Seitdem die neue EU-Verbraucherkreditrichtlinie in Deutschland gültig ist, haben private Kreditnehmer die Möglichkeit, wesentlich schneller aus bestehenden Verträgen auszusteigen. Ratenkredite, die sie seit dem 11.06. abgeschlossen wurden, können jetzt jederzeit komplett oder teilweise zurückgezahlt werden – und zwar in kürzester Zeit. Nur für die durch ein Grundpfandrecht abgesicherten Immobiliendarlehen gelten weiterhin besondere Kündigungsregeln.
Wer die neue Ausstiegsoption wählt, muss bei einer Kündigung weiterhin mit einer Vorfälligkeitsentschädigung rechnen. Diese wurde jedoch auf maximal ein Prozent der noch ausstehenden Kreditsumme festgelegt, bei einer Restlaufzeit des Vertrages von weniger als einem Jahr dürfen es maximal 0,5 Prozent sein.
Hat ein Kreditnehmer – beispielsweise durch eine Erbschaft – etwas Kapital übrig, steht er vor der entscheidenden Frage: Was ist günstiger? Schuldentilgung trotz der dann geforderten Vorfälligkeitsentschädigung oder doch lieber das Geld anderweitig anlegen, während der Kredit weiter abgestottert wird?
Bereits ein kleines Rechenexempel der ING-DiBa macht deutlich, was rentabler ist:
„Ein Ratenkredit über 5.000 Euro mit einer Laufzeit von 48 Monaten wurde nach dem 10. Juni diesen Jahres abgeschlossen. Der vereinbarte Sollzins beträgt acht Prozent im Jahr (Effektivzins: 8,30 Prozent p.a.). Daraus ergibt sich eine Monatsrate von 122 Euro. Bereits nach einem Jahr hat der Bankkunde genügend Geld, um den Ratenkredit komplett zurückzahlen zu können. Die Restschuld beträgt zu diesem Zeitpunkt 3.895 Euro. Folglich kann die Bank eine Vorfälligkeitsentschädigung von rund 39 Euro berechnen (ein Prozent der Restschuld). Dem stehen 499 Euro ersparte Kreditzinsen für die Restlaufzeit von drei Jahren gegenüber. Unter dem Strich bleibt also eine Ersparnis von 460 Euro. Lässt der Kreditnehmer dagegen das Darlehen bis zum Ende laufen und legt er den Betrag von 3.895 Euro für drei Jahre zu einem Zins von zwei Prozent an, fließen ihm als Zinsertrag lediglich rund 238 Euro zu. Eine eventuell anfallende Abgeltungsteuer ist dabei noch nicht einmal berücksichtigt.“(Quelle: ING-DiBa Finanzwissen kompakt, Ausgabe 07/10)
Unterm Strich lässt sich somit schnell feststellen, dass sich die vorzeitige Kreditablösung trotz der Vorfälligkeitsentschädigung in den meisten Fällen lohnt. Zinsen für die Geldanlage sind in den meisten Fällen einfach um einiges niedriger als Kreditzinsen. Der Clou: Manche Banken gehen sogar soweit und verzichten mittlerweile sogar komplett auf eine solche Entschädigung.
Übrigens: Auch die Umschuldung auf einen günstigeren Kredit kann sich trotz der Vorfälligkeitsentschädigung durchaus rentieren. Würde man den im oberen Beispiel genannten Ratenkredit für die Restlaufzeit von drei Jahren auf ein Darlehen mit nur noch 6 Prozent Sollzins (effektiv: 6,17 Prozent p.a.) umschulden lassen, könnte man trotz der Vorfälligkeitsentschädigung von 39 Euro immer noch rund 140 Euro Zinsen sparen.