Viele stellen sich die Frage, wie hoch eigentlich die Zinsen von den Banken für einen Ratenkredit eigentlich sein dürfen. Interessant ist, dass das Landgericht Erfurt jetzt eine wegweisende Entscheidung für viele Bankkunden und Bankkundinnen getroffen hat. Dabei geht man von einem wucherähnlichen Geschäft aus, wenn der von einem Kreditinstitut erhobene Zins um mindestens 100 Prozent über dem marktüblichen Effektivzins liegt. Das Urteil ist unter dem Aktenzeichen 9 O 101/23 nachzulesen. Auf die Entscheidung hatte das unabhängige Institut für Finanzdienstleistungen (IFF) in Hamburg aufmerksam gemacht. Die Richter hatten zur Begründung die Zinsen der übrigen Marktteilnehmer verglichen. Nach diesem Urteil muss der Kreditnehmer das Restdarlehen nicht zurückzahlen.
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Effektivzins von 18,4 Prozent
Hier geht es um ein Musterbeispiel für viel zu teure Ratenkredite, wobei die Verbraucher im schlimmsten Fall in eine Schuldenfalle geraten können. Im vorliegenden Fall summierte sich das Volumen eines Kredits auf 10.548 Euro netto bei einem Jahreszins von effektiv 18,4 Prozent. Insgesamt belief sich der Ratenkredit inklusive Zinsen und Kosten auf rund 19.340 Euro. Die monatliche Rate belief sich auf 322 Euro und die Laufzeit auf fünf Jahre. In diesem Kredit war eine Restschuldversicherung eingeschlossen, für die der Kunde 2.852 Euro zahlen sollte. Anzumerken ist, dass der Kreditnehmer Arbeiter war und nach Angaben des Gerichts monatlich nur 2.000 Euro verdiente. Auf diese Weise blieb für den Lebensunterhalt nicht viel übrig. Immerhin betrug die Miete schon 700 Euro monatlich.
Restschuldversicherung wird erlassen
Der Kreditvertrag wurde über das Internet abgeschlossen und zwar auf einer Plattform, auf der potenzielle Kreditnehmer ihren Kreditwunsch platzieren können. Das Geld für den Kredit kam von Privatanlegern, die auf hohe Zinsen hofften. Letztlich wurde der Kreditvertrag aber über eine herkömmliche Bank abgeschlossen.
Das Landgericht hat dem Arbeiter Recht gegeben. Er muss die Restschuld in Höhe von 11.548,47 Euro nicht zurückzahlen, da der vereinbarte Zins sittenwidrig überhöht war. Zum 20.06.2023 ist das Urteil jedoch noch nicht rechtskräftig.
So haben die Richter argumentiert
Bei dieser Entscheidung haben sich die Richter an der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs orientiert. Zunächst war die Frage zu klären, ob bei dem Kredit für den Arbeiter ein auffälliges Missverhältnis vorliegt zwischen den Leistungen des Kreditgebers und den vereinbarten Gegenleistungen des Kreditnehmers. Dies wurde von den Erfurter Richtern bejaht.
Somit habe die Bank die wirtschaftlich schwächere Lage des Kunden und dessen Unterlegenheit beim Festlegen der Kreditkonditionen bewusst zum eigenen Vorteil ausgenutzt. Die Richter haben dafür die Zinsen des Kredits mit den marktüblichen Zinsen verglichen.
Im Ergebnis beliefen sich zum Zeitpunkt des Abschlusses des Vertrages im November 2017 laut der Statistik der Europäischen Währungsunion für Konsumentenkredite die Zinsen für Ratenkredite mit einer Laufzeit von bis zu fünf Jahren auf 4,31 Prozent. Überschreiten die Zinsen des Vertrags aber um mindestens 100 Prozent oder um 12 Prozentpunkte die marktüblichen Zinsen, besteht nach der aktuellen Rechtsprechung ein auffälliges Missverhältnis. Wie die Erfurter Richter anmerkten, war der effektive Zinssatz von 18,4 Prozent mehr als viermal so hoch wie der Marktzins.
Banken müssen die Kreditwürdigkeit sorgfältiger prüfen
Die Banken sollen nunmehr bei der Prüfung der Bonität ihrer Kreditnehmer auch im Interesse der Kunden handeln. Der Gesetzgeber wünscht, dass keine Darlehen an Personen vergeben werden, bei denen das finanzielle Leistungsvermögen nicht ausreicht. Im vorliegenden Fall wurde dies nach Ansicht des Gerichts versäumt. Der Kreditnehmer hätte für die letzten 120 Tage seine Kontoauszüge zur Verfügung stellen müssen. Ebenso hatte die Bank gewusst, dass dieser von einer anderen Bank wegen nicht ausreichender Bonität abgewiesen wurde.