten raten dazu, dass die Geldpolitik darauf reagieren müssen.
Wegen der aktuellen Auswirkungen werden die Erinnerungen an die Euro-Krise vor 10 Jahren wieder wach. Die Finanzmärkte konnten seinerzeit erst wieder beruhigt werden, als der ehemalige EZB-Chef Mario Draghi versprochen hatte, die Zentralbank würde alles unternehmen, um den Euro zu retten. Hierzu ist der Ausdruck „Whatever it takes“ bekanntgeworden. Nun möchte auch die EZB verhindern, dass die Kapitalmarktzinsen noch weiter nach oben steigen. Daher soll das Geld aus dem Krisen-Anleihenkaufprogramm in neue Staatsanleihen für verschuldete Staaten fließen. Darüber hinaus suchen die Ausschüsse der EZB weiterhin an Lösungen für hoch verschuldete Staaten.